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Wohin gehören S-Pedelecs?

Europa ist um Einheit bemüht. In der Verkehrspolitik gehen die Länder vielfach aber noch ihren eigenen Weg, siehe beispielsweise das Konzept von Shared Places in den Niederlanden oder das Fehlen eines generellen Tempolimits auf deutschen Autobahnen. Wie es in den einzelnen Ländern um die Regulierung für Speed-Pedelecs bestellt ist, hat der Zweirad-Industrie-Verband untersuchen lassen. Sie werden als eine wichtige Komponente der Mobilitätswende angesehen. Die bis zu 45 km/h Hybrid-Fahrräder werden in vielen europäischen Ländern immer beliebter, was auch mit den Nutzungsregeln zusammenhängt. Vor allem Pendlern mit Wegen über fünf Kilometern Länge wird mit den leistungsstarken S-Pedelecs eine Alternative zur Fahrt mit dem Auto geboten.

„Aus vielen Gesprächen, auch mit Experten und Entscheidern aus der Politik wissen wir, dass es einen großen Bedarf an Informationen zum Thema S-Pedelecs gibt", sagt ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork. Die Studie des niederländischen Unternehmens Mobycon für nachhaltige Mobilität vergleicht die Länder Deutschland, Belgien, Dänemark, die Niederlande und die Schweiz. Die deutsche Fahrradindustrie versteht die Ergebnisse als Grundlage für die weitere öffentliche Diskussion.

Leitfragen der Untrersuchung waren: Welchen Regulierungen unterliegen S-Pedelecs in den untersuchten Ländern? Gibt es ein auffälliges Unfallgeschehen und wo fahren sie am sichersten? Was kann Deutschland für die S-Pedelec-Gesetzgebung von anderen Ländern lernen?

Dass S-Pedelecs bei entsprechend anwenderfreundlichen Regeln, verbunden mit einer guten Infrastruktur hervorragend angenommen werden, zeigt zum Beispiel die Schweiz. Bei den Verkaufszahlen kamen zuletzt auf einen Marktanteil von 20 bis 25 Prozent im E-Bike-Markt. Zum Vergleich: In Deutschland, wo die Regeln für die S-Pedelec-Nutzung bislang sehr restriktiv sind, kamen sie unter den E-Bikes im vergangenen Jahr gerade einmal auf einen Marktanteil von 0,5 Prozent, was einer Verkaufszahl von 11.000 Stück (2021: 8000 Einheiten) entspricht.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die Regulierung von Speed-Pedelecs in allen untersuchten Ländern im Spannungsfeld zwischen der Förderung emissionsfreier, nachhaltigerer Mobilität und dem Schutz der Menschen zu Fuß und auf konventionellen Fahrrädern bewegt. Während die Fahrzeugklasse EU-weit einheitlich ist (Fahrzeugkategorie L1 e-B), unterscheidet sich der Umgang zur Nutzung von Radinfrastrukturen, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Zugangsvoraussetzungen stark zwischen den einzelnen Ländern. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von S-Pedelec-Fahrern im Pendelverkehr beträgt laut Erhebung immerhin 36,7 km/h. Die durchschnittliche maximale Geschwindigkeit liegt bei 40,1 km/h.

Hierzulande gelten die schnelleren Vertreter ihrer Art als Kleinkrafträder („Mopeds“). Daher sind Versicherungskennzeichen, die Führerscheinklasse AM und ein Helm Pflicht. In Deutschland müssen Speed-Pedelecs daher auf der Straße gefahren werden. Die Nutzung von Radwegen sowohl innerhalb als auch außerhalb geschlossener Ortschaften ist verboten. Derzeit gibt es in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) kein spezielles Zusatzzeichen, das ausschließlich für die Freigabe von Speed-Pedelecs vorgesehen ist. Lediglich das Zusatzschild 1022-12 „Kleinkrafträder und Mofas frei" beinhaltet auch Speed-Pedelecs. Dieses Schild ermöglicht jedoch gleichzeitig die Nutzung des Radwegs durch Kleinkrafträder mit Verbrennungsmotoren. Das Zusatzzeichen 1010-65 „E-Bikes frei“ umfasst die 45-km/h-Pedelecs nicht. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wurde durch einen Landeserlass aber festgelegt, dass bestimmte Radwege mit einem Zusatzschild „S-Pedelec frei“ für die Nutzung durch die schnelleren E-Bikes freigegeben werden. Die Stadt Tübingen hat von diesem Erlass Gebrauch gemacht und Konstanz hat eine Fahrradstraße speziell für S-Pedelecs freigegeben.

2016 hat Belgien in seiner Straßenverkehrsordnung eine neue Fahrzeugklasse für die schnelleren E-Bikes eingeführt, und damit eine Unterscheidung zu herkömmlichen Mopeds: die „Moped Class P Speed-Pedelecs". Belgien ist laut Studie das einzige EU-Land, das von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Dort können außerdem regionale Änderungen beschlossen werden. Dazu gehört die Festlegung der maximalen Geschwindigkeit für Speed-Pedelecs auf Radwegen, die individuell von einer der drei Landesregionen bestimmt werden kann. So sind allein in Belgien 2021 über 60.000 der schnellen Hybrid-Fahrräder zugelassen worden. Bei einem Tempolimit bis 50 km/h dürfen die Nutzer wählen, ob sie die Fahrbahn oder Radwege nutzen. Bei einem Tempolimit von mehr als 50 km/h müssen Radwege genutzt werden. In beiden Fällen kann die Straßenverkehrsbehörde, die örtliche Situation durch Sonderzeichen ändern.

Dänemark behandelt S-Pedelecs in einer demnächst endenden Pilotphase als ganz gewöhnliche Fahrräder. In den Niederlanden gelten sie hingegen wiederum als Mopeds. In Gelderland wurde eine Beobachtungsstudie durchgeführt, um Ausnahmeregelungen auf Radwegen zu untersuchen. Sie erlauben es den S-Pedelec-Fahrern, selbst zu entscheiden, ob sie lieber auf der Straße oder dem Radweg fahren möchten. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass sich die meisten Nutzer unsicher auf den Straßen fühlen. Dies liegt zum einen an der hohen Geschwindigkeit der Autos, zum anderen am Unverständnis der Kfz-Fahrer. (aum)

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Für S-Pedelecs gelten in Europa unterschiedliche Regelungen.

Für S-Pedelecs gelten in Europa unterschiedliche Regelungen.

Foto: Autoren-Union Mobilität/ZIV

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Für S-Pedelecs gelten in Europa unterschiedliche Regelungen.

Für S-Pedelecs gelten in Europa unterschiedliche Regelungen.

Foto: Autoren-Union Mobilität/ZIV

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