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Fahrer-Assistenzsysteme: Technik mit Verwöhnaroma?

Das Schlagen der Flügel eines Schmetterlings kann anderswo ein Erdbeben auslösen, sagt die Chaos-Theorie. Ebenso scheinbar mühelos kann jede gute Entwicklung von Nichtigkeiten umgestoßen werden. Der tödliche Tesla-Unfall und die flotten Sprüchen des Tesla-Besitzers nutzen jetzt Berufene und noch mehr Nicht-Berufene. Sie diskutieren die Sinnfälligkeit des autonomen Fahrens als müsste die Menschheit vor dem Chaos bewahrt werden. Und dabei werden – quasi nebenbei und in einem Atemzug – auch gleich die bereits existenten Fahrer-Assistenzsysteme mit Zweifeln bedacht, bedeuten sie doch den Verlust der Selbstbestimmung des Menschen am Steuer. Dass sie dessen Leben retten können, wird gern übersehen.

Eines der ältesten Fahrer-Assistenzsysteme ist die Kombination der ABS-Bremse mit einer Regelung, die Unter- und Übersteuern, aber auch Schleudern verhindert. Schon der Anti-Blockier-Bremse hatte man in Deutschland und in den USA einst Wirkungslosigkeit vorgeworfen, das Elektronische Stabilisierungs-System (ESP) wurde als Fahrhilfe für Weicheier diskreditiert. Beim Autotest schaltete man solche Systeme ab. Schließlich kann man ja fahren. Heute wissen wir, dass allein in Deutschland pro Jahr rund 1000 Menschen nicht im Verkehr zu Tode kommen, weil das ESP sie aus einer Situation gerettet hat, die sie ohne Hilfe nicht überlebt hätten. Anton van Zanten und Armin Müller, den beiden Entwicklern, sei Dank.

Seit der Entwicklung der Fahrdynamik-Regelung ESP bzw. DSC (wie Dynamische Stabilitätskontrolle) sind nun zwei Jahrzehnte vergangen. Und fast jedes Jahr kam seitdem ein neues Fahrer-Assistenzsystem dazu. Viele von denen wurden als überflüssig, weil nur dem Komfort dienend, abqualifiziert. Doch in der Summe führen sie alle zum autonomen Fahren und damit letztlich zu dem großen Ziel eines Verkehrs ohne Unfälle, zumindest ohne Verkehrstote.

Dieser „Vision Zero“ kommen wir nur näher, wenn möglichst viele Fahrzeuge auf unseren Straße mit den wichtigen Sicherheitssystemen ausgerüstet sind. Wie weit die Massenhersteller damit heute sind, zeigte jetzt die tschechische Volkswagen-Tochter Skoda bei einem technischen Workshop auf dem Lausitzring im Osten Brandenburgs, verbunden mit einem flammendem Appell für Fahrer-Assistenzsysteme.

Das Flaggschiff Skoda Superb kommt in jedem Fall mit Multikollisionsbremse, einem Frontradar-Assistenten mit City-Notbremsfunktion, der elektronischen Querdifferenzialsperre XDS+ und natürlich mit ESP zum Kunden. Mit diesen Technologien allein ließen sich schon 50 Prozent der Unfälle vermeiden, zitiert Robert Penicka, der Koordinator Entwicklung Fahrer-Assistenzsystem bei Skoda, den Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Das höchste Potenzial spricht der DVR dabei dem Frontradar mit City-Notbremsfunktion zu. 43 Prozent aller Pkw-Unfälle ließen sich damit verhindern, wenn alle Fahrzeuge so ausgestattet wären. Die Testorganisation Euro NCAP bestätigt die Größenordnung mit der Aussage, bereits heute seien die Auffahrunfälle dank des Notbrems-Assistenten um 38 Prozent zurückgegangen. Wer in seinem Auto einen solchen Assistenten an seiner Seite weiß, bewegt sich also mit einem deutlich geringeren Risiko durch den Verkehr.

Der Vision Zero kommen wir nur näher, wenn die Systeme weit verbreitet werden. ESP ist längst Serie, andere Systeme müssen aber beim Kauf bewusst ausgesucht und als Extra bezahlt werden. Massenhersteller sprechen in diesem Zusammenhang gern von der „Demokratisierung“. Skoda zum Beispiel bietet die City-Notbremsfunktion für das kleinste Modell, den Skoda Citigo, für 150 Extra-Euro an. Für den Kleinwagen Skoda Fabia bieten die Deutschtschechen einen adaptiven Abstandsassistenten (Adaptive Cruise Control – ACC) für 280 Euro und für den Skoda Rapid die Müdigkeitserkennung für 50 Euro sowie den Frontradar-Assistenten für 210 Euro.

In der Lausitz zeigte Skoda den aktuellen Stand bei Park-Assistenten, beim aktiven Spur-Halte-System und beim adaptiven Fahrwerk, bei dem der Fahrer die Wahl zwischen fünf Fahrmodi hat: Eco, Komfort, Normal, Sport und Individual. Wesentliche Botschaft hier: Wenn es eng wird, schaltet das Fahrwerk auf Sport, versteift damit die Dämpfung, was die Räder auf dem Boden hält und schnellere Ausweichbewegungen ermöglicht.

