Die aktuelle Krise in der Automobilindustrie geht auch an Mahle nicht spurlos vorüber: Der Autozulieferer blieb im vergangenen Jahr eine Milliarde Euro unter dem Rekordwert von 2023. Mit den Einnahmen in Höhe von 11,7 Milliarden Euro (-5,6 Prozent) hat Mahle dennoch eine Umsatzrendite von 3,6 Prozent erzielt. „Wir haben das nur geschafft, weil wir in allen Bereichen an unserer Effizienz gearbeitet haben, angefangen vom Vorstand“, sagte Vorstandschef Arnd Franz am Rande der Bilanzpressekonferenz in Stuttgart. So konnte der weltweit operierende Konzern mit seinen 67.708 Beschäftigten einen operativen Gewinn von 304 Millionen Euro einfahren.
Einer der Gründe, dass Mahle überhaupt noch einen Gewinn erzielt hat: Die Größe der Belegschaft wurde den sinkenden Verkaufszahlen angepasst. 2023 hatten noch 72.373 Menschen für Mahle gearbeitet. Auch in der Geschäftsleitung wurde gespart: Die Zahl der Vorstände wurde von sieben auf vier Mitglieder verkleinert. „Wir sparen auf allen Ebenen“, sagt Franz. Das sei im Unternehmen gut angekommen. Darüber hinaus hat der Konzern seinen Anteil am Joint Venture Behr-Hella Thermocontrol (BHTC) und sein Erstausrüstungsgeschäft mit Thermostaten verkauft. Außerdem wurden Vertriebs- und Verwaltungsstrukturen optimiert und nicht benötigte Immobilien verkauft. So konnte Mahle die hohe Verschuldung 2024 um 186 Millionen Euro auf 1,2 Milliarden Euro reduzieren.
Wie es 2025 weitergeht, ist unsicherer denn je. Denn die Autokonjunktur leidet nicht nur unter den schwachen Nachfrage in Nordamerika, China und Europa, sondern insbesondere unter den Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump. Zusätzlich zu dem nötigen Abbau an Kapazitäten durch das mögliche Verbrennerverbot in Europa „kommen nun massive Belastungen durch die jüngst verhängten US-Zölle auf sämtliche Einfuhren hinzu. Für uns als global agierender Konzern, der für freien und fairen Handel einsteht, ist diese Handelspolitik nicht nachvollziehbar“, sagt Franz.
Nach der Zollankündigung haben mehrere Autowerke in Mexiko, die von Mahle mit Teilen beliefert werden, die Produktion unterbrochen. Produktionskapazitäten von Mexiko und Kanada in die USA zu verlegen, wie sich Donald Trump das vorstellt, sei aber gar nicht möglich, sagt Franz: „Wir brauchen für solche Investitionen zehn bis zwölf Jahre, bis sie sich auszahlen. Wer weiß bei der Situation in den USA schon, was in zwölf Jahren passiert.“ So bleibt Mahle wie der gesamten Autoindustrie wenig anderes möglich, als die Folgen der rigorosen Zollpolitik der US-Regierung durch weitere Kostensenkungen zumindest teilweise abzufedern.
Hinzu kommt eine unsichere politische Situation auch in Europa. Stichwort: Verbrennerverbot. Mahle hat in den vergangenen Jahren viel in die E-Mobilität investiert. Der größte Auftrag in der Geschichte des Unternehmens, den Mahle vergangenes Jahr eingefahren hat, war die Bestellung von Thermomodulen für ein Elektrofahrzeug. Solche Systeme werden gebraucht, um in Elektroautos die Temperatur von Innenraum, Batterie und Motor zu regulieren.
Doch nach wie vor arbeiten zwei Drittel der Mahle-Beschäftigen an Komponenten für Verbrennungsmotor: „80 Prozent der Arbeitsplätze in diesem Bereich fallen durch das Verbrenner-Verbot weg“, so Franz. Ab 2035 hat die EU ein Verbot für Pkw ausgesprochen, die beim Betrieb CO2 emittieren. Damit sind Hybride und Verbrenner ebenfalls nicht mehr zulassungsfähig, selbst wenn sie mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. Franz: „Gemessen wir leider nur am Auspuff.“
„Kurzsichtig und auch dem Klimaschutz nicht nützlich“, nennt der Mahle-Chef dieses Vorgehen. Zwar hat EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen angekündigt, diese Regelung zu überdenken, aber, so Franz: „Wir haben noch 12 bis 24 Monate Zeit, daran etwas zu ändern. Sonst ist der Zug abgefahren.“ Denn die Autohersteller brauchen auch an dieser Stelle Planungssicherheit.
Mahle fordert einen technologieoffenen Ansatz, der es auch ermöglicht, nach 2035 klimaneutrale Verbrennungsmotoren zu bauen. So steht es zwar auch im Koalitionsvertrag von CDU und SPD – doch ist dieses Ziel wenig konkret.
Mit Produkten für die Verteidigung wird Mahle den Rückgang im klassischen Autogeschäft nicht ausgleichen können: „Wir beliefern auch Waffenhersteller zum Beispiel mit Kolben und Thermotechnik. Aber die Volumen aus diesem Geschäft werden auch nicht ansatzweise den Rückgang der Beschäftigung durch ein Verbrennerverbot kompensieren.“
Profitieren kann Mahle von dem Trend, dass Autos immer länger gefahren werden – in Deutschland mittlerweile elf Jahre: Der einzige Geschäftsbereich, der 2024 zulegte, war der Aftermarket mit Ersatzteilen und Werkstattausrüstung: 1,3 Milliarden Euro erlöste das Unternehmen damit – 6,2 Prozent mehr als im Vorjahr.
Dem Ziel, bis 2030 die CO2-Emission des Unternehmens um 49 Prozent verglichen mit 2019 zu senken, ist Mahle im vergangen Jahr einen großen Schritt näher gekommen. Die Emissionen durch die Stromerzeugung und das Verbrennen von fossilen Energieträgern wie Gas und Öl wurde im vergangenen Jahr um 47 Prozent reduziert. Mahle investiert auch ungebremst in der Forschung und Entwicklung von CO2-neutralen Antrieben: 630 Millionen Euro hat das Unternehmen insgesamt für F&E ausgegeben. Franz: „Circa 70 Prozent der Patentanmeldungen betrafen die Elektrifizierung.“ Niemand wird dem Unternehmen also mangelndes Engagement in Sachen Elektromobilität nachsagen können. (aum)
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