Seit Jahren schon markiert die Stuttgarter Messe CMT den Auftakt der Urlaubssaison. Mit vielen Reise- und Touristikanbietern, die alle zehn Hallen des Ausstellungsgeländes gleich neben dem Flughafen bis in den letzten Winkel füllen, gibt sich hier die Caravaning-Branche ihr Stelldichein zum Jahresbeginn. Vertreten sind alle namhaften Marken, 1000 Fahrzeuge haben sie mitgebracht und 120 Premieren kündigten sie an.
Die Stimmung ist ausgezeichnet, schließt die Branche doch 2018 zum achten Mal in Folge mit Rekordzahlen ab. Rund 47 000 Reisemobile und etwa 24 000 Wohnwagen wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft, soviel wie nie zuvor. Auch für die beginnende Saison rechnet man mit einer erneuten Steigerung um zehn Prozent, genaue Zahlen veröffentlicht der Branchenverband CIVD (Caravaning Industrieverband Deutschland) erst am Montag, dem 14. Januar 2019.
Die Tendenzen in diesem Jahr sind klar zu erkennen. Leichtbau, Vollausstattung, Komfort und Sicherheit sind die Themen der Hersteller von Freizeitfahrzeugen. Die Gewichtsgrenze von 3,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse spielt bei den Reisemobilen eine tragende Rolle, denn für alle die schwerer sind, braucht die nachfolgende Kundengeneration den Führerschein der Klasse C1, für den eine eigene Prüfung bestanden werden muss. Außerdem fallen die Schwergewichte in vielen Urlaubsdestinationen unter höhere Straßenmaut, außerdem unter das Lastwagen-Tempolimit von 80 km/h und das Überholverbot für Brummis. Bürstner-Geschäftsführer Jens Kromer spricht sogar davon, dass in der Klasse über 3,5 Tonnen bei der kommenden Kunden-Generation „nichts mehr geht“.
Die komplette Komfortausstattung ist ebenso bei vielen Herstellern angekommen. Hobby präsentiert als Vorreiter das teilintegrierte Reisemobil Optima On Tour-Edition auf Citroen-Basis, das die Baureihe neben den Versionen De Luxe und Premium um eine dritte Variante erweitert. Der Wagen ist 6,78 Meter lang und 2,16 Meter breit und hat eine Zuladung von 618 kg, ohne die 3,5-Tonnen-Grenze zu überschreiten. Für sensationelle 50 600 Euro gibt es an Bord serienmäßig einen Auszug für die Gasflaschen, einen 96-Liter-Abwassertank, der isoliert und beheizt ist, Fernseher mit Sat-Anlage und DVD-Spieler, eine Rückfahrkamera, Klimaanlage, Leichtmetallräder und ein Navigationssystem. Günstiger geht es kaum.
Preisschlager präsentiert auch die zur Hymer-Gruppe gehörende Einsteigermarke Carado. Die schmale und leichte Van-Serie in integrierter Bauweise (ebenfalls auf Citroen-Basis) gibt es als V 132 für 35 999 Euro und als V 337 für 38 999 Euro. Die Einrichtung ist einfach aber nicht dürftig, die Softclose-Schließmechanik der Klappen und Türen findet sich üblicherweise erst in höherwertigeren Modellen.
In einer teureren Klasse aber immer noch vergleichsweise günstig rollen die beiden Crafter Kastenwagen von VWN (Volkswagen Nutzfahrzeuge) an den Verkaufsstart. Der Grand California 600 kostet mit einem Doppelquerbett im Heck, dem 177 PS (130 kW) starken Vierzylinderdiesel und Getriebe-Automatik schlanke 54 990 Euro. Der längere Grand California 680 bei gleicher Ausstattung und Längs-Einzelbetten hinten 57 100 Euro. Die ersten Auslieferungen sollen Ende Mai erfolgen, mit den beiden Preiskrachern etabliert sich VWN endgültig als größter Reisemobilhersteller in Deutschland. Allein vom kleineren California auf T6-Basis wurden im vergangenen Jahr 18 135 Exemplare in Hannover gebaut.
Innovationsreich zeigt sich Knaus-Tabbert. Der Konzern ist neben der Hymer-Gruppe und Hobby der absatzstärkste Hersteller des Marktes und zeigt einen neuen Van TI Plus auf MAN TGE-Basis, der als Modell 700 LF in Wagenmitte zwei in Fahrtrichtung angeordnete Sitze hat. Die lassen sich sehr einfach zum Doppelbett umbauen, während der Fahrt dagegen bekommen sie mit aufblasbaren Luftpolstern an den Rändern von Sitzfläche und Rückenlehne eine dynamischere Kontur und bieten so wesentlich mehr Seitenhalt. Der 700 LF kostet 64 990 Euro, mit Allradantrieb steigt der Preis um 2350 Euro.
