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Kommentar IAA 2009: Vorsprung durch Vielfalt

Vernunft und Begeisterung, Verantwortung und Reichtum, Intoleranz und Liberalität – in der Welt und bei uns selbst sind sie ungleich verteilt. Mit dieser Einsicht werden viele Besucher die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) verlassen, die noch bis zum Sonntag, 27 September 2009, in Frankfurt zu sehen ist. Inmitten der Elektro-Flöhe, der polierten Boliden, die mit PS protzen und der vielen Modelle, die ihre niedrige Emission an Kohlendioxid herausstreichen. zeigt sich – auch die automobile Welt wird nicht überschaubarer werden.

Man muss nur die Medien beobachten, um zu erkennen, dass deren Macher groß, stark, schön und schnell immer noch für so attraktiv halten, dass sie ihre Leser mit Begeisterung locken und ganz liberal über den für diese Exoten notwendigen Reichtum hinwegschauen. Ein Blick in dieselben und andere Medien verhilft auch zu der völlig entgegengesetzten Erkenntnis, dass sich viele dieser Sicht aufs Auto verweigern und manchmal mit einem Unterton der Intoleranz Vernunft und Verantwortung einfordern.

In solchen Fällen lautet die Kompromissformel des Volksmunds: Die Wahrheit liegt immer in der Mitte. Das stimmt auch im Fall des Automobils. In der breiten Mitte gibt es kaum etwas, was es nicht gibt. Noch nie hatte der Autokäufer so gute Chancen, genau das Auto zu erwerben, was seine Ansprüche trifft. Mehr denn je gilt, jeder ist für sich und sein Auto selbst verantwortlich. Der Markt bietet alles.

Werfen wir einmal einen Blick in die Halle 3 der IAA, in der sich im Erdgeschoss der Volkswagen-Konzern präsentiert. Vorbei sind die Zeiten, in denen man sich bei VW nur zwischen dem Standard- oder dem Export-Käfer entscheiden konnte. Heute zeigen sich dort acht Marken des Konzerns, viele davon mit einer kompletten Modellpalette und einer schier unvorstellbaren Spanne bei den Preisen. Die Spitze bildet der Bugatti mit rund 1,2 Mio Euro, gefolgt vom Bentley bis zum kleinsten Skoda und Seat – hunderte von Modellen unter einem Konzerndach, alle sparsamer als vor zwei Jahren bis hinunter zur Ein-Liter-Studie, die an die Zeiten des alten Käfers erinnert, als noch der Messerschmidt Kabinenroller zu sehen war.

Aber es geht längst nicht mehr nur um den Spagat bei den Preisen und bei der Modellpalette. Jetzt geht es darum, wer als erster aus der Vielfalt der möglichen Antriebsvarianten die auswählt und auf den Markt bringt, die den Ansprüchen in der Zukunft gerecht werden. Hybridantriebe, mild oder voll, seriell oder parallel, Plug in-Versionen, Rangeextender, Brennstoffzelle, Benzin oder Diesel oder Diesotto, Autogas oder Erdgas oder gar Wasserstoff und natürlich die Batterie. Die Liste ist lang, die Zahl der Studien zu diesen Themen in Frankfurt groß. Und jedes Unternehmen muss und will dabei sein.

So gerät auch diese IAA zu einer Messe voller Ankündigungen, die bei vielen Auto-Interessenten den Eindruck stärken, schon morgen könne man zum Beispiel das omnipotente Elektroauto erwerben. Da kündigt Renault an, schon 100 000 Stück verkauft zu haben während andere noch von Kleinserien sprechen. Da zeigt Mercedes-Benz seine E-Cell- und F-Cell-Studien und präsentiert eine Hybrid-S-Klassen-Vision mit voller Leistung und vier Litern Verbrauch. Da stellt auch Volkswagen den E-Up aus der neuen Familie der Kleinwagen vor. Und alle anderen mit ihnen stärken den Eindruck: Jetzt geht’s los!

Die Experten können noch so viel Wasser in den Wein schütten. Wenn etwa der Volkswagen-Entwicklungsvorstand Hackenberg sagt, man werde bis 2020 nur 1,5 Prozent bis zwei Prozent Elektroautos im Bestand haben, dann wird das stimmen. Doch das wird übertönt von der naiven Hoffnung, man könne schon morgen mit der Massenelektrifizierung beginnen. Der Euphorie wird schon bald die Ernüchterung folgen. Die Ingenieure und Forscher haben noch viel zu leisten, vor allem bei der Batterie, der man mehr als ein Jahrzehnt die Aufmerksamkeit verweigerte, weshalb sich deutschen Hersteller ihre Partner für die Batterie in Asien suchen müssen.

Viel Zeit bleibt nicht, wenn die deutschen Hersteller sich ihren Vorsprung auch bei der Vielfalt der Antriebstechnologien erarbeiten wollen. Der Markt wird zwar auch in Zukunft von Vernunft und Verantwortung, Begeisterung und Reichtum bestimmt werden. Aber die Liberalität wird immer strengeren Vorschriften weichen. (ampnet/Sm)





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Peter Schwerdtmann

Peter Schwerdtmann

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