Logo Auto-Medienportal.Net

DLR spürt den Viren in Bahn und Flieger nach

Verkehrsmittel wie Flugzeuge und Züge sind die Grundlagen der modernen Massenmobilität. Gleichzeitig stehen sie im Verdacht, die Ausbreitung des Corona-Virus zu begünstigen. Doch wie verbreiten sich Viren-Partikel in Fahrgastkabinen tatsächlich? Und welchen Einfluss hat dabei die Belüftung? Im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird dies zurzeit untersucht. Die Erkenntnisse können helfen, die Herausforderungen an die Mobilität in Zeiten der Corona-Krise besser zu verstehen und damit zu Lösungsansätzen beizutragen.

Forscher im DLR Göttingen untersuchen dafür die Ausbreitung potentiell virusbeladener Tröpfchen in Zügen und Flugzeugen – sowohl experimentell als auch in Computer-Simulationen. Als Ausgangspunkt wird ein „erkrankter“ Passagier in einem voll besetzten Bereich angenommen. Die Forscher betrachten, wie weit sich ausgeatmete Partikel verteilen.

In einem Computer simuliert das Forschungsteam den Abschnitt eines Großraumabteils eines Zuges mit sechs Sitzreihen. Für den „infizierten“ Passagier wird das Ausatmen oder Husten mit einem Programm berechnet, das bereits seit langem erfolgreich für die Simulation der Kabinenluftströmung eingesetzt wird. Ergänzt wird es mit der Zugabe von Aerosolpartikeln, welche anschließend zerstäuben und verdampfen. Der Zerstäubungsprozess beim Husten kann dabei anschaulich mit dem Prozess der Kraftstoffeinspritzung im Motor verglichen werden: starke Scherkräfte verursachen das Zerfallen der Tröpfchen. Die dabei benutzten Parameter wie das ausgeatmete Lungenvolumen (etwa 1 bis 1,5 Liter) oder die Größen der Tröpfchen, welche kleiner als 1 Mikrometer bis einige 100 Mikrometer groß sind, sind aus Studien der US-Bundesluftfahrtbehörde FAA übernommen. Das Computerprogramm errechnet die Verteilung und Reichweite der Teilchen und stellt sie grafisch dar.

Zeitgleich stellen die Forscher im generischen Zuglabor Göttingen eine ähnliche Situation in einem Experiment nach. Hierbei dienen 24 Dummies mit Sensoren als Passagiere. Ein „kranker“ Dummie stößt aus dem Mundbereich Luft mit beigemischten Tröpfchen aus – und ein Spurengas. Highspeedkameras und Gassensoren verfolgen die Verbreitung der Teilchen in der Kabine. Partikel und deren Konzentration werden an verschiedenen Stellen im Raum erfasst.

Prof. Karsten Lemmer, Vorstand für Energie und Verkehr im DLR und selbst Bahnreisender, sagt dazu: „Unsere Studie zur Mobilität in Corona-Zeiten hat ergeben, dass viele Menschen sich in öffentlichen Verkehrsmitteln unwohler fühlen als früher. Dieses Verhalten dämpft die Verkehrswende, die den öffentlichen Nahverkehr stärken will. Mit unserer Forschung zur Verbreitung von Viren in Fahrgastkabinen leisten wir einen Beitrag, Sachlichkeit in diese Debatte zu bringen.“

Analog zu den Computersimulationen für Züge finden solche für Flugzeuge statt. Ein entsprechendes Experiment soll demnächst in einem neuen Flugzeuglabor in Göttingen im Rahmen des EU-Projekts ADVENT starten. „Flugzeugkabinen sind in sich geschlossene Systeme und besitzen bereits eine hohe Luftreinhaltung. Unsere Forschung zur Virenverbreitung in Kabinen soll zum Schutz der Passagiere vor Infektionen beitragen und Antworten auf die Frage finden: Wie kann Fliegen auch in Zukunft sicher sein?“, erläutert DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke.

Die Forschungen werden vom Göttinger DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik vorgenommen. Sie untersuchen lediglich die Verbreitung von physikalischen Teilchen, die Viren-belasteten Tröpfchen entsprechen. Über die Infektiosität dieser Tröpfchen können sie keine Aussage treffen. Ebenso wenig wird aktuell von den Göttinger Forschern die Wirkung von Luftfiltern betrachtet, wie sie zum Beispiel in Flugzeugen zum Einsatz kommen. Diese Thematik wird unter anderem im DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln erforscht.

Mit ersten Ergebnissen ist in den kommenden Wochen zu rechnen. Die Experimente werden aber teilweise noch Monate andauern. (ampnet/jri)

Mehr zum Thema: , , , , ,

Teile diesen Artikel:

Bilder zum Artikel
Generisches Zuglabor des DLR in Göttingen.

Generisches Zuglabor des DLR in Göttingen.

Foto: Auto-Medienportal.Net/DLR

Download:


Dummies im Forschungsflugzeug Do 718 des DLR.

Dummies im Forschungsflugzeug Do 718 des DLR.

Foto: Auto-Medienportal.Net/DLR

Download: