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Praxistest Leapmotor C10 REEV: Wer piept denn da?

Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen – so lässt sich das Grundkonzept des SUV-Modells Leapmotor C10 REEV zusammenfassen. Denn die Buchstabenfolge REEV steht für „Range Extended Electric Vehicle“. Das heißt: Der Wagen fährt elektrisch, und der Akku wird bei Bedarf während der Fahrt von einem Benzinmotor an Bord wieder aufgeladen. Das Dauer-Dilemma-Thema der Elektromobilität, die so genannte Reichweitenangst, soll so gar nicht erst auftreten. Und gleichzeitig umgeht der chinesische Hersteller Leapmotor die EU-Zölle auf chinesische Elektroautos: Denn ein Range-Extender-Modell gilt nicht als E-Auto.

„Elektrofahrzeuge mit erweiterter Reichweite“, wie Leapmotor seine Range-Extender-Modelle nennt, erfreuen sich in China bereits seit fünf Jahren stetig wachsender Beliebtheit. Vergangenes Jahr wurden in Fernost erstmals mehr als eine Million Fahrzeuge mit dieser Antriebstechnologie verkauft. Die funktioniert beim Leapmotor C10 REEV wie folgt: An Bord ist ein 28,4-kWh-Akku, der Energie für bis zu 145 Kilometer elektrische Reichweite speichert. Zusätzlich ist ein 50-Liter-Benzintank eingebaut. Aus dem holt sich der Verbrenner den Kraftstoff, wenn der Fahrer das wünscht oder sobald die Energie in der Batterie zur Neige geht. Angetrieben wird der Wagen, anders als ein Plug-in-Hybrid-Fahrzeug, allerdings ausschließlich von der E-Maschine. Die sitzt an der Hinterachse und leistet bis zu 158 kW (215 PS).

Die Reichweite, die dank Range Extender insgesamt zurückgelegt werden kann, erhöht sich beim Leapmotor C10 so auf bis zu 974 Kilometer. Spätestens dann muss der Wagen wieder aufgetankt werden, oder aber der Akku muss aufgeladen werden. Das funktioniert mit bis zu 65 kW auch an der Schnellladesäule.

Auf dem Papier klingt das interessant. Tatsächlich ist es auch in der Realität ein bemerkenswertes Erlebnis. Im Normalbetrieb fühlt sich die Fahrt im C10 REEV an, als würde man ein herkömmliches E-Auto bewegen. Der Wagen zieht flott an, knackt in 8,5 Sekunden die Tempo-100-Marke und die Geräuschkulisse ist – wie bei jedem Stromer – angenehm leise. Erst wenn sich der Benzinmotor als Strom-Generator für die Batterie zuschaltet, ist der Sound gewöhnungsbedürftig. Denn Motorengeräusch und Fahrverhalten sind nicht miteinander gekoppelt. Auch wenn das Gaspedal voll durchgetreten wird, surrt der 1,5-Liter-Benziner weiterhin monoton vor sich hin.

Positiv jedoch ist: Die Verbrauchsangaben des Herstellers sind deutlich realistischer als bei vielen Fahrzeugen mit Plug-in-Hybridantrieb. Im Schnitt verspricht Leapmotor einen Verbrauch von 6,4 Litern pro 100 Kilometer. Es ist exakt der Wert, der auf dem 14,6-Zoll-Touchscreen im Fahrzeug nach der Testfahrt angezeigt wird. Und das, obwohl zur Tour ein längerer Abschnitt über die Autobahn zählte, bei dem die mögliche Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h erprobt wurde.

Bemerkenswert ist, typisch für chinesische Modelle, der Preis. Leapmotor bietet den C10 als reine Elektrovariante (425 Kilometer Reichweite) und auch als Range-Extender-Fahrzeug zum exakt gleichen Verkaufspreis an: 37.600 Euro kostet die Einstiegsvariante Style. Bei der ist bereits allerlei Equipment serienmäßig an Bord. Etwa ein sechsfach elektrisch verstellbarer Fahrersitz, ein Panoramadach mit elektrischem Sonnenschutz, eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, eine 360-Grad-Kamera, eine Wärmepumpe, eine 7.1-Soundanlage mit zwölf Lautsprechern sowie diverse Assistenzsysteme.

