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Unterwegs zu Elchen, Schären, Kanälen und einer Mumie

Die Lust auf Camping schüren, das war das Ansinnen der Messe Düsseldorf, die als Standort der Leitmesse Caravan-Salon (vom 25. August bis 3. September) in Zusammenarbeit mit dem Branchenverband CIVD eine Reise durch Schweden veranstaltet hat. Das Land bietet ideale Voraussetzung für den Urlaub auf Rädern, mit einer Fläche von fast 450.000 Quadratkilometern und einer Einwohnerzahl von gerade einmal 10,5 Millionen Menschen bietet es mit seinen ewig langen Küstenlinien an Ostsee und Skagerrak sowie den dünn besiedelten Regionen im Norden äußerst abwechslungsreiche Landschaften, Ruhe und eine gute Infrastruktur für Camper.

Wer auf dem Landweg anreisen und die Fährüberfahrten meiden möchte, kann die beiden Brückenschläge zwischen den dänischen Festland und der Insel Seeland mit der Hauptstadt Kopenhagen sowie zwischen Seeland und dem schwedischen Malmö nutzen. Die 18 Kilometer lange Storebaeltsbroen überspannt den großen Belt, die Öresundbrücke streckt sich auf 7,84 Kilometer über den Öresund und verbindet Kopenhagen und Malmö. Billig ist der Spaß nicht, 82 Euro werden für ein Wohnmobil mit vier Tonnen Gesamtgewicht und knapp acht Metern Länge für die Storebelt-Überfahrt fällig, das gleiche Fahrzeug zahlt auf der Öresundbrücke 139 Euro. Das ist weniger als die Fährverbindung von Travemünde nach Trelleborg in Schweden kostet.

Zwar ist die Strecke deutlich länger, aber die Urlauber sind nicht an feste Abfahrtszeiten gebunden und Seekrankheit ist ebenfalls nicht zu befürchten. Außerdem lohnen Zwischenstopps in Dänemark, etwa im traumhaft direkt am Strand gelegenen Campingplatz Skarrev in der Nähe von Aabenraa oder in der malerischen Hafenstadt Faaborg im Süden von Fünen, wo der hilfsbereite Hafenmeister auch während der Hochsaison noch ein Plätzchen inklusive Stromanschluss für den Camper findet.

Die drittlängste Hängebrücke der Welt

Die Fahrt über die Brücken steht der kurzen Fahrüberfahrt an Erlebnisqualität kaum nach. Die vierspurige Storebelt-Überquerung ist mit einer Eisenbahnverbindung kombiniert und 1998 in Betrieb gegangen. Sie nutzt die kleine Insel Spöga als Zwischenlager. Kernstück des östlichen Abschnitts ist die 2694 Meter lange Hängebrücke, deren Fahrbahn etwa 70 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Sie ist die längste Hängebrücke Europas und nach der Akashi-Kaiko- in Japan und der Xihoumen-Brücke in China die drittlängste der Welt.

Die Überquerung des Öresunds wurde 1999 fertiggestellt und ein Jahr darauf in Betrieb genommen. Ein Teil der Verbindung führt durch einen Tunnel, für dessen östliches Portal eigens die künstliche Insel Peberholm geschaffen wurde. Ihre Gesamtlänge misst 7845 Meter, die eigentliche Hochbrücke unter den vier 205 Meter hohen Tragpylone, an denen die Stahlseile der Konstruktion eingehängt sind, streckt sich die Fahrbahn über eine freischwebende Länge von 1092 Metern. Rund 35.000 Autos queren im Durchschnitt die Storebeltbrücke, etwa 17.000 Straßenfahrzeuge passieren täglich die 883 Meter vor dem westlichen Pylonenportal verlaufende Staatsgrenze zwischen Dänemark und Schweden am Öresund.

Die eigentliche Tour durch Südschweden beginnt in Schwedens nach Stockholm zweitgrößter Stadt Göteborg. Sie ist von Kanälen durchzogen und war in der Vergangenheit mehrfach den teils erfolgreichen Angriffen der feindlich gesonnenen Dänen und Norwegern ausgesetzt. Heute ist sie nicht nur wegen ihren internationalen und auch im Winter eisfreien Hafens ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, auch das Leben dort ist mehr als lebenswert. Die Leichtigkeit des Seins und wissenschaftliches Lernen liegen eng bei einander.

Direkt neben dem Vergnügungspark Liseberg, dem größten in Skandinavien, findet sich das naturwissenschaftliches Museum Universeum mit seinem Aquarium und Troparium, die jüngste Attraktion ist der Wisdom, ein 360-Grad-Kino auf dem Dach, in dem ebenso lehrreiche wie eindrucksvolle Filmproduktionen gezeigt werden. Aktuell kann man dort in weniger als 30 Minuten eine Reise durch unser gesamtes bekanntes Universum erleben, die auf Daten der amerikanischen Weltraumagentur NASA basiert.

