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Rudi Mentär: Ausschlagen

"Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus." Das Frühlingslied kam schon immer etwas zu spät, hierzulande jedenfalls. Die Bäume halten sich nicht an das deutsche Liedgut, sondern schlagen regelmäßig schon im April aus. Selbst nach dem Superwinter dieses Jahres mit kräftigem Frost bis Mitte März tun sie das. Aber was ist das Ausschlagen überhaupt für Wort für die Begrünung der Natur? Warum dürfen Bäume ausschlagen, Veilchen aber nicht? Da ist die deutsche Sprache ungerecht.

Ausschlagen war lange Zeit eher etwas für die Pferde. Die tun das schon seit Jahrhun-derten und sorgten sofür manchen Toten auf den Verkehrswegen bis zu Berta Benzens sagenumwobener Dreiradtour von Mannheim nach Pforzheim, mit der sich, sozusagen, die Haupttodesursache im Verkehr vom Pferd auf das Auto zu verlagern begann.

Doch es dauerte, bis es soweit war. So mancher Bundesbürger der älteren Generation kann sich noch daran erinnern, wie das ist, wenn so ein Gaul durchdreht und mit seinen Hinterhufen ausschlägt. Heute kennen allenfalls noch die Reiter diese Unart vergrätzter Vierbeiner. Und den kriegszeitbedingten ekelhaften Hautausschlag namens Krätze kennen heute nicht einmal mehr die Hautärzte, jedenfalls hierzulande.

Ausschlagen war und ist aber auch ein friedlicher Begriff im menschlichen Miteinander. Man schlug - und schlägt - etwas aus, das man nicht haben will oder darf, häufig verbunden mit einem freundlichen "danke". Etwa bei Tisch, wenn ihm oder ihr etwas zu essen oder trinken angeboten wird, er oder sie aber nichts mehr in sich hineinstopfen oder hineinschütten mag oder darf.

Allerdings - die Trennungslinie zwischen mögen und dürfen beim Ausschlagen zu finden fällt gelegentlich schwer. (ampnet/rm)

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