Der plötzliche Absturz des Absatzes von Tesla-Modellen stellt am wenigsten eine Folge des wachsenden Wettbewerbs dar. Wir erleben ein in seinen Auswirkungen bisher einmaliges Beispiel dafür, dass Unternehmer mit Aktionen abseits ihres eigentlichen Geschäfts ihr Unternehmen und dessen Marke auch an den Rand des Ruins bringen können.
Ein ähnlich brutaler Niedergang an der Börse ist einem weltweit agierenden Automobilunternehmen wohl noch nie passiert. An einem einzigen Tag stürzte der Aktienkurs von Tesla, US-amerikanischer Produzent von E-Autos, Batterien und Photovoltaik mit Sitz in Austin/Texas, am Beginn der zweiten Märzwoche um mehr als 15 Prozent ab. Doch damit nicht genug. Seit Dezember 2024, als sich der Tesla Kurs nach der Wahl von Donald Trump am 4. November zum US-Präsidenten auf 488,54 Dollar pro Aktie verdoppelt hatte, sind davon inzwischen nur noch 44 Prozent übriggeblieben.
Für seinen geschäftsführenden Direktor Elon Musk bedeutet das einen persönlichen Verlust von 148 Milliarden Dollar. Damit ist er zwar immer noch der reichste Mensch der Welt. Denn allein sein Unternehmen Tesla kommt immer noch auf einen Börsenwert von über 700 Milliarden Dollar. Das gilt allerdings als hoffnungslos überteuert. Doch davon später. Zum Vergleich: Ford ist zurzeit knapp 40 Milliarden und General Motors etwa 48 Milliarden Dollar wert.
Zwei Gründe tragen die Hauptschuld am schwarzen Montag für Tesla. Da ist einmal das Hü- und Hott des Psychopathen im Oval Office, der die Anleger an der New Yorker Wall Street mit seiner Politik der Strafzölle, wegen mangelnder Planungssicherheit der Wirtschaft und wachsender Sorge vor Inflation und Rezession in Angst und Schrecken versetzt. Obendrauf schaffen Tesla und sein Boss selbst Ursachen für den Niedergang: Als Kostenkiller des Staatsapparats im Auftrag Trumps sind Musk und seine Gehilfen seit Wochen mit der Kettensäge in staatlichen US-Behörden unterwegs und schlagen alles kurz und klein was ihnen und ihrem Präsidenten nicht passt.
Für Musk bedeutet das: Er hat keine Zeit mehr, sich um die nahezu unübersehbare Vielzahl seiner Aktivitäten zu kümmern. Und denen geht es mittlerweile schlecht. Sein Weltraum-Unternehmen SpaceX machte zuletzt hauptsächlich mit explodierenden Raketen von sich reden, bei seiner Online Plattform X, die früher Twitter hieß und für die er 44 Milliarden Dollar hinblätterte, lösen sich Werbeeinnahmen in Luft auf. Zudem musste er per Kredit weitere Milliarden Gelder zuschießen. Ganz zu schweigen vom Zustand seiner Vorhaben wie der Boring Company (Verkehrswesen in unterirdischen Tunneln), Neuralink (Gehirnimplantate zur Kommunikation zwischen Mensch und Computer) oder Solar City (Solarstromanlagen, wurde 2016 von Tesla übernommen). Von Gewinnen aus den zuletzt genannten Aktivitäten ist weit und breit nichts zu sehen.
Besonders bedrohlich entwickelt sich jedoch die Situation von Tesla. Während sich wirtschaftliche Probleme bei Tesla bereits im vergangenen Jahr andeuteten, brach die Nachfrage nach Modellen des Unternehmens Januar und Februar 2025 weltweit drastisch ein. Das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg registrierte für Januar 2025 genau 1277 und im Februar 1429 neu zugelassene Tesla-Fahrzeuge – fast 60 Prozent weniger als im Januar 2024 und 71 Prozent weniger als im Februar des Vorjahres.
Ein ähnliches Bild zeigten weitere Märkte. In den Niederlanden schafften sich im Februar ein Viertel weniger Leute einen neuen Tesla an, in Schweden 42 Prozent, in Frankreich 45 Prozent, in Dänemark und Norwegen 48 Prozent, in Italien 55 Prozent und in Australien gar 66 Prozent. Sogar im Reich der Mitte, dem größten Markt für E-Autos, legten sich im Februar 49 Prozent weniger Chinesen einen Tesla zu. Zur gleichen Zeit steigerte der chinesische Tesla-Konkurrent BYD seine Verkäufe dort um 90,4 Prozent.