Vier-Sterne-Komfort

Die Tour führt weiter in den Norden zur Schärenküste am Skagerrak. Das Fischerdorf Smögen lebt längst nicht mehr hauptsächlich vom Fischfang sondern ist mit seinen zahllosen Kneipen und Restaurants vom Tourismus entdeckt worden. Eine Kutterfahrt durch die felsige Inselwelt vor der Küste zeugt von einer weiteren Einnahmequelle der Bevölkerung. Riesige Granitblöcke wurden aus dem harten Gestein gesprengt, zersägt und zerkleinert dienen sie heute in Hamburg, Berlin oder Rom als Straßenbelag von Fußgängerzonen und Plätzen. Der Campingplatz Johannesvik im nahen Kungsham ist einer der 500 zertifizierten Ressorts in Schweden, er bietet Vier-Sterne-Komfort, einen eigenen Badestrand plus Pool und eine eigene Marina. Ruhe und ein einzigartiges Panorama sind im Preis inbegriffen.

Vom Meer geht es in die Wälder. Und hier ist das schwedische Vorzeigetier, der Elch, zu Hause. Er wird geliebt und gehasst, denn mehr als 4000 Autounfälle gehen wegen seines ungestümen Wildwechsels jährlich auf sein Konto. Das Ausweichmanöver zur Kollisionsvermeidung, das in Schweden entwickelt wurde und unter dem Namen Elchtest bekannt ist, hat Geschichte geschrieben, als die 1997 neu auf den Markt gekommene A-Klasse von Mercedes kläglich daran scheiterte. Dabei sind die größten heute noch vorkommenden Vertreter der Gattung Hirsch gar nicht aggressiv. Zwar kann ein Elchbulle bis zu 700 Kilogramm schwer werden, doch schaut er bei einem Aufeinandertreffen von Mensch und Tier meist interessiert, bevor er weiter gelassen seiner Wege geht. Anders ist es bei Elchkühen mit Jungen. Bei ihnen sollte man schleunigst den geordneten Rückzug antreten.

Auf dem Campingplatz Laxsjöns Friluftgard in Dals Länged ist es nicht unwahrscheinlich, einem Elch zu begegnen. Wenn das nicht klappt, lädt Betreiber Pontus (ja, er heißt genauso wie der Polizeikollege von Kommissar Kurt Wallander) in seinen benachbarten Wildpark ein, wo er auch Outdoor-Trainings mit Feuermachen ohne Streichholz und Pflanzenkunde anbietet und Elche im Gehege bei der Fütterung auf Streichelnähe gehen. Zum Barbeque gibt es alles vom Elch: Schinken, Salami, Würste und Burger. Zumindest Vegetarier werden alternativ mit einem Grillkäse aus Elchmilch glücklich.

Prähistorisches

Dann geht es einmal zurück in die prähistorische Vergangenheit Skandinaviens. Im Museum Vitlycke bei Tanumshede treffen wir auf eine der größten Felsritzungen aus der Zeit um 1500 v. Chr. Björn erklärt auf Englisch und in Gebärdensprache, dass die Menschen in der grauen Vorzeit die Götter für anstehende Reisen oder andere Ereignisse gerne mit Abbildungen auf Felsgestein gewogen stimmen wollten. Mit Steinen, Hammer und Bronzemeißel klopften sie Abbildungen von Schiffen, Tieren und Menschen in den Fels. Die rote Farbe gab es damals noch nicht, sie wurde erst in der jüngeren Vergangenheit von den Archäologen für die bessere Erkennbarkeit aufgebracht.

Die Darstellungen liefern erstaunliche Erkenntnisse über das überraschend umtriebige Reiseverhalten unserer Vorfahren. So werden Schwerter gezeigt, die es sonst nur im Tauerngebirge oder im Schwarzwald gab. Bei der Radiokohlenstoffanalyse des Haares einer weiblichen Mumie wurde erkannt, dass sie zweimal den Weg von Skandinavien nach Spanien und zurück bewältigt haben muss. Camper, die ähnlich oft und weit unterwegs sind, reisen heute gewiss wesentlich komfortabler.

Dass Schweden auch im Inland auf dem Wasser lebt, zeigt die Fahrt zum Aquädukt von Haverud. Die Überführung des Dalsland-Kanals über eine Schlucht ermöglichte den Frachtverkehr zwischen dem Vänernsee und den weiter westlich gelegenen Gewässern, an denen sich einst Holz- und Metallindustrie angesiedelt hatten. Als der Vorrat an Brennholz dort zur Neige ging, entschloss sich die schwedische Regierung zum Bau eines Kanals, auf dem Erze und Holz zu den Hütten und Sägewerken transportiert werden konnten. Er wurde 1868 fertiggestellt und überwindet 66 Höhenmeter. Heute wird er ausschließlich für touristische Zwecke genutzt.