Mit der Zusatzausstattung Design (39.100 Euro) kommen dann noch Features wie getönte Heck- und hintere Seitenscheiben sowie Ambiente-Licht und 20-Zoll-Leichtmetallfelgen hinzu. Elektrisch, aber auch mit Range-Extender an Bord, gibt es in dieser Fahrzeugklasse kein Modell, das vom Preis-Leistungsverhältnis mit dieser Ausstattung mithalten kann. Gerade die 360-Grad-Kamera ist wirklich klasse. Sie zeigt ein gestochen scharfes Bild und vereinfacht das Rangieren merklich.

Doch der Leapmotor C10 hat auch Schwächen. Das fängt schon bei der Vernetzung des Infotainmentsystems mit dem Smartphone an. Apple Carplay oder Android Auto werden nicht unterstützt. Warum? Den Google-Dienst gibt es in China nicht, und Apples Programm wird nicht von allen Herstellern genutzt. Das Connectivity-Erlebnis leidet. Das ist gerade für ein chinesisches Auto, bei dem für europäische Geschmäcker meist eher zu viele digitale Funktionen an Bord sind, ein Downgrade. Immerhin ein buntes Gimmick findet sich im Testwagen, und zwar wortwörtlich. Die Ambientebeleuchtung wechselt auf Wunsch im Rhythmus der Musik die Farbe. Das ist gerade bei Dunkelheit ein witziges Feature. Allerdings eines, das während der Fahrt auch ablenkend wirken kann.

Damit passt es so gar nicht zum Rest des Autos. Denn der Leapmotor piept permanent, die Sicherheitssysteme sind scheinbar ständig in Sorge. Wenn eine Geschwindigkeitsbeschränkung erkannt wird, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch nur minimal überschritten wird, wenn sich ein Fahrzeug nähert – und wenn man auch nur einen Augenblick auf den Touchscreen schaut, um in einem der vielen Untermenüs das Dauer-Gepiepe zu deaktivieren. Auch als Befürworter der ADAS-Systeme – denn schließlich ist auch eine minimale Tempo-Überschreitung eben genau das: eine zu hohe Geschwindigkeit – stößt man beim Leapmotor C10 an die Grenzen dessen, was zumutbar ist.

Die Lenkung ist vergleichsweise buttrig und erinnert stark an das Fahrverhalten mancher französischer Modelle. Es passt jedoch zum gemütlichen Eindruck im Auto: Zu den angenehm gepolsterten Silikonledersitzen zum Beispiel, die auch belüftet und beheizt werden können. Gestört wird dieser Eindruck wiederum von einem übergriffig anmutenden Spurhalteassistenten, der bei Aktivierung jede Linienmarkierung auf der Fahrbahn zum Anlass nimmt, sich einzuschalten und die Lenkung dann regelrecht blockiert. Nur mit einem fast aggressiven Griff am Volant, kann das Lenkrad wieder bewegt werden. Es bleibt offen, ob die chinesischen Fahrgewohnheiten wirklich so anders sind als die der Europäer. Oder aber, ob es sich einfach um eine noch nicht ganz ausgereifte Entwicklung handelt. In jedem Fall erwischt man sich früher oder später dabei, die Systeme über den Touchscreen vollständig ausschalten zu wollen. (aum)

Daten Leapmotor C10 REEV

Länge x Breite x Höhe (m): 4,74 x 1,90 x 1,68
Radstand (m): 2,82
Antrieb: E-Motor, RWD, R4-Benziner
Leistung: 158 kW / 215 PS
Verbrenner: 65 kW / 88 PS
Max. Drehmoment E-Motor: 320 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,5 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch bei entladener Batterie: 6,4 Liter
CO2-Emissionen: 10 g/km
Testverbrauch: 6,4 Liter
Batteriekapazität: 28,4 kWh
Leergewicht / Zuladung: min. 1950 kg / max. 460 kg
Kofferraumvolumen: 400–1375 Liter
Max. Anhängelast ungebremst: 750 kg
Basispreis: 37.600 Euro
Testwagenpreis: 39.100 Euro

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Photo: Stellantis via Autoren-Union Mobilität


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