Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, die Abmahnvereine frohlocken: Ein neues Urteil scheint den Weg für umfangreiche neue Klagen gegen Autohersteller freizumachen. Der Besitzer eines gebraucht gekauften Mercedes C 220 CDI hatte eine angeblich unzulässige Abschaltvorrichtung moniert; sie fährt bei bestimmten Temperaturen die Abgasreinigung herunter, unter anderem um den Motor vor Schäden zu schützen.
Laut dem jetzt gefällten Urteil genügt bei unzulässigen Abschaltvorrichtungen schon die einfache Fahrlässigkeit des deutschen Paragraphen 823 BGB, der Schadensersatzansprüche regelt; Vorsatz muss nicht nachgewiesen werden. Außerdem habe der einzelne Kunde einen persönlichen Schadensersatzanspruch. Mit der Auslegung beschäftigt sich jetzt das Landgericht Ravensburg, das den Fall beim EuGH vorgelegt hatte.
Der Erfolg entsprechender Klagen ist mit dem EuGH-Urteil noch nicht garantiert. Denn ob und in welcher Ausprägung Abschaltvorrichtungen zulässig sind, ist strittig; der Gesetzgeber hatte in Kenntnis der technischen Schwierigkeiten bei Dieselmotoren einst bewusst auf eine präzise Regelung verzichtet. Zudem dürfte es schwierig sein, einen tatsächlichen Schaden zu beziffern – vor allem dann, wenn sich die betreffenden Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt anhaltend hoher Nachfrage erfreuen.
Entsprechend gelassen reagiert Mercedes-Benz: Der Hersteller verweist darauf, dass Fahrzeuge, die über ein bei einem Rückruf aufgespieltes Software-Update verfügen, dauerhaft und uneingeschränkt weiter genutzt werden dürfen. „Wie nationale Gerichte die Entscheidung des EuGH in Bezug auf das nationale Recht anwenden werden, bleibt abzuwarten,“ heißt es in Stuttgart-Untertürkheim. Und ein unabhängiger Experte, der sich mit dem Thema aus technischer Sicht und juristischer Sicht intensiv befasst hat, bezeichnet das Urteil als "nicht kritisch". (aum(jm)
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