Den Park-Assistenten halten viele für ein reines Komfortelement. Aber spätestens nach der ersten Vollbremsung beim unvorsichtigen rückwärts Ausparken bei Querverkehr gibt es Anlass zum Umdenken. Der neue Assistent kann längs und quer einparken, rechts oder – in Einbahnstraßen – auch links. Bewegt sich das Auto bei niedriger Geschwindigkeit an parkenden Autos entlang, sucht das System seine Chance. Wenn sich der Fahrer für eine Lücke in der Reihe entschieden hat, übernimmt das System den Rest, weil es sich für eine gewisse Zeit die passenden Lücken gemerkt hat. Neu hier außerdem: Wer schräg in eine Querlücke eingefahren ist, kann es seinem Assistenten überlassen, das Auto richtig einzuparken.

Auch der adaptive Spurhalte-Assistent von Skoda kann sauber die einmal eingeschlagene Spur halten, folgt dabei leichten Kurven, hält den richtigen Abstand zum Vordermann. Es gibt keine stressfreiere Methode, den Autobahnstau zu bewältigen. Die Fachwelt nennt das teil-autonomes Fahren, weil die Hand am Lenkrad und der Fahrer damit in der Verantwortung bleiben soll. Wer das als Autopilot missversteht, den wird das System nach ein paar Sekunden auffordern, sich wieder ums Lenken zu kümmern. Geschieht das nicht, erfolgt eine zweite Warnung. Danach übernimmt tatsächlich eine Art Autopilot: Das Auto bremst kurz und hart an, um einen Fahrer, der in den Sekundenschlaf gefallen sein könnte, aufzuwecken. Reagiert der immer noch nicht, wird das Auto mit eine Reihe von kurzen harten Bremsungen und leichtem Schlingern in der Spur zum Halten gebracht. Zum Schluss steht es mit angezogener Handbremse und eingeschaltetem Warnblinker mitten auf der Spur, das Fahrerfenster einen spaltbreit geöffnet, damit Gase wie die vom ausgelösten Airbag abziehen und die Rettungskräfte leichter an den Fahrer herankommen können.

Bei der Bewertung der Fahrer-Assistenzsysteme ist also Vorsicht geboten. Fast alles, was zunächst aussieht wie eine überflüssige Verwöhnfunktion, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Sicherheitselement. In unserem Leben ist es so eingerichtet, dass solche Systeme zunächst in die teure automobile Oberklasse Einzug halten. Für die jüngere Vergangenheit lässt sich aber feststellen, dass der Weg von oben nach unten kürzer wird. Das liegt zum einen in der Technik. Heute sind so viele Sensoren an Bord, deren Daten sich mit einander verknüpfen lassen. Neue Funktionen sind da oft nur ein Stück zusätzlicher Software. Außerdem funktioniert die „Demokratisierung“ über erträgliche Preise.

Nun müssen die Käufer nur noch die richtigen Kreuze setzen, wenn es an die Zusammenstellung des neuen Autos geht. Der DVR stellte im Mai 2016 fest: 13 Prozent der Neuwagenkäufer ordern Notbrems-Assistent, ebenso viele den Müdigkeitswarner. Einen Spurwechsel-Assistenten wollen 15 Prozent an Bord haben, zwölf Prozent einen Abstandstempomaten oder die Verkehrszeichenerkennung.

Bei den Ausstattungsquoten gibt es also noch reichlich Luft nach oben. Aber es läuft an, und es wird noch besser laufen, wenn sich die Diskussion um das autonome Fahren auf dem Boden der Tatsachen bleibt. Wir sind auf dem Weg zum voll autonomen Fahren. Und das ist gut so. Wann es soweit sein wird, entscheiden die Politiker. Die müssen dem autonomen Fahren den Boden bereiten. Im Interesse der Vision Zero wäre es nicht gut, wenn die Politik auch dieses Mal wieder den Vorsprung der Technik zu groß werden lässt. Es geht um Menschenleben und um die Mobilität in der Zukunft. (ampnet/Sm)


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Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Parkpilot.

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Foto: Hersteller

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Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Parkpilot.

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Foto: Hersteller

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Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Stauassistent.

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Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Spurwechsel-Assistent.

Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Spurwechsel-Assistent.

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Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Spurhalte-Assistent.

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Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Adaptives Licht.

Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Adaptives Licht.

Foto: Hersteller

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Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Adaptiver Tempomat.

Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Adaptiver Tempomat.

Foto: Hersteller

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Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Frontradar.

Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: Frontradar.

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Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: adaptiver Tempomat.

Fahrer-Assistenzsysteme von Skoda: adaptiver Tempomat.

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Skoda: Stau-Assistent.

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Skoda: Spurwechsel-Assistent.

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Skoda: Einpark-Assistent.

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Skoda: Dynamischer Licht-Assistent.

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Skoda: Auspark-Assistent.

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Skoda: Adaptives Fahrwerk

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