Im Kastenwagen Boxlife wärmt künftig eine Dieselheizung den Innenraum, was das Stauvolumen für den Gasvorrat reduziert. Bei der Tochtermarke Weinsberg, die gerade ihren 50. Geburtstag feiert, bekommt der Kastenwagen Carabus eine bessere Isolation, der 600 MQH etwa hat ein doppelschaliges Superhochdach, bietet 2,1 Meter Stehhöhe und ein Hubbett.
Überarbeitet wurde die Caravan-Serie Vivaldi bei Tabbert, vier Grundrisse, alle mit dem neuen Zweiwege-Kühlschrank, gibt es ab 24 500 Euro einschließlich der serienmäßigen Truma C Kombi, die heizt und das Wasser wärmt. Der Kühlschrank gehört zu einer der Innovationen der Saison. Seine Tür lässt sich in beide Richtungen bewegen, eingebaut neben dem Eingang, kann er beim Kochen von innen und beim Zechen von außen geöffnet werden.
Gut gehen die Geschäfte auch bei Morelo, der Luxus-Reisemobilmarke von Knaus-Tabbert. 383 Fahrzeuge hat sie 2018 verkauft, alle wenigstens 150 000 Euro teuer. Der Zuwachs liegt bei 17 Prozent, der Marktanteil nach eigenen Angaben in dieser Klasse bei 30,4 Prozent. 112 Fahrzeuge kamen aus der Palace-Baureihe, die nun die meistverkauften Modelle im Segment stellt. Ein wichtiges Instrument der Hersteller sind eigene Vermietstationen. Bei Knaus-Tabbert heißt das Geschäftsmodell Rent and Travel und umfasst 1450 Mietfahrzeuge. Angeschlossen sind 50 Reisebüros und 125 Fahrzeug-Stützpunkte. Neu ins Programm aufgenommen wurden Island und Italien.
Dethleffs hat mit dem Coco und dem E-Coco in der vergangenen Saison für Furore gesorgt, das Thema Elektromobilität wird weiter bespielt. Zunächst jedoch erweitert die Marke die c’go-Caravan-Baureihe um die beiden Up-Varianten. Die Caravans sollen jung, frisch und preisgünstig sein, vor allem Einsteiger-Familien ansprechen. Helle Möbel, klare Linien und Leichtbau bestimmen die Ausstattung. Trotz des Hubbetts werden 2,08 Meter Stehhöhe geboten, der 465 KR kostet 16 990 Euro, der 525 KR mit Kinderzimmer und Kindersitzgruppe 17 900 Euro. Bei den Reisemobilen setzt Dethleffs nun ebenfalls auf den neuen Mercedes-Benz Sprinter. Er macht den T 66 13 mobil, ein teilintegriertes, 6,96 Meter langes Reisemobil, das in der 3,5-Tonnen-Klasse antritt. Hinterradantrieb, Einzelbetten und ein stufenloser Boden sind seine Merkmale, das Hubbett gibt es optional, der Grundpreis liegt bei 62 999 Euro.
Challenger, Mobilvetta und Roller Team gehören zum französischen Konzern Trigano House, auch die deutschen Marken Eura Mobil, Forster und Karmann zählen dazu. 46 000 verkaufte Reisemobile haben den Franzosen 2,3 Millarden Euro Umsatz beschert. Mit der Marke Challenger will das Unternehmen nun auch in Deutschland bekannter werden. Der frische Einrichtungsstil in hellen Farben und findige Hubbettkonzepte machen die Mobile attraktiv. Der neue Challenger 274 etwa hat fünf Sitzplätze und ist 6,39 Meter lang, als Basis dient der komfortable Ford Transit, der deutlich günstiger als Crafter oder Sprinter ist und den Rivalen und Marktführer Fiat Ducato mit deutlich besserem Komfort entgegentritt. Clever ist das Etagenbett in Wagenmitte, das zweistöckig per Gurtbefestigungen und Elektroantrieb unter das Dach angehoben werden kann. Von Roller Team kommt mit dem Kronos mal wieder ein Alkoven-Fahrzeug, der 279 M hat eine variable und riesige Heckgarage und kostet 47 753 Euro.
