Circle K, Teil der kanadischen Couch-Tard-Gruppe, betreibt ein weltweites Tankstellen-Netz und ist gerade dabei, sich für die nächsten Jahrzehnte fit zu machen. „Wir bauen mit Hochdruck unsere Ladeinfrastruktur in Europa aus - und das mit unseren eigenen Ladesäulen, aber auch in Partnerschaft mit Tesla und Ionity“, erklärt Sjur Haugen, Direktor für Qualität und Entwicklung von Kraftstoffen bei Circle K Europa.
Er ist sich sicher, dass das batteriegetriebene Elektroauto weltweit einen bedeutenden Marktanteil haben wird. Und der Elektromotor wird gute Chancen haben, die dominante Antriebsquelle zu werden. „Dafür bietet er einfach zu viele Vorteile, wie beispielsweise sein Drehmoment und seine Einfachheit. Aber Elektromobilität und Wasserstoff allein werden nicht ausreichen, um die CO2-Ziele der EU für 2050 zu erreichen. Und ich glaube, batteriegetriebene Elektroautos werden nicht die einzige Lösung darstellen. Denn sie erfordern den Aufbau neuer, umweltfreundlicher, CO2-neutraler Energie-Produktionskapazitäten, um weltweit nachhaltig zu sein“, so Haugen.
Der Schwede arbeitet deshalb mit Hochdruck an einer Alternative: grünem Methanol oder Power to X, PtX, wie er seine Alternative nennt. Power steht für das Ausgangsprodukt Wasserstoff, hergestellt durch Elektrolyse von Wasser und erneuerbarer Elektrizität. Was bedeutet, dass er in der Zukunft nicht mehr durch fossile Energieträger wie Erdgas gewonnen wird, sondern eher über Wind- oder Wasserkraft, Sonnen- oder Atomenergie oder aus Biomasse. In Kombination mit Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre oder von Seewasser entsteht daraus Methanol, Benzin oder Diesel – das X. Wobei bei diesen drei Varianten die Produktionskosten für E-Methanol am geringsten ausfallen sollen.
Aber warum verwendet man nicht gleich Wasserstoff und spart sich den Produktionsschritt zu Methanol? Haugen: „Flüssiges Methanol lässt sich leicht und sicher transportieren. Man braucht keine 700 bar-Druckbehälter. Man hat eine funktionierende Infrastruktur, man hat Schiffe, man kann normale Tankstellen und vorhandene Motoren-Technologie nutzen. Theoretisch können wir fossile Kraftstoffe durch kohlenstoffneutrale Kraftstoffe ersetzen, ohne eine weltweit neue Kraftstoff-Infrastruktur aufzubauen oder darauf zu warten, bis die heutigen rund 1,5 Milliarden Fahrzeuge ersetzt sind.“
Um die Einfachheit und Kosteneffizienz einer solchen Lösung zu demonstrieren, präsentierte Circle K in Stuttgart einen Container mit einer Zapfsäule für Benzin und für Methanol. Im Container sind zwei Tanks für 7500 Liter Methanol und 2500 Liter Benzin. Diese Anlage kann im Prinzip an jeder Tankstelle aufgestellt werden. Die Kosten liegen bei rund 200.000 Euro. Zum Vergleich: Eine Wasserstoff-Tankstelle kostet zwischen 1,0 und 2,5 Millionen Euro.
Haugen: „Es fällt schwer zu glauben, dass sich die Welt die Rechnung für Wasserstoff leisten wird. Doch wir können unser E-Methanol in jedem herkömmlichen Verbrennungs-Motor verwenden. Und außerdem in Brennstoffzellen, da Methanol volumenmässig mehr Wasserstoff enthält als flüssiger Wasserstoff bei minus 250 Grad Celsius.“
Die Fahrzeuge, die für die Versuche, genutzt werden, stammen von Geely. „Geely ist der weltweit führende Hersteller von Methanol-Fahrzeugen. Fahrzeuge, die mit Methanol betrieben werden, sind auf asiatischen Straßen seit mehreren Jahren und über mehrere zehntausend Kilometer erfolgreich im Einsatz. Sie werden typischerweise als Taxis eingesetzt, was für ihre Qualitäten spricht,“ so Haugen.
Über eine Tochtergesellschaft bietet Geely einen Methanol getriebenen Lastwagen an, den ersten in Europa, der auch auf der uniti-expo ausgestellt wurde. Insgesamt hat Geely rund 50.000 Methanol-Modelle produziert. Heute haben die Autos zwei Tanks: einen Zehn-Liter-Tank für Benzin und einen 52 Liter großen Methanol-Tank. Das Benzin wird nur für die Kaltstartphase benötigt. Künftig sollen die Autos nur noch einen Tank für Methanol haben.
