Sommer 2011: Der tägliche Kampf um jeden Sonnenstrahl

Durchhalteparolen für Reisende erreichen in diesem Sommer neue Rekordzahlen. Es gibt kein schlechtes Wetter; es gibt nur ungeeignete Kleidung, hört man besonders unter den Nordlichtern der Touristen. Wir zählen dazu. Doch für mein Volumen gibt es keinen winddichten und wärmeisolierenden Neopren-Anzug. So beneide ich die jungen Damen und Herren, die Windsurfen oder Kiten, nicht nur ihrer Fähigkeiten wegen. Mir bleibt nur, jeden einzelnen Sonnenstrahl auszunutzen.

Dazu gehört ein Plan, sorgfältig bedacht und mit der Familie besprochen. Denn wenn die Sonne durch die Sturmwolken bricht und der Schauer endet, muss alles wie ein Uhrwerk funktionieren. Also muss meine Frau einverstanden sein, unsere ältere Tochter samt Mann und Tochter und unsere zweite Tochter. Wir Männer haben inzwischen eine Taktik entwickelt, von der wir wissen, dass sie so stark zieht, dass wir auch einmal ein Thema aus unserem Interessenbereich einbauen können. Deswegen beginnt jeder Plan mit dem Punkt Einkaufen.

Da aber Oma, Mama und Tante zunächst den Protest unserer Fünfjährigen vermeiden wollen, geht manchmal sogar der Spieltrieb der Kleinen vor. Beim ersten Wechselhaftes-Wetter-Ausflug rollten wir alle gemeinsam im Mercedes-Benz Viano in die Mitte Jütlands, nach Billund ins Legoland. Bei schlechtem Wetter wird es da nicht so voll sei, vermuteten wir – zu Unrecht. Andere waren des lieben Friedens willen auf die gleiche Idee gekommen – viele andere.

Vielleicht lag es auch an der Sonderausstellung mit Szenen und Figuren aus der „Star Wars“-Reihe. Jedenfalls waren viele Väter bereit, je Erwachsenem 37 Euro und je Kind 33 an der Kasse zu lassen. Danach erwartet sie eine bunte Welt mit Attraktionen für Enkel und Opas, mit genügend Dächern zum Unterstellen bis zum nächsten Sonnenstrahl und dem Angebot, für knapp vier Euro einen Plastiküberwurf mit Lego-Logo zu erwerben. Bei starkem Regen drängen sich viele Menschen in den Shops. So weiß man nicht, was den Betreibern lieber ist: Sonne für die Fahrerlebnisse oder Regen für den Shop-Umsatz.

In unserem Fall enttäuschte uns der Shop, denn mein männlicher Verbündeter ist Lego-Fan, so sehr, dass wir bei Besuchen erst einmal den Kampfstern oder das Flugzeug aus Legoteilen zur Seite räumen müssen. Er suchte den Unimog, den Lego und Mercedes-Benz zum 60-jährigen des Unimog herausgebracht haben, der in Deutschland schon vergriffen ist. Der war auch im Legoland vergriffen; der Besuch für ihn also teilweise vergeblich.

Doch selbst im Urlaub ist das Leben manchmal gerecht. Ausgerechnet bei anschließendem Shopping in einer Kleinstadt fand er einen Bausatz, zwar in einem ramponierten, aber unbeschädigten Karton zum Listenpreis 1499 dänische Kronen oder rund 200 Euro für 2047 Teile. Für ihn stellt sich die Frage nach dem Wetter nun nicht mehr.

Er baut. Und wir warten wieder auf eine Chance, den einzigen Sonnenstrahl des Tages zu nutzen. Er macht nur einen Fehler: Er baut zu schnell. Die erste Nacht hat er schon hinter sich. Und ab heute Nachmittag wird er wieder mit uns auf eine Gelegenheit warten, in den Viano zu springen und der Sonne hinterherzufahren. Seinen Unimog wird er im Ferienhaus zurücklassen müssen.

Und am Schluss werden wir noch vor der Frage stellen, wie wir das Modell unbeschädigt nach Hannover schaffen können. Wir sind zwar mit einem langen Viano unterwegs, doch der war auf der Hinfahrt schon voll, und die Muscheln von unserer Enkelin müssen auch mit. (ampnet/Sm)