All das liegt zunächst daran, dass die E-Auto-Konkurrenz längst aufgewacht ist. Europäische und chinesische Personenwagen mit batterieelektrischem Antrieb haben in punkto Qualität und Technik mit Musks Modellen zumindest gleich gezogen. Ob die Vorschuss-Lorbeeren für das Facelift des Modells Y halten, was sie versprechen, muss sich erst zeigen.
Hinzu kommen juristische Probleme für Tesla im Heimatland. Dort steht beispielsweise das Assistenzsystem Autopilot nach mehreren Unfällen im Visier von Untersuchungen der Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA. Sie wird auch eine wichtige Rolle für eine Zulassung der von Musk angekündigten selbstfahrenden Robotaxis spielen. Er will bei den autonom fahrenden Wagen auf die teureren Laser-Radare verzichten und allein auf Kameras setzen. Laser-Radare sind aus Sicht vieler Experten aber unverzichtbar, damit selbstfahrende Autos sicher im Straßenverkehr unterwegs sind.
Außerdem: Wer will sich in ein Auto eines praktizierenden Rechtsradikalen setzen? Musk verbreitet gerne Fake News im Internet und leugnet die Gefahren des Klimawandels. Er beschimpft Regierungschefs anderer Staaten und unterstützt rund um den Globus rechte Parteien. In Deutschland machte er sich für die AfD stark und beschimpfte Bundeskanzler Olaf Scholz als „unfähigen Idioten“ und nannte Bundespräsident Walter Steinmeier „antidemokratischer Tyrann".
Es steht schlecht um Elon Musk. So schlecht, dass die angesehene Tageszeitung „New York Times“ kürzlich leitartikelte: „Seine Blase könnte bald platzen. Das Geschäftsimperium von Elon Musk gerät ins Wanken." Und Musk selbst? Er tut nichts dagegen. Im Gegenteil. Es scheint ihn nicht zu interessieren. Das mag möglicherweise unter anderem an seinem Asperger-Syndrom liegen, unter dem er leidet, wie er vergangenes Jahr öffentlich bekannte. Dabei handelt es sich um eine milde Form des Autismus, der bei betroffenen Menschen soziale Interaktion und Kommunikation erschwert.
Aber keine Bange: Verarmen wird der Multi-Milliardär so schnell nicht. Zwar pflegt er Bankkredite mit seinen Tesla-Wertpapieren abzusichern, wobei ein deutlicher Rückgang beim Tesla-Aktienkurs für ihn zum Problem werden könnte. Denn bei solchen Geschäften sind oft weitere Sicherheiten erforderlich, wenn der Kurs unter bestimmte Grenzwerte fällt. Trotzdem bleibt ihm noch genug, täglich zweimal warm essen zu können und ein luxuriöses Leben zu führen
Immerhin aber sah sich US-Präsident Donald Trump sogar neuerdings genötigt, für Musk und Tesla Reklame zu machen. Vor dem Weißen Haus versuchte er die Autos der Firma seines Freunds und Beraters schmackhaft zu machen, ließ dort mehrere Tesla-Modelle auffahren und suchte sich eines der Elektroautos zum Kauf aus.
Im Gegensatz dazu hat sich in den USA eine Protestbewegung gebildet, die mit Aktionen gegen Tesla wirtschaftlichen Druck auf Musk ausüben möchte. Sie beschmierte zum Beispiel Tesla-Ladesäulen mit Hakenkreuzen oder rief zu Demonstrationen vor Tesla-Läden auf. Trump antwortete angesichts zunehmender Proteste, Boykottaufrufe und Angriffe gegen Tesla-Niederlassungen auf seine Weise: Er stuft Angriffe auf Elon Musks Unternehmen als Terrorismus ein.
Dabei liegt der Hintergrund dieser landesweiten Proteste weit tiefer, nämlich in der Kritik an Musks direktem Einfluss auf Politik und Wirtschaft, sowie an seiner engen Verbindung zur Trump-Regierung. Als informeller Berater des Präsidenten steht er mit seinen radikalen Maßnahmen, seiner Unterstützung für Trumps Politik und seinen provokativen Äußerungen im Focus der Proteste.
Deshalb geschieht ihm ganz recht, was jetzt mit ihm und Tesla passiert. (aum)
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