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Kommentar: Die normative Kraft des Basta!

Streiten sich ein E-Auto-Fan und ein Petrolhead über die Rechenfehler der EU bei der Bewertung der Klimafolgen von Antrieben. Beide schreien sich gegenseitig an: „Du bist Interessenvertreter!“ Recht haben sie beide. Doch ist das ein Grund, das Zuhören zu verweigern? Die zweite Aussage von Gewicht, die bei den aktuellen Diskussionen um die Kunst des Rechnens gern als Killerargument eingesetzt wird lautet: Wir haben das nun einmal so beschlossen. Basta!

Wer immer aus den Reihen der deutschen und europäischen Politiker, Klimakämpfer, Anti-Auto-Aktivisten und Industriepolitiker diese „Wir“ sein mögen – sie haben sich längst ans Mauscheln gewöhnt und das Ergebnis jedes Mal mit einem Basta!, möglichst aus Brüssel zementiert. Beispiele?

Dem batterieelektrischen Automobil (BEV) rechnet Brüssel die Null zu und übersieht die CO2-Mengen bei der Rohstoffgewinnung, bei der Produktion und beim Recyceln. Dabei ist heute noch nicht einmal der Betrieb CO2-frei – je nach Kraftwerksmix im jeweiligen Gebiet. Aber auch angesehene Institute wagen es heute kaum noch, auf die geringen Vorteile des Elektroantriebs gegenüber einem modernen Dieselmotor hinzuweisen. So weit reicht heute die normative Kraft des Basta!

Die Plug-in-Hybride, die wegen ihrer größeren Batterie rund 50 Kilometer elektrisch fahren können, müssen sich deswegen nur die Hälfte des Normverbrauchs ihres Benziners zurechnen lassen. Da kommen für ein großes SUV dann schon einmal weniger als drei Liter auf 100 Kilometer heraus. Doch der Mischantrieb bringt seine Vorzüge nur ins Spiel, wenn er in dichtem Verkehr mit viel Stop-and-go betrieben wird. Viele Plug-ins dienen aber der Leistungssteigerung des Verbrenners oder verspielen ihren Verbrauchsvorteil auf der Langstrecke. Doch die Wir sehen den Plug-in als Elektroauto mit Klimaeffekt. Basta!

Punktrechnung ist schwieriger als Strichrechnung. Das zeigt sich in diesen Tagen wieder, wenn die Zahlen für die Neuzulassungen im ersten Halbjahr kommentiert werden. Ende des Jahres betrug der Bestand an BEV in Deutschland 309.000. Im ersten Halbjahr nahm die Zahl der Neuzulassungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 312 Prozent oder 33.420 Einheiten zu. Das ist der Durchbruch. Basta!

Seriöse Markforschungsinstitute und Strategieberater wie auch die Automobilhersteller kommen zur Zeit zu dem Schluss, dass bis 2030 rund 20 Prozent des Fahrzeugbestands in Europa elektrisch betrieben sein könnte.

Niemand muss die ganz große Mathematik bewegen wie die trotzigen Professoren und ihre Widersacher. Doch am Ende des Tages entlarven einfache Zahlen sie als Menschen, die sich für eine gute Sache ins Zeug legten, vielleicht an der falschen Stelle. Denn nur gut zehn Prozent der CO2-Emissionen stammen vom Straßenverkehr. Der Effekt unserer Elektroautos ist aber leider nicht Zero Emission. So bleiben die 20 Prozent CO2-Reduktion durch 20 Prozent Elektroautos eine Illusion. Selbst wenn der Kunde mitspielt und die Prognose für den Kauf von Elektroautos erfüllt, werden alle Personenwagen 2030 nur rund zwei Prozent weniger CO2 an die Atmosphäre abgegeben. Das Klima hat das zur Kenntnis zu nehmen. Basta!

Oder wird der hierzulande so teuer erkaufte Erfolg übertönt von denen in aller Welt, die sich kein neues Auto kaufen wollen oder können oder ein Elektroauto ablehnen, weil die Ladeinfrastruktur fehlt oder die Menschen sich in ihrer Mobilität nicht auf Minimum im Miniauto beschränken lassen wollen oder mit Biokraftstoffen und E-Fuels längst gelernt haben, dass nicht der Verbrennungsmotor der Klimasünder ist, sondern sein altmodischer Treibstoff aus Erdöl? Vielleicht kommen die zu effektiveren Lösungen bei Klimaschutz und Verkehr, so ganz ohne Basta! (ampnet/Sm)

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Peter Schwerdtmann.

Peter Schwerdtmann.

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