In einer anderen Preisklasse ist Hymer unterwegs. Bei 70 000 Euro beginnt die Preisliste der neuen Modelle 550 und 600, die das Angebot der Baureihe B Modern Comfort um zwei Aufbaulängen erweitern. Beide rollen auf dem Mercedes Sprinter und können mit integriertem oder teilintegriertem Aufbau geordert werden. Zur Wahl stehen ein Doppel Querbett oder Einzelbetten im Heck. Auf Wunsch gibt es ein Hubbett in Wagenmitte. Bei Eriba feiert der Touring 820 Premiere, ein Luxus-Wohnwagen, der eher wie eine Studie denn als serienreifes Caravan-Modell anmutet. Der ultramodern gestaltete Touring hat einen 150 Liter Kühlschrank, eine Kaffee-Kapselmaschine, sowie ein fürstliches Schlafzimmer im Heck. Vorn und hinten sind die Fenster-Ensembles umlaufend, das sorgt für Panorama-Aussichten. Ein Bad mit separater Dusche, elektrische Hubstützen, die Lackierung in Silbermetallic und das umlaufende, blaue LED-Leuchtenband gehören zur Serienausstattung. Beim Preis von 75 000 Euro wird der Touring 820 jedoch ein seltener Gast auf den Campingplätzen bleiben.
Bürstner zeigt des Lyseo TD 680, der unter sieben Meter und 3,5 Tonnen Gewicht sechs Sitzplätze bietet. Eine Doppelcouch in Wagenmitte macht es möglich. Das Traditionsunternehmen ist überzeugt, dass diese Einrichtungsvariante zunehmend nachgefragt werden wird. Carthago feiert 40jähriges Bestehen und legt den Chic E-Line 50 DA als Jubiläumsmodell auf, dessen üppige Ausstattung bis zu 20 000 Euro Preisvorteil bieten soll. Sechsstellig bleibt der Kaufpreis trotzdem gerade noch. Preisgünstig ist Sunlight unterwegs, hier starten die neuen teilintegrierten Van-Modelle auf Citroen-Basis bei gerade mal 40 000 Euro. Ähnlich gestaltet Etrusco seine Preise, die Kaufsumme spielt für Einsteiger oftmals die wichtigste Rolle.
La Strada präsentiert als erstes Unternehmen den Sprinter mit Allradantrieb, für den gut ausgestatteten Regent 4x4 werden aber auch schnell 100 000 Euro fällig. Neu im Programm ist eine Variante des Avanti H, der als Plus eine pfiffige Regalkonstruktion im Heck hat, mit der sich der Stauraum hinter den Doppeltüren des Fiat Ducato besser nutzen lässt. Für 60 000 Euro werden hier Freunde des hochwertigen Kastenwagen-Ausbaus fündig. Etwas abseits zeigt das Berliner Start-Up Camperliebe seinen Ausbau eines Hyundai H 350 Transporters. Hochdach plus Hubdach steigern die Zahl der Schlafplätze auf vier, wenngleich im fast zwei mal zwei Meter großen Heckbett durchaus drei Camper übernachten könnten. 57 000 Euro kostet das Mobil, wer auf das Hubdach verzichten kann, spart 2000 Euro.
Kaum auf dem Markt, gibt sich der Sprinter bei vielen Herstellern als Basismodell die Ehre. Mercedes entwickelt gerade eine neue App, mit deren Hilfe sich wichtige Funktionen wie Heizung oder Entsorgung aus der Ferne erledigen lassen. Auch die Füllstände der Tanks und der Gasflaschen lassen sich abrufen. Vernetzung und Konnektivität sind auch für Camper immer wichtigere Themen. Fürs Ausspannen hat der Sprinter unterdessen eine bislang einzigartige Funktion bekommen. Über eine Tastenkombination fährt er seine Stromverbraucher wie Motorsteuergerät oder Audiosystem herunter, wenn während einer längeren Ruhephase, wie sie bei Reisemobilen vor allem in der Winterzeit auftritt, die Batterie geschont werden soll. Das steigert die Lebensdauer der Akkus.
Das Angebot der Caravaning-Industrie auf der CMT ist einmal mehr kaum überschaubar. Fast sind Interessenten zu bemitleiden, die als Einsteiger auf der Suche nach dem passenden Reisemobil sind. Denn der Variantenreichtum ist kaum zu überbieten, ein Tag alleine reicht kaum, das riesige Modellprogramm auf der Messe zu erkunden. Die Veranstalter bieten daher erstmals ein kostengünstigeres Zweitages-Ticket an. 265 000 Besucher haben im vergangenen Jahr die CMT besucht, 2019 werden es vermutlich deutlich mehr sein. Denn das Interesse an Reisemobil und Wohnwagen wächst weiter, wenn auch die Infrastruktur in Form von Stell- oder Campingplätzen damit nicht Schritt halten kann. Aber auch über dieses Thema wird auf der CMT diskutiert. Die Messe ist noch bis zum 20. Januar geöffnet. (ampnet/mk)
Mehr zum Thema: CMT , Stuttgart , Angebot , Überblick
Teile diesen Artikel: