Kurz vor der Entscheidung in Brüssel über die Emissionsziele bei Autos sammeln sich die Kräfte, die sich gegen das alleinige Ausrichten auf den reinelektrischen Antrieb wenden. Dazu gehört neuerdings auch eine Gesellschaft von zehn mittelständischen Unternehmen der Energiebrache, die sich für einen möglichst schnellen Markthochlauf von synthetischen Kraftstoffen einsetzen. Heute hat sich die „eFuels GmbH“ mit einem offenen Brief an Brüssel gewandt. Die Unternehmer zeigen sich darin überzeugt, dass eine hohe Mengenverfügbarkeit von e-Fuels in vier bis fünf Jahren möglich ist.
Zur bisherigen Verbotspolitik haben sie eine eindeutige Position: „Ein Verbrennerverbot setzt nicht nur beim Klimaschutz, sondern auch in der Wirtschafts- und Sozialpolitik ein falsches Signal“, so Axel Niesing von der Anton Willer GmbH & Co. KG, einem der zehn Gesellschafter. „Wir sind bei der Bewältigung der enormen Herausforderungen beim Klimaschutz auf alle uns zur Verfügung stehenden Technologien zwingend angewiesen.“
Darüber hinaus fehle der E-only-Strategie auch die soziale Balance: Menschen, die sich in Zukunft kein eigenes Auto mehr leisten können, ließen sich nur schwer für den Klimaschutz gewinnen, stellt Mitgesellschafter Eike Mönneke fest. Für das globale Klima mache es keinen Unterschied, ob schädliche Treibhausgase von E-Autos oder von solchen mit Verbrennungsmotor vermieden würden. Mönnecke: Was zählen müsse, sei das Ergebnis der Einsparung von CO2 des jeweils eingesetzten Energieträgers.
Um diese Position zu untermauern, verweisen sie auf die Zahlen: Aufgrund des hohen Bestands an Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor – fast 60 Millionen in Deutschland, 263 Millionen in Europa und etwa 1,4 Milliarden weltweit – sei eine Defossilisierung mit CO2-neutralen Kraftstoffen unverzichtbar. Nur so lasse sich eine schnelle Reduzierung des CO2-Austoßes erreichen.
Die neue Gesellschaft fordert andere Unternehmen und Initiativen auf, sich zu beteiligen. „Es geht darum, technologieoffen und chancengleich auf Brüsseler Ebene zu agieren und nicht einzelne Sektoren zu bevorzugen und dadurch andere zu verbieten“, so Lorenz Kiene vom Gesellschafter Classic Tankstellen. Er bildet zusammen mit Axel Niesing und Eike Mönneke die Geschäftsführung der eFuel GmbH und hält eine alleinige Fokussierung auf nur 100prozentig CO2-neutrale Kraftstoffe für „zu kurz gesprungen“. Man dürfe die anderen CO2-reduzierten Produkte nicht außer Acht lassen. Bereits jetzt seien viele Produkte verfügbar, die zwar nur bis zu 90 Prozent CO2-neutral sind, aber durch den sofortigen Einsatz eine sehr positive Hebelwirkung auf das Klima haben könnten. „Warum berücksichtigt Brüssel all diese synthetischen Kraftstoffe nicht in der Flottenregulierungsrichtlinie?“, fragt Kiene.
„Kraftstoffe wie beispielsweise HVO oder GtL könnten schon jetzt parallel zum Hochlauf der e-Fuels auch im deutschen Markt verfügbar sein, wenn die Politik diese Treibstoffe an Tankstellen endlich zulassen würde“, erklärt Mönneke. „Die Produkts sind längst verfügbar, es fehlt die politische Weitsicht,“ so Niesing.
Die Rede ist von alternativen Kraftstoffen, zu denen nicht nur die derzeit auf dem Markt befindlichen Biokraftstoffe der ersten Generation gehören, sondern auch fortschrittliche Biokraftstoffe wie beispielsweise die Hydrierten Pflanzenöle oder Hydrogenated Vegetable Oils (HVO), die aus Abfällen und Reststoffen aus der Land- und Forstwirtschaft, der Holzindustrie, der Lebensmittelindustrie und ähnlichen Bereichen hergestellt werden. Hinzu kommen Kraftstoffe auf der Basis von nicht-biogenen Abfällen wie Kunststoffen sowie strombasierte Kraftstoffe, sogenannte PtX-Kraftstoffe (Power-to-X) wie beispielweise e-Fuels. Das „e“ steht für electric based Fuels.
Axel Niesing stellt klar. „Bei unserem Engagement leiten uns nicht nur die Anforderungen an den Klimaschutz, sondern natürlich auch die Wünsche unserer Kunden.“ Viele wollten ihren Benziner oder Diesel weiterhin nutzen, das aber klimafreundlich. Besonders für die Vielfahrer im Diesel-Segment sei das E-Auto bislang noch keine überzeugende Alternative, „wie im Übrigen auch nicht unbedingt für das Klima, wie uns die Wissenschaft sagt.“ (aum)
Weitere Infos zum Unternehmen unter www.efuel-gmbh.de
Mehr zum Thema: eFuel GmbH , zehn Unternehmen , Offener Brief an Brüssel
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