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Kommentar: Fairness und fahrlässig

Wenn der Staub, den das vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wegen des Thermofensters in alten Dieselmotoren aufwirbelte, sich legt, werden wir vor deutschen Gerichten Diskussionen und den Begriff „Fahrlässig“ erleben. Das wird spannend. Denn unser Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), nach dem deutsche Gerichte nun die Klagen in Deutschland betrachten müssen, legt fest im § 276 (2): „Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr (gemeint ist der Warenverkehr – die Redaktion) erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.“ Bei technische Regeln kann es aber zwei Richtungen der Fahrlässigkeit geben: zu viel und zu wenig.

Motorenexperte Prof. Thomas Koch erläuterte uns schon einmal die technischen Zusammenhänge in einem Interview: „Bei circa zehn Grad Außentemperatur kommt das so genannte Abgasrückführsystem von alten Dieselmodellen an eine Grenze. Dies war damals der Stand der Technik. Die Abgasrückführung ist eine wichtige Emissionsreduktionstechnologie, die weit mehr als 70 Prozent der Stickoxide reduziert, übrigens bis heute. Das zuständige Abgasrückführventil muss aber bei niedrigeren Temperaturen zunehmend geschlossen werden, weil es sonst zu gefährlichen Schäden kommen kann. Die Stickoxidemissionen steigen aber dadurch.“

Im Fall der Thermofenster kann sich Fahrlässigkeit also durchaus unterschiedlich auswirken. War das Fenster zu klein, lauert der Motorschaden. Den Schaden hat der Fahrzeugbesitzer und letztlich der Hersteller durch höhere Garantiekosten.

Wird das Fenster (vorsichtshalber?) weiter geöffnet, als es für den Schutz des Motors notwendig gewesen wäre, wird der Motorschaden großzügig vermieden. Aber die Umwelt wird mit unnötig viel ungereinigten Abgas geflutet. Das beeinträchtigt die Umwelt und schadet dem Weltklima.

Hat der Besitzer eines Altdiesels mit nachweisbar zu großem Thermofenster damit einen persönlichen Schaden erlitten, der einen Anspruch auf Schadensersatz begründet? Es sieht so aus, als werde das oberste deutsche Gericht die Diskussion so schnell führen, bevor auch der letzte betroffene Diesel den deutschen „Luftraum“ verlassen hat. (cen/Peter Schwerdtmann)

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Peter Schwerdtmann.

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