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Bruno Sacco: Ein Rückblick zum 90.

Was ist eigentlich der Mercedes-Benz schlechthin? Dazu gibt es viele Meinungen, aber der Schreiber dieser Zeilen würde einiges darauf wetten, dass sich am Ende ein klarer Sieger herauskristallisiert: Die S-Klasse der Baureihe W 126. Sachlich, zeitlos und perfekt proportioniert: Dieses Auto hat das Bild der Marke für Generationen geprägt. Der Mann, unter dessen Ägide es entstanden ist, ist kürzlich 90 Jahre alt geworden: Bruno Sacco, vielfach ausgezeichneter Automobildesigner und nun schon seit 1999 im Ruhestand. Dennoch ist er praktisch jedem Autoliebhaber ein Begriff.

1933 in Udine geboren, haben den späteren Turiner Maschinenbaustudenten nicht zuletzt die respektvollen Worte des legendären Sergio Farina für Mercedes-Benz bewogen, sich in Sindelfingen zu bewerben. Karosserien faszinierten ihn schon immer: 1958, mit 24 Jahren, heuerte Sacco an und zog nach Deutschland. Dort begann eine Karriere, die ihn schließlich an die Spitze des Mercedes-Designs befördern sollte, das er gut zwei Jahrzehnte lang dominieren sollte.

In den 60er-Jahren war Sacco mit vielen Daimler-Produkten befasst, zum Beispiel mit dem Interieur der S-Klasse W 108/109. Zu den ersten Modellen, für die er verantwortlich war, gehörten die zukunftsweisenden C-111-Sportwagen sowie das Sicherheitsauto ESF 13, das die S-Klasse W 116 in vielen Punkten vorwegnahm.

Der W 126 vollzog dann einen weiteren Sprung, wobei Sacco gerade kein Fan der vom Volksmund „Sacco-Bretter“ getauften Kunststoffplanken war – jedenfalls nicht in ihrer ursprünglichen Ausprägung. Denn die zwei Grautöne waren zu wenig, und die horizontale Riffelung war der ausdrückliche Wunsch eines Vorstands. Beide Probleme wurden erst mit dem Facelift zur Mitte der Bauzeit getilgt.

Zu Saccos großen Würfen zählen außerdem der 190er W 201, die Standardbaureihe W 124 und der SL-Roadster der Baureihe 129. Bei all diesen Modellen gab es durchaus kleine Provokationen: Der 190 E trat als 2,3-16 mit gewagtem Spoilerwerk auf, und die Rückleuchten des W 124 überforderten damals viele Kunden, die den diagonalen Schnitt mit farbigen Blenden eher unbeholfen zu kompensieren suchten. Der R 129 gilt als Roadster von perfekter Ausgewogenheit, im Gespräch mit dem Schreiber dieser Zeilen bemerkte Sacco allerdings einmal, die verspielten Lüftungsschlitze hinter der Vorderachse seien nicht unbedingt nötig gewesen.

Den vor allem von deutschen Medien mit geradezu systemkritischem Impetus attackierten W 140 verteidigt Sacco ungerührt – und weist darauf hin, dass bei diesem Modell erstmals der dezente Plakettengrill verbaut wurde. In den 90er-Jahren schien er seine Regeln durchaus zu lockern. Die ursprünglich als Elektroauto konzipierte erste A-Klasse entstand ebenso unter seiner Ägide wie das Vier-Augen-Gesicht von E-Klasse und CLK und die S-Klasse der Baureihe 220, die vor allem als Coupé-Variante elegant und geradezu filigran auftritt.

Dem Nutzfahrzeug-Programm widmete sich Sacco mit ähnlicher Aufmerksamkeit. Auch dort galt sein Augenmerk der Aerodynamik – „eine wirtschaftlichere Methode, Kraftstoffersparnis zu erzielen, ist mir nicht bekannt“ -, aber gleichermaßen der Ästhetik.

Bei der Vorstellung der richtungsweisenden Baureihe O 404 im Jahre 1991 brachte er es auf den Punkt: „Für den typischen Bus-Kunden ist ein schöner Bus, wenn auch zumeist nur im Unterbewußtsein, durchaus von Bedeutung. Ein ansprechendes Design unterstützt ein positives Fahrerlebnis.“ Und er betonte das „erkennbare und sinnvolle Maß an formalen Gemeinsamkeiten“ mit dem Limousinen-Programm.

Während seiner Zeit als Designchef konnte Sacco auf eine starke Mannschaft zurückgreifen; stellvertretend für andere seien zum Beispiel Karlheinz Bauer, Hans Dieter Futschik, Steve Mattin und der viel zu früh verstorbene Joseph Gallitzendörfer genannt. 2006 wurde Sacco in die Automotive Hall of Fame aufgenommen.

Sacco strebte nach Schönheit, aber die entstand unter seiner Ägide nicht zufällig: Sie ergab sich aus der ernsthaften Beschäftigung mit Tradition, Technik und neuartigen ästhetischen Einflüssen. Ein Mercedes durfte sich nie so weit vom Vorgängermodell entfernen, dass dieses alt aussieht: Dafür prägte er den Begriff der „vertikalen Modell-Homogenität“. Sie korrespondiert mit der „horizontalen Modell-Affinität“, derzufolge parallel angebotene Baureihen eine typische Verwandschaft aufweisen sollen.

Sacco hat immer wieder von „leiser Designkunst“ gesprochen, vom Verzicht auf modische Züge und Respekt vor der Tradition. Der Idee einer dauergültigen formalen Lösung hat er allerdings eine Absage erteilt: Es gebe sie ebensowenig wie eine dauergültige technische Lösung.

In diesem innovativen Prozess der Kreativität und Verfeinerung ist es ihm immer wieder gelungen, Ikonen zu schaffen, die noch heute das Straßenbild bereichern und weiterhin ihren Einfluss auf das moderne Automobildesign geltend machen. Und damit ist nicht nur der eingangs erwähnte W 126 gemeint, sondern beispielsweise auch der C 111, dem erst vor wenigen Monaten mit der Studie One-Eleven eine Hommage gewidmet wurde. (aum)

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Bruno Sacco.

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Mercedes-Benz

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Mercedes-Benz W 126.

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Mercedes-Benz W 126.

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Mercedes-Benz W 126.

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Arbeiten am Mercedes-Benz W126, Ära Bruno Sacco.

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Drei Generationen S-Klasse: Mercedes-Benz W 116, W 126, W 140.

Drei Generationen S-Klasse: Mercedes-Benz W 116, W 126, W 140.

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Mercedes-Benz S-Klasse W 140.

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Mercedes-Benz O 404.

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Entwurf aus der Ära Bruno Sacco.

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Mercedes-Benz

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Entwurf aus der Ära Bruno Sacco.

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Entwurf aus der Ära Bruno Sacco.

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Entwurf aus der Ära Bruno Sacco.

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Entwurf aus der Ära Bruno Sacco.

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Entwurf aus der Ära Bruno Sacco.

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Entwurf aus der Ära Bruno Sacco.

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Arbeiten am Mercedes-Benz W 124, Ära Bruno Sacco.

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Arbeiten am Mercedes-Benz W 124, Ära Bruno Sacco.

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Entwurf aus der Ära Bruno Sacco.

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Entwurf aus der Ära Bruno Sacco.

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