Am 15. Februar 1965 nahmen John, Paul, George und Ringo in den Abbey Road Studios von London den berühmten Titel "Ticket to Ride" auf, den das Musikmagazin „Rolling Stone“ später als einen der 500 besten aller Zeiten bezeichnete. Für John Lennon markierte der Song tatsächlich eine Art "Fahrschein", einen Fahrschein ins Autofahrerleben. So konnte er Ende des Jahres mit Recht die Single mit dem Titel "Baby, you can drive my car" aufnehmen.
Als Autofahrer war John Lennon Spätzünder. Während seine Bandkollegen längst edle Karossen durch die Gegend kutschierten, plagte sich John immer noch in einer englischen Fahrschule mit Theorie und Praxis herum. Zu der Zeit saß Paul McCartney bereits am Steuer seines eigenen Aston Martin DB6, fuhr George Harrison als größter Autofreak der Beatles einen Jaguar XKE und war Ringo Starr stolzer Besitzer eines 1964er Facel Vega. Doch im Februar 1965 war es so weit: Fünf Monate nachdem er 24 Jahre alt geworden war bestand John endlich die Fahrprüfung. Noch am gleichen Tag soll er sich einen Ferrari 330 GT 2+2 zugelegt haben.
Bereits gut vier Monate später bereicherte er seinen Fuhrpark um zwei weitere Schätzchen: einen Mercedes-Benz 230SL mit einer Rechtslenkung als Sonderanfertigung speziell für ihn, den hauptsächlich seine damalige Frau Cynthia bewegte und einen Rolls-Royce Phantom V. Zunächst war die Karosserie der britischen Limousine mit dem Luftwiderstandsbeiwert des Buckingham-Palasts in standesgemäßem Schwarz lackiert. Zwei Jahre später muss sich der erste Bandleader der Beatles daran satt gesehen haben.
Als im April 1967 die Aufzeichnung des legendären Albums „Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ beendet war, fragte Lennon bei dem englischen Karosseriebauer JP Fallon an, ob dieser dem Phantom nicht eine neue Lackierung verpassen könnte. Das Ergebnis wurde noch vor der weltweiten Veröffentlichung von Sgt Pepper am 1. Juni 1967 enthüllt und wirkte wie eine Kriegserklärung an das konservative Bürgertum. Die von Lennon gewählten Farben und Muster schienen psychedelische Erfahrungen mit LSD oder ähnlichen Substanzen widerzuspiegeln, woran vor allem das dominante Gelb die Schuld trug.
Beim genauen Hinsehen wurde allerdings deutlich, dass es sich bei den Mustern nicht um zufällige Strudel handelte, sondern um ein blumig-romantisches Design, wie es damals bei den Wohnwagen von Landfahrern und den Kanalschiffen Englands verwendet wurde – einschließlich einem Tierkreissymbol auf dem Dach. Außerdem hatte sich just die Flower Power-Bewegung der Hippies von San Franzisko aus mit ähnlichen Symbolen auf den Weg nach Europa gemacht.
Getreu seinem Image als exzentrischer Millionär hatte John Lennon seinen Phantom schon zuvor mit diversen Extras ausstatten lassen. Die Rücksitze waren gegen ein Doppelbett ausgetauscht worden. Zudem waren ein Fernseher, ein Telefon, ein Kühlschrank, ein Plattenspieler sowie ein speziell auf seine Wünsche abgestimmtes Soundsystem installiert worden.
Der Phantom V war bei John Lennon bis 1969 regelmäßig im Einsatz (er besaß überdies auch einen etwas weniger auffälligen weißen Phantom V). Noch vor der Farbänderung wurde das Fahrzeug unter anderem dazu genutzt, um mit den Bandmitgliedern zur Verleihung des Verdienstordens Order of the British Empire durch Queen Elizabeth vorzufahren – und um den Orden aus Protest gegen den Vietnamkrieg 1969 wieder zurückzugeben. Da trug das Auto bereits seine bunten Farben. Als Lennon 1970 in die USA zog, nahm er den Phantom V mit. Hier wurde er regelmäßig an Rockgrößen wie die Rolling Stones, Bob Dylan und The Moody Blues verliehen. Nach seiner vorübergehenden Stilllegung wurde das Fahrzeug 1977 an das Royal British Columbia Museum in Victoria, Kanada, gespendet.
Im 50. Jubiläumsjahr von Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band wird der farbenfrohe Phantom V von John Lennon vom 29. Juli bis 2. August in London zu sehen sein. Doch der LP-Geburtstag ist nicht der einzige Grund. Gleichzeitig will die BMW-Tochter Rolls-Royce die achte Generation jenes Wagens vorstellen, den das Unternehmen einmal als „das beste Auto der Welt" apostrophiert hat und der mit viel Technik aus der BMW 7er Reihe sowie einem Digital-Cockpit aufwarten soll.
Davon konnte bei den Vorgänger-Exemplaren der Baureihe, die 1925 mit dem ersten Phantom begann, noch keine Rede sein. Von jeder dieser und der folgenden Phantom-Generationen wird am letzten Juli-Wochenende ein Exemplar in den Ausstellungsräumen des Auktionshauses Bonhams in der New Bond Street in London stehen:
Ein 1925er Phantom I, den der amerikanische Tänzer, Choreograf, Sänger und Schauspieler Fred Astaire hauptsächlich in Hollywood benutzte.
Ein 1933er Phantom II, der einst dem britischen Geschwindigkeitsweltrekordler Sir Malcom Campbell gehört hatte.
Ein 1936er Phantom III, mit dem Feldmarschall Bernard Law Montgomery unter anderem vor der Landung der Alliierten in der Normandie 1944 Winston Churchill, General Eisenhower und König Georg VI. persönlich zu den Planungstreffen nach Southwick House in Hampshire kutschiert hatte. Das Fahrzeug war der letzte Phantom, an dessen Konstruktion Sir Henry Royce beteiligt war.
Ein 1952er Phantom IV, den der Aga Khan bestellt hatte und für dessen Bauzeit zwei Jahre ins Land gegangen waren.
Ein 1965er Phantom V von John Lennon in den Originalfarben von 1967.
Ein 1977er Phantom VI aus dem Besitz der Queen.
Ein Goodwood Phantom - Phantom VII von 2003, der im März 2003 an einen Besitzer in Australien ausgeliefert wurde, der damit quer durch den fünften Kontinent fuhr.
Die Nummer acht, ein Phantom VIII, der ebenfalls bei Bonhams zu sehen sein wird, behandelt Rolls-Royce zur Zeit noch als Staatsgeheimnis.
John Lennons Liebe zu Rolls-Royce muss Ende der 1960er Jahre abgekühlt sein. 1970 legte er sich einen Mercedes 600 Pullman zu, den er ein Jahr später, als er seinen Wohnsitz zusammen mit seiner Frau Yoko Ono nach New York verlegte, an seinen Band-Kollegen George Harrison verkaufte. In den USA war dann sein Autogeschmack wesentlich bescheidener. Der letzte Wagen, den er vor seiner Ermordung am 8. Dezember 1980 fuhr, war ein 1979er Mercedes-Benz Kombi 300TD. (ampnet/hrr)
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