Stierkampfarena unter Strom

Kia-Chef Ho Sung Song verfolgt eine klare Strategie: „Wir wollen die Verbreitung der Elektromobilität weltweit beschleunigen. Das ist unsere unerschütterliche Haltung“, erklärte der Manager beim Kia EV Day im spanischen Tarragona. Der Veranstaltungsort, eine ehemalige Stierkampfarena, hatte dabei durchaus einen symbolischen Charakter. Der Kampf Mensch gegen Stier gehört in Katalonien seit einigen Jahren der Vergangenheit an, und bei Kia stehen die Zeichen eindeutig auf Abschied von der Verbrennertechnologie, verstärkt setzt die Marke auf elektrisch angetriebene Modelle.

In der historischen Kulisse zeigte das Unternehmen einen Ausblick auf die kommenden Modelle EV 4 und das neue Einstiegsmodell EV 2 in die elektrische Kia-Welt. Der EV 4 kommt in zwei Versionen auf den Markt. Mit der Fließheck-Variante beleben die Kreativen in Korea eine fast schon vergessene Karosserieform, die der Designphilosophie „Opposites united“, frei übersetzt „Gegensätze ziehen sich an“, folgt. Während die Schräghecklimousine im Crossover-Look als erstes Elektromodell der Marke für den europäischen Markt im slowakischen Werk Zilina produziert wird, entsteht die Fließheckversion in Korea. Der EV 4 wird gegen Ende des Jahres in Europa auf den Markt rollen. Der Einstiegspreis, so die Kia-Verantwortlichen soll bei 37.000 Euro liegen.

Als Basis wählten die Entwickler in Korea die 400-Volt-Varainte der Elektroplattform E-GMP (Electric Global Modular Platform), die entweder einen 58,3 kWh starken Akku oder für die Freunde der Langstrecke einen 81,4 kWh starken Energiespeicher nutzt. „Wir haben die 400-Volt-Technik gewählt, um so den Preis des Modells attraktiv zu gestalten“, erklärt ein Kia-Sprecher. Der 150 kW (204 PS) starke Antrieb beschleunigt den EV 4 je nach Version in 7,4 oder 7,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h, und bei 170 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Als Reichweite verspricht Kia für das Fließheck 630 Kilometer mit dem größeren Akku, und für die Schnellladung von zehn auf 80 Prozent vergehen bei optimalen Bedingungen 31 Minuten. Die 4,70 Meter lange Limousine erreicht dank des vollständig verkleideten Unterbodens einen cw-Wert von 0,23. Das fünftürige Schrägheck (4,40 Meter lang) kommt auf eine Reichweite von maximal 590 Kilometer. Der kleinere Akku steht für maximal 410 Kilometer.

Beim Fahrwerk wählten die Entwickler MacPherson-Federbeine vorne und eine Multilinkachse im Heck. Ein Dämpfersystem, bei dem erstmals in diesem Segment die dritte Generation der SFD3-Ventile eingesetzt werden, soll den Fahrkomfort optimieren. Gleichzeitig spendierten die Ingenieure dem Modell unter anderem einen digitalen Autoschlüssel, eine regenerative Bremstechnologie sowie die Aktualisierung der Software über das Smartphone. Das individuell einstellbare System i-Pedal 3 ist in allen Einstellungen des regenerativen Bremssystems nutzbar.
Während der EV 4 noch dieses Jahr auf den Markt rollt, kommt der kleine EV 2 erst 2026. Das kleinste E-Modell der Marke passt sich mit seinem Design nahtlos der Modellpalette an. Im Innenraum setzen die Kreativen bei der Studie, die allerdings weitgehend dem Serienmodell entspricht, nachhaltige Materialien ein und gestalteten eine übersichtliche Informationszentrale.

Dank des flexibel gestalteten Innenraums entsteht ein großzügiges Raumgefühl in dem 4,06 Meter messenden EV 2. Über die technischen Daten schweigen sich die Verantwortlichen noch aus, dafür verraten sie den Einstiegspreis, der bei rund 30.000 Euro liegen soll. Bleibt noch die Frage, ob es demnächst auch einen EV 1 geben wird – immerhin hat der Mutterkonzern Hyundai gerade den Inster auf den Markt gerollt. Darauf reagieren die Kia-Verantwortlichen eher zurückhaltend, räumen aber ein, dass darüber diskutiert wird. Vielleicht steht das Modell beim nächsten Kia EV Day als Konzeptfahrzeug auf der Bühne.

Neben den neuen Personenwagen zeigte Kia in Tarragona eine neue elektrisch angetriebene Transportergeneration, die die Plattform E-GMP.S nutzt. Der PV 5 ist der Auftakt zu einer Modellreihe, die in den kommenden Jahren weiter ausgebaut wird. Für das neue Segment entstand in Korea eine neue Fabrik mit einer Jahreskapazität von aktuell 150.000 Einheiten, die bei Bedarf verdoppelt werden kann. Der 4,70 Meter lange PV 5 kommt noch dieses Jahr in den drei Karosserieversionen Passenger, Cargo und als Chassis Cab auf den Markt. Als Reichweite versprechen die Kia-Entwickler 400 Kilometer, und auch hier kann der Akku in 30 Minuten von zehn auf 80 Prozent geladen werden. Zur Wahl stehen Energiespeicher mit 51,5 kWh und 71,2 kWh, der Motor leistet 120 kW (163 PS).

Für den PV 5 entwickelten die Ingenieure in Korea das sogenannte Flexible Body System, mit dem die unterschiedlichen Wünsche der Kundschaft erfüllt werden können. Neben den Standardmodellen ist so zum Beispiel eine rollstuhlgerechte Variante möglich. Außerdem arbeitet Kia mit den renommierten Ausrüstern zusammen, um die Baureihe für alle Ansprüche ausbauen zu können. Der Einstiegspreis wird bei den Mitbewerbern einiges Nachdenken erzeugen. Der Nettopreis ohne Mehrwertsteuer soll bei rund 30.000 Euro liegen. (aum)