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Kommentar. Wenn sie doch geschwiegen hätten…

Kein Zweifel: Was VW mit den Manipulationen an der Software für Abgastests von Dieselmotoren angerichtet hat, ist in punkto Dummheit schwer zu überbieten. Und es kam, wie es kommen musste. Kaum war die Nachricht von der Wolfsburger Bauchlandung in den USA in der Welt, meldeten sich die üblichen Verdächtigen zu Wort, die immer dann lautstark auf die Pauke hauen, wenn es gilt, der gesamten Autoindustrie am Zeug zu flicken. Diesmal entstand – und entsteht immer noch – der Eindruck, als ginge es so manchem nur darum, Volkswagen und seinen 600 000 Beschäftigten mit sadistischem Vergnügen den endgültigen Garaus zu machen.

Objektivität und Wahrheitsgehalt der Aussagen: Fehlanzeige. Es wurde entweder das Blaue vom Himmel herunter gelogen oder Expertenwissen vorgegaukelt. Beispiel Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Der Mann, der bisher schon gern Wasser predigte, für sich selbst aber Champagner bevorzugte, gab im Fernsehen des WDR am vergangenen Freitag ein Statement von sich, das Kopfschütteln verursachte und offensichtlich nur dazu dienen sollte, sämtliche Besitzer von Volkswagen mit Dieselmotor zu verunsichern.

Reschs Meinung nach müssten nämlich alle VW-Modelle mit Dieselmotor, auch die jüngsten mit der Abgasnorm Euro 6 wie er ausdrücklich betonte, vor jeder Umweltzone eine Vollbremsung machen. Resch wörtlich: „Wenn man die realen Emissionen für die Zugrundelegung der Plaketten nehmen würde, bekäme man gerade die rote Plakette. Das hieße Fahrverbot in allen größeren deutschen Städten." Von der Tatsache, dass mit den Umweltplaketten die Luftbelastung durch Feinstaub beurteilt wird und Stickoxide, um die es bei der Volkswagen-Trickserei ging, bei der Sticker-Vergabe keine Rolle spielen, ließ sich der Herr der DUH nicht beeindrucken.

Beispiel Dirk Jansen, Sprecher des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in NRW. Der forderte jetzt aus gleichem Grund allen Ernstes Fahrverbote für alle Dieselautos in Essen und brachte damit einen Leser der Tageszeitung „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ derart in Harnisch, dass der sich zum schriftlichen Kommentar hinreißen ließ: „Es wäre schön wenn der BUND von Rechts wegen verboten würde. Grundlage könnte ja Volksverhetzung und bandenmäßig betriebene Volksverdummung sein. Ginge es nach diesen Ökophantasten, wäre Deutschland schon lange wieder in der Steinzeit."

Beispiel Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Universität Duisburg-Essen und dort Leiter des Fachgebiets „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft". Dass er sich gern als „Autopapst" bezeichnen lässt, ist ebenso bekannt wie seine seit Jahren gepflegte Vorliebe, bei jeder passenden Gelegenheit auf VW einzudreschen. Schon im Juli 2007 kommentierte er in der „Süddeutschen Zeitung“ die damals in der Diskussion stehende Übernahme von VW durch Porsche so: „Mittlerweile ist ganz klar, dass VW mit der heutigen Struktur in fünf Jahren nicht mehr im Markt sein würde.”

Acht Jahre später gehört VW – in der damaligen Struktur – immer noch zum Markt und zu den beiden größten Automobilkonzernen der Welt. 2013 erklärte Dudenhöffer „den Trend zu Diesel-Autos" für beendet. Inzwischen liegt deren Anteil an den Neuzulassungen immer noch bei knapp 50 Prozent. Noch vor wenigen Monaten lobte er Ferdinand Piëch, als der den damaligen VW-Chef Martin Winterkorn feuern wollte. Jetzt warf er Piëch in einem Schweizer Radiointerview „mangelnde Sensibilität" vor, weil der zusammen mit seiner Frau den VW-Stand auf der IAA in Frankfurt besucht hatte. Die Wolfsburger Vorgehensweise kommentierte er so: „Der Justiz- und der Umweltminister müssen gemeinsam dafür sorgen, dass solche Praktiken unter das Strafrecht fallen."