Die Heimat von Saab

In Trollhättan, der einstigen Heimat der schwedischen Kultmarke Saab, wartet nicht nur ein besuchenswertes Automuseum, sondern auch ein weiteres Kanal-Spektakel auf die Reisenden. Der parallel zum Fluss Äkers Sjö verlaufende, künstlich erschaffene Trollhättan-Kanal ist Teil des Göta-Wasserwegs, der Ostsee und Kattegat verbindet. In Trollhättan gibt es die historische Schleusenanlage zu bestaunen, die mit ihre neun Kammern stolze 32 Meter Höhenunterschied bewältigt, sie wird heute noch von Freizeitkapitänen und Frachtschiffen benutzt. Der aufgestaute Fluss wird einmal im Jahr entfesselt, wenn am Vattens Daggen die Schütze geöffnet werden und sich bis zu 300.000 Liter Wasser in der Sekunde in die Schlucht ergießen. Früher konnte das Schauspiel, mit dem auch der Pegel des Vänarnsees reguliert wurde, auch mittwochs bis sonntags ab 15 Uhr bestaunt werden, heute verbietet die anhaltende Trockenheit das Spektakel. Ein Spaziergang durch die Schleusenanlagen oder eine Führung durch die Turbinenhallen der gewaltigen Wasserkraftwerke Hojum und Olidan lohnt jedoch allemal. Der Energiekonzern Vattenfall hat seinen Ursprung in diesen Kraftwerken.

Den letzten Abend in Schweden verbringen wir auf dem Campingplatz Liseberg mitten in Göteborg. Er ist gut besucht, vermutlich auch wegen des Doppel-Konzerts von Bruce Springsteen und stramm durchorganisiert. Vom Boss und dem Vergnügungspark ist nachts kein Mucks zu hören, auch die übrigen Bewohner geben sich sittsam. Wie gesagt, es herrscht ein straffes Reglement. Mit der Straßenbahnlinie 5 gelangt man von hier direkt ins Stadtzentrum, der Platz ist ohne die Nutzung der gebührenpflichtigen Straßen in Göteborg zu erreichen (City-Maut). Apropos Mucks. Vom gefürchteten skandinavischen Mücken-Ansturm blieben wir verschont. Während des gesamten von uns auf drei Wochen verlängerten Schweden-Trips haben wir keinen einzigen Mückenstich erlitten.

Die Rückreise zeigt, dass auch der Schwede gerne mit dem Reisemobil unterwegs ist. Einen Stellplatz zu finden ist in der Hauptsaison im Juni und Juli entlang der Küste nicht einfach. Besonders am Wochenende kommt man ohne langfristige Reservierung nur zweitklassig unter. Wer sich mit den hinteren Reihen, nicht am Steg, sondern an der Straße in den Marinas zufrieden gibt und auch mal eine Nacht ohne Stromversorgung auskommt, wird jedoch allemal fündig.

Für uns aber ist klar, dies war nicht der letzte Besuch im Land der Elche, Schären und Seen. Zumal sich die Temperaturen dort im Juli und August zwischen moderaten 20 und 28 Grad bewegen. Da haben uns die erschreckenden Wetterberichte aus Italien oder Spanien in den abendlichen Nachrichten im wahrsten Sinne des Wortes kalt gelassen. (cen/mk)

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Mit dem Camper in Südschweden.

Mit dem Camper in Südschweden.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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Öresundbrücke.

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Mit dem Camper in Südschweden (im Hintergrund die Öresundbrücke).

Mit dem Camper in Südschweden (im Hintergrund die Öresundbrücke).

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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Gustav-Adolf-Statue in Göteborg.

Gustav-Adolf-Statue in Göteborg.

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Vergnugungspark Lieberg in Göteborg.

Vergnugungspark Lieberg in Göteborg.

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Marina am Campingplatz Johannesvik in Kungsham, Südschweden.

Marina am Campingplatz Johannesvik in Kungsham, Südschweden.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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Smögen, Südschweden.

Smögen, Südschweden.

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Elch im Gehege.

Elch im Gehege.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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Mit dem Wohnmobil in Südschweden: Elch in freier Wildbahn.

Mit dem Wohnmobil in Südschweden: Elch in freier Wildbahn.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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Museum Vitlycke bei Tanumshede, Südschweden.

Museum Vitlycke bei Tanumshede, Südschweden.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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Felsritzungen im südschwedischen Museum Vitlycke bei Tanumshede..

Felsritzungen im südschwedischen Museum Vitlycke bei Tanumshede..

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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Aquädukt von Haverud, Südschweden.

Aquädukt von Haverud, Südschweden.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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Saab-Museum.

Saab-Museum.

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Schleusen im schwedischen Trollhättan, der Heimat von Saab.

Schleusen im schwedischen Trollhättan, der Heimat von Saab.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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