Das Angebot ist verlockend: 46.599 Euro soll der vor etwas mehr als einem Jahr zugelassene E-Klasse-Mercedes kosten. Mit rund 26.000 Kilometern ist die Laufleistung überschaubar. Der Neupreis der Limousine lag bei mehr als 70.000 Euro. Bei dem günstigen Angebot handelt es sich allerdings um einen gebrauchten EQE, also einen Elektro-Mercedes, und die sind bei den Kunden momentan nicht sonderlich beliebt.
Für rund 51 Prozent der von der Zeitschrift „Kfz-Betrieb“ und Vogel Research befragten Händler sind gebrauchte Elektrofahrzeuge „so gut wie unverkäuflich“. Das gilt allerdings nicht für alle. Gefragt sind die jungen E-Mobile, die ein Jahr alt sind. Das wiederum ist eine schlechte Nachricht für den Handel, wenn zwei bis drei Jahre alte Leasingrückläufer auf den Hof rollen. „Insgesamt lassen vor allem die momentan noch hohen Preise und die Angst, eine veraltete Technologie zu erwerben, die Endverbraucher zögern“, bilanziert der aktuelle DAT-Report.
Die Situation wird sich, wenn die Zurückhaltung der Kundschaft gegenüber der Elektromobilität nicht ändert, in Zukunft noch weiter verschärfen. Im ersten Halbjahr ging der Absatz von E-Autos in Deutschland um 16,5 Prozent zurück. Die meisten Stromer werden nicht verkauft, sondern geleast und kehren nach Ablauf des Vertrags wieder zum Händler zurück. Der sieht sich dann mit einem Restwert konfrontiert, den er beim Verkauf nicht realisieren kann, und die Differenz muss dann der Handel tragen. „Aktuell ist das Angebot noch überschaubar“, erklärt Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) und Sprecher des Fabrikatshandels in Deutschland. „Wir rechnen aber damit, dass der Druck auf dieses Thema im kommenden Jahr deutlich wachsen wird.“
Die in den vergangenen drei Jahren zugelassenen und staatlich geförderten Fahrzeuge werden, so Peckruhn im Gespräch mit der Autoren-Union Mobilität, „in einer höheren Anzahl in den Handel zurückkommen, und bei den meisten Herstellern stimmen die vereinbarten Restwerte nicht. Sie wurden einfach zu hoch eingepreist“. Die Umweltprämie wurde bei den Herstellern als Leasing-Sonderzahlung verrechnet, und gleichzeitig der Restwert hoch angesetzt. So kamen geringe Leasingraten zustande. Rund 70 Prozent der Elektroautos werden über diesen Weg abgesetzt. Einige Händler exportieren gebrauchte E-Fahrzeuge inzwischen in Länder, wo die Elektromobilität positiver gesehen wird als in Deutschland, wie etwa in Norwegen oder Schweden.
„Die Umweltprämie hat den Preisunterschied gegenüber dem Verbrenner ausgeschaltet und den Kunden in die Lage versetzt, ein Elektroauto zu fahren. Wir haben damals auch viele Enyaqs an Privatkunden verkauft. Das endete abrupt mit dem Aus für die Prämie“, sagt Skoda-Händler Peckruhn.
Die privaten Kunden, die den größten Anteil bei gebrauchten Fahrzeugen stellen, beobachtet der ZDK-Vize, haben ohnehin eine große Zurückhaltung, wenn es um Elektromobilität geht. Im kommenden Jahr wird die Situation für den Handel aus seiner Sicht noch einmal schwieriger werden, weil durch die CO2-Vorschriften der EU wesentlich mehr Elektrofahrzeuge abgesetzt werden müssen als bisher. „Wir sehen zurzeit keine Signale, dass sich die Situation bei den privaten Kunden ändert.“ Während die sich zurückhalten, sieht Thomas Peckruhn bei den gewerblichen Kunden deutlich weniger Ablehnung der Elektromobilität. „Die wichtigsten Kunden für E-Mobile sind die gewerblichen Abnehmer, weil viele Betriebe so ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen.“
Um den Verkauf von Elektroautos im kommenden Jahr zu steigern, „werden wir“, so Peckruhn, „Preisschlachten erleben wie noch nie, denn die Hersteller wollen natürlich vermeiden, Strafzahlungen wegen zu hoher CO2-Werte zahlen zu müssen.“ Skoda zum Beispiel werde im kommenden Jahr den Absatz von E-Mobilen verdoppeln müssen, um die Brüsseler Vorgaben zu erfüllen, rechnet er vor.
Während viele Hersteller nach dem Ende der Umweltprämie die Förderung selbst in die Hand genommen haben, verschieben sich die Verkaufsanreize laut Branchenverband wieder in Richtung Verbrenner. „Man hat die alte Welt wieder gefördert. Das muss sich ändern.“
Thomas Peckruhn ist der größte exklusive deutsche Skoda-Händler mit Stützpunkten in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen und verkauft an seinen Standorten rund 2400 Modelle pro Jahr. Für den Unternehmer sind die Weichen in Richtung Elektromobilität gestellt. „Das ist ein wichtiges Thema für die Zukunft der individuellen Mobilität. Es sollte aber nicht nur den einen Weg zum Erreichen der Klimaziele geben“, meint er abschließend. (cen)
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