Der Renault 5 startete vor 50 Jahren als ein für die damalige Zeit einzigartiger Kleinwagen. Mit seinem Erscheinen zettelten Franzosen eine kleine Revolution an. Bei einer Länge von gerade einmal nur 3,51 Metern bot der R5 reichlich Platz für vier Erwachsene und Gepäck. Hinzu kamen eine hohe Variabilität sowie ein pfiffig gemachtes Design samt kunterbunter Farbtöne innen wie außen. Schlaghosen und kurze Röcke waren 1972 in Mode und schwer angesagt und der Renault 5 traf den Puls der Zeit. Er wurde schnell zu einem Klassiker.
Über neun Millionen Käufer hat der Renault 5 bis zu seinem Produktionsende 1994 in sein Herz geschlossen, davon 500.000 allein in Deutschland. Die Geschichte des kleinen Galliers beginnt – wie so oft – mit ein paar einfachen Strichen auf dem Papier. Der damalige Renault-Chef Pierre Dreyfus beauftragt seine Entwickler mit einem Kleinwagen, der vor allem junge Menschen, kleine Familien und Zweitwagenbesitzer ansprechen soll. Auch sollte er preislich attraktiv bleiben. Aus diesem Grund sollte die Technik vom Bruder Renault 4 übernommen werden, der sich bereits als Bestseller bewährt hat.
Weitere Grundvoraussetzungen waren: Der Neue soll kompakt und wendig sein, damit er sich einfach durch den Großstadtverkehr manövrieren ließ. Und selbstverständlich durfte auch der bekanntermaßen Renault-typische variable Innenraum nicht fehlen, genauso wenig wie ein frischer Charakter. Daher beauftragte der damalige Renault Designchef Gaston Juchet seinen jüngsten Stylisten Michel Boué mit dem Projekt- Und der machte den R5 zu einem Sympathieträger.
Die im Windkanal geglättete Karosserie und die großen Scheinwerfer kamen gut an. Besonders bei der Damenwelt fand das Kindchenschema einen enormen Zuspruch, der auch noch von der mutigen Farbpalette ihres frischen Neuzugangs beflügelt wurde. Er wurde unter anderem in grellem Orange, leuchtenden Gelb oder giftigem Grün anboten. Als einzigartig galten zudem die großflächigen Kunststoffstoßfänger, die den R5 vor manchem Parkrempler schützte und dem schicken Kleinen darüber hinaus einen markanten, frechen Auftritt verliehen.
Unterschiede gab es anfangs bei der Motorisierung. In Frankreich verfügte das Einstiegsmodell Renault 5 L über einen Vierzylinder mit 782 ccm sowie 34 PS, während die Basismotorisierung bei uns etwas kräftiger ausfiel. In Deutschland leistete der 10.700 DM teure Benziner gleich zum Verkaufsstart über 36 PS und verfügte mit 845 ccm über geringfügig mehr Hubraum.
Da der Renault 5 seinen Antrieb vom R4 geerbt hat, sitzt der Motor im R5 ebenfalls hinter der Vorderachse, während sich das Getriebe direkt hinter dem vorderen Stoßfänger befindet. Die ersten Renault 5 hatten noch eine Schiebestock-Schaltung, die im Volksmund gerne auch als Revolverschaltung bezeichnet wurde. Diese wurde später von einem mittleren Schalthebel abgelöst, der sich oftmals nur hakelig bedienbar ließ.
Repertoire reicht von klassisch bis extrem
Der Frauenanteil liegt bei dem schicken Franzosen bei mittlerweile 50 Prozent. Damit aber auch die Attraktivität bei den Männern nicht abreißt, schoben die Franzosen in den 1980er Jahren sportliche Modelle hinterher. Wie den R5 Alpine, der es mit einer damals verhältnismäßig hohen Leistung von 93 PS in sich hatte. Mit seiner potenten Performance ließ der kleine Giftzwerg manch kräftigere Konkurrenz wie den Opel Kadett GTE oder den VW Golf GTI alt aussehen. Zwar war der R5 Alpine leistungstechnisch unterlegen, doch mit seinem geringen Gewicht von gerade einmal 850 Kilogramm fuhr er Kreise um seine Mittbewerber und zeigte ihnen keck seine Rücklichter.
Damit nicht genug, denn das Ganze war noch weit aus steigerungsfähiger. In den 1980ern erschien mit R5 Turbo eine besonders extreme Variante. Flach und breit kauerten der Turbo 1 und das spätere Nachfolgemodell Turbo 2 auf dem Asphalt. Für den Antrieb sorgte ein gnadenlos zubeißender Turbomotor mit 160 PS, der seine Kraft aus nur 1,4 Litern Hubraum schöpfte.