Die Fahrzeuge unterschieden sich von herkömmlichen Modellen lediglich durch Methanol-kompatible Materialien und eine Motorsteuerung, die für den Einsatz von Methanol geändert wurde. „Darüber hinaus haben wir eine wichtige Modifikation für den europäischen Markt gemacht“, so Haugen: Der Einfüllstutzen hat ein Sicherungssystem, bei OTI in Südafrika entwickelt, das garantiert, dass nur Methanol in den Fahrzeugtank gefüllt werden kann. Geely hat zunächst zwei Limousinen und einen Lastwagen für die Versuche zu Verfügung gestellt. Ein ganz neues Methanol-Modell, der Emgrand Methanol Hybrid, ist gerade in China in den Markt gegangen.
Circle K hat in Norwegen eine E-Mobilitäts-Entwicklungsabteilung und in Dänemark arbeitet man an E-Fuels. Die E-Methanol-Versuchsprojekt von Circle K und Geely startet in der dänischen Hafenstadt Aalborg, im Norden von Dänemark. Haugen: „Hier hat die Politik die Chancen von grünem Methanol bereits erkannt.“
Die dänische Verkehrsministerin Trine Bramsen fordert eine bessere Unterstützung der E-Methanol-Technologie: „Hier geht es nicht um ein einzelnes Land, hier geht um die Zukunft der gesamten Welt.“ Und dass es in Aalborg um einen gesamthaften Ansatz geht, zeigt die Tatsache, dass grünes Methanol bereits von der Reederei Maersk in der Handelsschifffahrt eingesetzt wird.
Nach einem erfolgreichen Testlauf der Geely-Modelle soll die Produktion von grünem Methanol im nächsten Jahr hochgefahren werden. „Etwas Neues zu beginnen, ist immer eine Herausforderung“, weiß Haugen. Den Einsatz seiner grünen Technologie sieht er zunächst bei Taxis und anderen Flotten-Fahrzeugen. „Wir wollen zusammen mit Geely demonstrieren, dass E-Methanol eine einfache Lösung darstellt“, so der Manager.
Bis sich diese Technologie am Markt durchsetzen kann, sind allerdings noch einige Hürden zu überwinden. „Eines der Probleme ist, dass wir eine überarbeitete Benzinsteuer benötigen, die die Energie-Dichte und die well-to-wheel-Bilanz fossiler Kraftstoffe berücksichtigt“, klagt Haugen. Außerdem dürfen Politiker nicht einfach den Verbrennungs-Motor verbieten.
„Es ist nicht der Motor, sondern der Kraftstoff, der fossil ist“, erklärt Haugen. Er sieht er es als falsch an, dass batteriegetriebene Elektrofahrzeug oder Wasserstoff-Modelle automatisch als Zero-Emission-Vehicle eingestuft werden – also als emissionsfrei. Berücksichtigt man den Kraftwerkemix in Europa, dann liegt die CO2-Reduktion eines batterieelektrischen Fahrzeugs bei gerade mal 55 Prozent, wie eine Studie von Scania aufzeigt. Deshalb fordert er eine well-to-wheel-Betrachtung für alle Player und wirkliche CO2-Neutralität, „das ist die große Herausforderung.“
Haugen: „Wenn wir unsere Ladestationen aufstellen, dann pochen wir in unseren Verträgen auf grüne Elektrizität. Wir wollen ein nachhaltiges E-Mobility-Geschäft entwickeln. Was bedeutet, dass die Politik auch nachhaltige, erneuerbare Elektrizität zum Laden anbieten muss. Leider gibt es bislang keine solche gesetzliche Anforderung. Wir müssen sicherstellen, dass nicht noch mehr elektrische Energie in Kohlekraftwerken produziert wird, wenn wir unsere Ladestationen aufbauen.“
Er hat sein Idealbild für den Verkehr der Zukunft klar vor Augen: Neben batterieelektrischen Fahrzeugen sieht er Hybride mit CO2-neutralen Methanol-getriebenen Range-Extendern. Außerdem sollte Benzin und Diesel ein hoher Anteil an e-Fuels und nachhaltigen Bio-Kraftstoffen beigemischt werden.
Partner des e-Methanol-Projekts: Circle K, Geely, Green Hub Dänemark, das Dänische Center für CO2-neutralen Transport, European Energy, der Hafen von Aalborg, Malte Fuelk & Wash, OTI und die Aalborg Universität. (aum/bo)
Mehr zum Thema: Methanol , Wasserstoff , E-Fuels , Verbrennerverbot , Geely , Circle K
Teile diesen Artikel: