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Kommentar: Etikettenschwindel

Nun wurde das Wort „Abwrackprämie“ auch noch prämiiert. Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat es heute als das Wort des Jahres dargestellt, dicht gefolgt von den „kriegsähnlichen Zuständen“. In der Vergangenheit konnte man oft den Eindruck gewinnen, dass beide Begriffe auch inhaltlich zusammenhingen; denn allzu Viele hatten der Abwrackprämie, die eigentlich „Umweltprämie“ hieß, den Krieg angesagt.

Dass sich niemand an den offiziellen Begriff „Umweltprämie“ hielt, hat mit den Medien zu tun. Ältere Autoren erinnerten sich gern an die Prämie, die Europa zahlte, wenn seit 1989 ein Binnenschiff abgewrackt wurde. Die Versuchung war zu groß, den wenig aussagenden Begriff „Umweltprämie“ gegen einen bereits eingeführten und viel drastischeren auszutauschen. Der hatte etwas mit Schrott zu tun und traf die Sache eher als der Name „Umweltprämie“, der – trotz unleugbarer Vorteile neuer Autos beim Umweltschutz und der Verkehrssicherheit – doch immer den Ruch des Blauäugigen innehatte und von vielen als Etikettenschwindel betrachtet wurde.

Nun ist alles gelaufen; die deutschen Automobilanbieter können auf ein Jahr mit rund 3,8 Millionen Neuzulassungen zurückblicken. Viele von ihnen werden auch im neuen Jahr noch damit befasst sein, die Auftragsüberhänge aus 2009 abzuarbeiten. Für das kommende Jahr rechnen die Experten mit einem Gesamtmarkt, der um rund eine Million Fahrzeuge tiefer ausfallen wird. Viele sprechen deswegen immer noch von einem nur vorgezogenen Kaufanreiz, der dazu führt, dass 2010 die Kunden ausblieben.

Aber immerhin hat die Prämie der mit Abstand wichtigsten Branche der deutschen Industrie durch das tiefe Tal geholfen. Und sie hat alle Beteiligten die Chance gegeben, sich auf einen Normalmarkt in Deutschland zwischen 2,8 Millionen und 3,2 Millionen Fahrzeuge auch für die Zukunft einzustellen. Hersteller, Händler und Dienstleister rund ums Auto haben diese Chance hoffentlich genutzt und sich auf schlechtere Zeiten eingestellt. Denn auch die Rekordzuwächse der Importmarken werden sich nicht wiederholen lassen.

Gestern noch hatte der Verband der Importeure darauf hingewiesen, dass die die „Umwelt-Abwrackprämie“ der Anteil der importierten Fahrzeuge auf rund 40 Prozent gewachsen sei. In Medien klang das dann wieder so, als habe der deutsche Staat ausländische Arbeitsplätze gesichert. Diese schlichte Sicht auf die Dinge relativiert sich schnell, wenn man mal unter das Blech schaut und dann erkennt, wie viel deutsche Zulieferung auch im importierten Auto stecken.

Außerdem haben die Marken des VW-Konzern am meisten „abgesahnt“, und auch Ford oder Opel hat die Prämie geholfen. Bei den Händlern der Premium-Hersteller hat die Prämie dafür gesorgt, dass die teuren Gerauchten vom Hof verschwunden sind.

Mag sein, dass ein solches staatliches Konjunkturprogramm für nur eine Branche ordnungspolitisch als Sündenfall gewertet werden muss, besonders angesichts der weltweiten Überkapazitäten im Automobilbau. Aber der Staat hat sich seine fünf Milliarden für die Prämie über die Mehrwertsteuer zurückgeholt, und die Automobilwirtschaft bekam die Gnadenfrist, die sie brauchte, um sich auf die neuen Zeiten einzustellen. Auch deswegen geht es uns allen ein wenig besser als unseren Nachbarn. Nun können wir hoffen, dass es keiner neuen Abwrack-Umweltprämie mehr bedarf. (ampnet/Sm)

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Peter Schwerdtmann

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