Damit waren die Franzosen ihrer Zeit weit voraus. Heutzutage nennt man das Prinzip des geringen Hubraums schlichtweg Downsizing. Genauso einzigartig wie das frühe Downsizing wurde auch das Triebwerk auch extraordinär untergebracht. Auf der Rückbank, dort wo im normalen R5 die Kinder spielten, machte sich der hochgezüchtete Turbobenziner samt Ladeluftkühler breit. Damit sprintete der wild fauchende Mittelmotor-Gallier in nur 6,9 Sekunden von Null auf 100 km/h und galt seitdem als ein ernstzunehmender Porsche-Gegner.
Den im Volksmund gerne als Backenturbo bezeichneten Namen verdankt der R 5 Turbo seinen weit ausgestellten Kotflügeln die sich vor allem im hinteren Bereich (plus 20,2 Zentimeter) extrem breit machten. Heute gilt der R5 Turbo als ein gesuchtes Sammlerstück, für den weit über 100.000 Euro gezahlt werden, sofern man einen findet. Nur wenige Exemplare überlebten es bis in die Neuzeit. Schließlich forderte der R5 Turbo von seinem Fahrer eine kundige Hand und sein äußerst leistungsstarker Turbomotor galt als recht anfällig. Dementsprechend selten sind gut erhaltene Exemplare zu bekommen.
Seine Straßenzulassung verdankt der bei Alpine in Dieppe gefertigte R5 Turbo übrigens zahlreichen Rundstrecken- und vor allem Rallyeeinsätzen, deren Reglement ein homoligiertes Serienmodell verlangte. Die letzte Version wurde dagegen ausschließlich im Motorsport eingesetzt und leistete als Renault Maxi 5 Turbo sogar stolze 408 PS
Fünftürer als Freund der Familie
Mit dem fünftürigen R5 ging es wesentlich gemäßigter im regulären Straßenverkehr weiter. Der familienfreundlichere Ableger verfügt neben zwei zusätzlichen Pforten über einen um sechs Zentimeter gewachsenen Radstand. Als eine weitere Besonderheit werden die Türen außerdem durch eine seitliche Kunststoffbeplankung vor Kratzern geschützt.
1984 kommt dann die zweite Generation auf den Markt. Der in der Werbung gerne auch als „der kleine Freund“ bezeichnete Nachfolger legt mit 3,59 Metern in der Länge um 8,5 Zentimeter zu. Zeitgleich startet der Fünftürer, der mit 3,65 Meter nochmals gewachsen ist. Die Leistung liegt inzwischen bei 41 PS bis hin zum Topmodell R5 GT Turbo, der 115 PS auf die Vorderachse bringt. Auch das Platzangebot hat sich verbessert, da alle Motoren statt längs nun quereingebaut sind.
Zwei Jahre später geht Renault in die Vorreiterrolle und bringt die ersten Modelle mit fortschrittlichem Dreiwegekatalysator auf den Markt, während alle anderen Konkurrenten beim Umweltschutz noch auf die ungeregelte sowie wesentlich einfachere Abgasreinigung setzen. Ebenfalls 1986 hält im Renault 5 TD (Dreitürer) und GTD (Viertürer) erstmalig ein Dieselmotor Einzug unter der Motorhaube des Franzosen. Die langjährige Erfolgsstory hält bis 1994, dann wird der R5 vom Clio abgelöst.
R 5 Prototype: Ausblick auf elektrische Zukunft
Doch die Franzosen lassen ihre Legende wieder aufleben. Die im vergangenen Jahr vorgestellte Konzeptstudie Renault 5 Prototype greift optische Elemente des legendären Originals auf und transportiert sie in die Gegenwart. Die Serienproduktion ist längst beschlossen und bereits 2023 wird das rein batterieelektrische Modell seinen Einstand geben. Die leuchtendgelb lackierte Studie zeigt eine geschlossene Frontpartie, das Rhombus-Markenlogo präsentiert sich illuminiert, gleiches gilt für den beleuchteten Renault-Schriftzug eine Etage tiefer, im unteren Bereich des Stoßfängers.
Der klassische Lufteinlass auf der Motorhaube wurde beim Concept Car durch einen Ladeanschluss ersetzt. Da sich die B-Säule hinter schwarzem Glas befindet, wirkt die seitliche Fensterfläche wie eine durchgängige Einheit. Auch gibt sich die Studie nicht direkt als ein Fünftürer zu erkennen, da sich die hinteren Türgriffe im abgedunkelten Bereich oberhalb der Gürtellinie befinden. Welche Details es davon in das Serienmodell schaffen, und wie es mit der Reichweite der schicken Elektrovariante aussieht, lässt Renault allerdings noch offen. (Guido Borck, cen)
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