Beispiel Rundumschläge von Bärbel Höhn und Renate Künast, den beiden Frontfrauen fürs Grobe in der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen sowie ihrem Vorsitzenden Anton Hofreiter, der pseudo-fachmännisch zum Besten gab: „Seit vielen Jahren ist absehbar, dass die Optimierbarkeit von Verbrennungsmotoren an ein Ende gelangen wird." Ähnlich hatte bereits 1899 Charles H. Duell vom US-Patentamt über technischen Fortschritt allgemein geurteilt: AAlles, was man erfinden kann, ist schon erfunden worden."

Auch Frau Höhn mutmaßte – ohne einen einzigen Beweis für ihre Behauptung vorzulegen – angesichts des Daten-Betrugs bei VW: „Ich glaube, dass derjenige, der diese Mogel-Software verkauft hat, sie auch an andere Hersteller verkauft haben dürfte." Und ihre Kollegin Künast rief nach einer „ordentlichen Entschädigung durch den VW-Konzern", zu zahlen an Volkswagen-Kunden. Unisono beklagten beide die veröffentlichen Werte von Abgas- und Verbrauchstests. So zum Beispiel Renate Künast in der Talk Show von Anne Will. Dass im gesetzlich vorgeschriebenen NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) alle geprüften Autos die vorgeschriebenen Grenzwerte einhalten, kümmerte die lautstarken Damen herzlich wenig.

Beispiel EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska. Die polnische Politikerin und jetzige EU-Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie und Unternehmertum ließ verlauten: „Unsere Botschaft ist ganz klar: Betrug wird nicht geduldet, und die EU-Vorschriften sind einzuhalten. Wir brauchen vollständige Aufklärung und wirksame Abgastests." Sehr wohl. Doch die gibt es nicht. Bislang werden Verbrauchs- und Abgaswerte nach dem sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) überprüft. Dabei müssen die Autos im Labor ein genau festgelegtes Fahrprofil absolvieren. Geplant ist, in den nächsten Jahren den NEFZ-Test durch WLTP-Zyklus (Worldwide Harmonized Light Duty Test Procedure) zu ersetzen, der unter dem Dach der Uno entwickelt wurde, deutlich mehr Beschleunigungs- und Bremsvorgänge enthält und so der Realität näher kommt.

Das neue Verfahren wurde bereits im Mai 2015 von Vertretern der Mitgliedstaaten beschlossen, wird von Anfang 2016 an schrittweise eingeführt und soll die gegenwärtigen Prüfungen im Labor ergänzen. Es muss aber noch eine Einigung mit allen Mitgliedstaaten darüber erzielt werden, was zu tun ist, wenn die Ergebnisse der Prüfungen im Labor und im praktischen Fahrbetrieb erheblich voneinander abweichen. Das wird dauern.

Im Nachrichtensender „ntv“ war zu sehen und zu hören: „Überall gibt man sich empört. Selbst Indien und Australien wollen VW-Abgase prüfen. Die französische Regierung hat stichprobenartige Tests aller Fahrzeuge auf dem französischen Markt angekündigt. Auch das britische Verkehrsministerium will Autos erneut testen." Die Schweiz will gar die Neuzulassung von VW-Dieselfahrzeugen verbieten. Es fällt dabei auf, dass insbesondere Frankreich, Italien und Südkorea gegen VW ermitteln. Staaten also, auf deren Boden die wichtigsten Volkwagen-Konkurrenten produziert werden.

Es gibt aber auch Gewinner der Krise. Während der Börsenwert des Volkswagenkonzerns um einen zweistelligen Milliardenbetrag in die Knie ging und stellte die Bildzeitung fest: „In solchen Fällen neigen Anleger dazu, vom Schlimmsten auszugehen – und Aktien vorsichtshalber zu verkaufen." Nicht so die Familien Porsche und Piech. Die weiteten jetzt ihre Beteiligung an VW auf 52,2 Prozent der Stammaktien und am gezeichneten Kapital auf 32,4 Prozent kräftig aus. (ampnet/hrr)

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Hans-Robert Richarz.

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