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KI hilft bei fairer Kfz-Versicherung

„Pay as you drive“: Mit den so genannten Telematik-Tarifen bezahlen Autofahrer weniger für die Kfz-Versicherung, je vorsichtiger, sicherer, vorausschauender und defensiver sie fahren. Das Angebot findet Zustimmung. So kann beispielsweise die HUK-Coburg mittlerweile rund 500.000 solcher Verträge vorweisen. Deutschlands größter Kfz-Versicherer will diesen Geschäftsbereich weiter ausbauen. So kündigte der Leiter der neuen Abteilung „Data Analytics“, der Physiker und Datenwissenschaftler Dr. Thomas Körzdörfer, nach Auswertung der bisherigen Ergebnisse in der „Auto, Motor und Sport“ an, diese Tarife früher als bisher auch Fahranfängern anzubieten.

Voraussetzung für einen Telematik-Tarif ist, dass der Kunde seinem Kfz-Versicherer den Zugriff auf persönliche Fahrdaten erlaubt. Erfasst werden Parameter wie Beschleunigungs- und Bremsverhalten, Geschwindigkeit, Kurvenfahrverhalten, Fahrtzeitpunkt und -ort sowie die Smartphone-Nutzung. Die Versicherungen zeichnen diese Daten – in der Regel via App auf dem Smartphone – auf, analysieren und bewerten auf dieser Basis das Fahrverhalten des Kunden und belohnen ihn oder sie mit Rabatten für umsichtiges Fahren. So lassen sich derzeit bis zu 30 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Beiträgen einsparen.

Um Fahrmanöver richtig interpretieren zu können und weil einheitliche Bewertungsregeln häufig situationsbedingtem Fahrverhalten nicht gerecht werden, nutzt die HUK-Coburg das maschinelle Lernen Künstlicher Intelligenz. Dadurch soll eine faire Beurteilung und Einstufung ermöglicht werden. Hier wäre noch mehr möglich, wenn die Versicherer Zugriff auf weitere Daten aus den Fahrzeugen bekommen könnten, zitiert versicherungsmonitor.de den Vorstand Dr. Jörg Rheinländer. Doch der ist bislang nicht rechtssicher geregelt und die Automobilhersteller geben sie ungern preis, wie nicht nur die Versicherungsbranche bemängelt. So fordert etwa auch der ADAC einen freien Zugang zu den Fahrzeugdaten für die Nutzer selbst sowie für freie Werkstätten und Pannenhelfer. Denn nur so werde ein fairer Wettbewerb möglich, argumentiert der Automobilclub. Er plädiert auch dafür, die Informationen möglichst vielen verschiedenen Nutzern zur Verfügung zu stellen – auch, um daraus neue Geschäftsmodelle im Bereich Mobilität entwickeln zu können. Möglich machen soll das ein Treuhänder-Modell, an das entsprechende Informationen übermittelt würden. Eine solche Funktion könnten bzw. sollten aus Sicht vieler Kunden Versicherungsunternehmen wahrnehmen, wie die aktuelle Studie des Goslar Instituts für verbrauchergerechtes Versichern zu „Big Data in der Mobilität“ ausweist. Denn die Versicherer genießen einen hohen Vertrauensbonus bei den Verbrauchern, weil sie zuverlässig und vertrauenswürdig mit persönlichen Daten umgehe.

Das zeigt auch die Resonanz auf Telematik-Tarife. Hier macht sich die Einwilligung des Autofahrers, seine individuellen Fahrdaten von seinem Kfz-Versicherer registrieren und auswerten zu lassen nicht nur in Form von günstigeren Beiträgen bemerkbar. Sie verschaffen dem Kfz-Versicherungsgeber auch deutlich mehr Einflussmöglichkeiten im Bereich der Schadensteuerung, wie HUK-Coburg-Vorstand Dr. Rheinländer betont: Etwa indem aufgrund der erfassten Daten eine schnellere und unstrittige Schadensregulierung möglich wird.

Auch Versicherer lernen aus dem neuen Geschäftsmodell. So sei es beispielsweise nicht fair, Nachtfahrten, die tendenziell riskanter sind als Fahrten am Tag, im Rahmen der Fahrwert-Ermittlung zu bestrafen, heißt es. Denn dabei handele es sich um eine ungerechtfertigte Benachteiligung etwa für diejenigen, die zu ihrer Nachtschicht fahren.

Für diesen Lernprozess macht sich das Versicherungsunternehmen zunehmend die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz zunutze, weil diese Technologie einfach eine viel schnellere Auswertung großer Datenmengen ermöglicht. Auch dies soll letztlich dem Kunden zugutekommen, indem Schadensursachen präziser analysiert und Tarife daran genauer angepasst werden können – nicht nur bei der Telematik. „Immerhin machen die 20 Prozent der schlechtesten Fahrer 40 Prozent der Schäden aus“, berichtet Dr. Jörg Rheinländer. Da ermögliche die Auswertung der Fahrdaten eine deutlich bessere Risikodifferenzierung als die Verwendung klassischer Tarifierungsmerkmale. Dies werde übrigens auch von den Kunden als fairer wahrgenommen, betont der Unternehmensvorstand.

Und so setzt nicht nur die HUK-Coburg verstärkt auf Data Analytics mithilfe von Künstlicher Intelligenz und richtet entsprechende spezialisierte Abteilungen wie die von Dr. Körzdörfer ein. Er bestätigt, dass der Tarif „Telematik Plus“ von den Kunden des Versicherers sehr gut angenommen wird – und zwar quer durch alle Altersgruppen. Der Experte hat auch den Eindruck, dass „Telematik sich so langsam herumspricht“ und dass das allgemeine Interesse am Thema steigt, wie er im Gespräch mit versicherungswirtschaft-heute.de berichtet. Nicht zuletzt durch die Erfahrungen, die über Telematik gesammelt wurden, sei man heute in der Lage, Chancen, die sich durch die Weiterentwicklung neuer Mobilitätsformen ergeben, schneller und gezielter zu nutzen. „Wir erfahren für Telematik Plus insgesamt sehr viel Zuspruch und vor allem interessierte Nachfragen, auch aus der Branche“, fügt der Daten-Fachmann hinzu. (aum)

Weiterführende Links: Presseseite Goslar Institut

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Telematik.

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Goslar Institut

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