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Tesla in Grünheide (2): Neuer Antrag, alte Sorgen und das große Schweigen

Über solch ein Geburtstags-Geschenk hätte sich wohl jeder Superreiche gefreut: Dem amerikanischen Multi-Unternehmer und Elektro-Autobauer Elon Musk würde es gefallen, zu seinem 50. Geburtstag am 28. Juni den ersten Tesla „made in Germany“ präsentieren zu können. Daraus wird nun nichts und niemand weiß, ob die neue Giga-Factory in Grünheide bei Berlin tatsächlich in diesem Winter anläuft. Obwohl schon -zig Millionen im märkischen Sand verbuddelt sind, steht eine endgültige Baugenehmigung noch aus.

Mehr als ein Dutzend behördliche Bewilligungen, seit der Rodung des Geländes bis zum Probebetrieb von Maschinen, haben es bisher ermöglicht, auf dem 300 Hektar großen Areal mehrere Gebäude und Nebenanlagen zu errichten. Der letzte Jahreswechsel war von einem Baustopp überschattet, den das brandenburgische Landesumweltamt verhängt hatte. Eine von Tesla verspätet erbrachte Sicherheitsleistung soll verschiedenen Medienberichten zufolge Auslöser für die Maßnahme gewesen sein.

Jüngst haben der Naturschutzbund Brandenburg und die Grüne Liga beim Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder Klage gegen die Zulassung von Maschinentests in der Fabrik eingereicht, die das Landesumweltamt noch erlaubt hatte. Die unerwartete Umplanung der Fabrik machte neue Antragsunterlagen notwendig, die jetzt in den Rathäusern der Oder-Spree-Region öffentlich ausliegen. Sie sollen einen Umfang von mehr als 11.000 Seiten haben und laut „Tagesspiegel“ eine Batteriezellen-Fertigung in einem Bau vorsehen, der zunächst als „Lagerhalle“ beantragt worden war. Mit einer Zellenfertigung von 500 Millionen Einheiten jährlich beschreibt der Antrag die größte Batteriefabrik Europas.

Vom Bauherrn selbst Informationen aus erster Hand zu bekommen, ist für Berichterstatter nicht ganz einfach. Bei der in München ansässigen Tesla Germany GmbH sucht man vergeblich nach einem Pressekontakt. Wer dort anruft, muss damit rechnen, durch ein mehrstufiges automatisches Voicemail-System geleitet zu werden, ohne am Ende tatsächlich einen realen Menschen als Gesprächspartner am Telefon zu haben. Deshalb ist es auch keine große Überraschung, dass ein für diesen Beitrag an Tesla per Mail gerichteter Fragenkatalog zur Giga-Factory bis Redaktionsschluss unbeantwortet blieb. Elon Musk betreibt Öffentlichkeitsarbeit via Twitter. Am 19. Mai zum Beispiel teilte der Vollzeit-Optimist seiner Fan-Gemeinde online mit, die Giga-Factory werde am Ende als ein „Juwel für Brandenburg“ angesehen.

Unstrittig ist, dass die Akzeptanz für Tesla-Autos in Deutschland zugenommen hat. Die Elektro-Förderprämie des Staates dürfte daran ihren Anteil haben. Im vergangenen Jahr wurden hierzulande 16.694 Neuzulassungen eines Teslas aktenkundig, was einer Steigerung von mehr als 50 Prozent gegenüber 2019 entspricht. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres waren es schon 9302 Anmeldungen, mehr als das Doppelte als im Vergleichszeitraum 2020. Am Auslieferungsstandort Schönefeld bei Berlin werden die Neuwagen mitunter im Halbstundentakt an die wartenden Kunden ausgehändigt.

Dabei handelt es sich in erster Linie um den Mittelklasse-Wagen Model 3. Im Premium-Bereich, wo das Model S seit dem vergangenen Jahr mit dem Porsche Taycan und dem Audi e-tron GT konkurriert, geht der Absatz dagegen seit 2017 zurück, wie das „Handelsblatt“ berichtete. Daran konnten auch kontinuierliche Updates, die der Wagen ohne Zutun des Besitzers übers Internet erhält, nichts ändern. Anfang Juni wurde das neue Top-Model S Plaid+ abgesagt. Es gebe „keinen Bedarf“ dafür, hieß es. Gleichzeitig rühmt sich Tesla in Mitteilungen für Aktionäre, dass in den letzten Jahren die Stückkosten über die gesamte Modellpalette hinweg von rund 83.000 Dollar auf unter 38.000 Dollar gesunken seien. Insgesamt produzierte Tesla im ersten Quartal 2021 weltweit 180.338 Fahrzeuge.

Das ist etwas mehr als ein Drittel der Menge, die nach vollem Ausbau der Giga-Factory jährlich in Grünheide vom Band laufen soll. Dafür braucht es tausende Mitarbeiter. Wie viele potenzielle Tesla-Werker den Aufrufen gefolgt sind, sich für den Standort Grünheide zu bewerben, auch darüber schweigt sich der Autobauer aus. Lässt sich der prognostizierte Lkw-Verkehr rund um die Fabrik mithilfe des Gleisanschlusses am Gelände reduzieren? Nutzt die Autofertigung die riesigen Dachflächen zur Erzeugung von Solarstrom? Antworten gibt es von dem Unternehmen dazu keine.

Nach allem, was bekannt ist, kann man davon auszugehen, dass Tesla nicht nur der Öffentlichkeitsarbeit wenig Bedeutung beimisst, sondern auch Gewerkschaften und Betriebsräten nicht viel abgewinnen kann. Über Elon Musks Führungsstil nach Gutsherrenart gibt es eine Fülle von Anekdoten, was aber nicht bedeutet, dass Tesla in Brandenburg ein problematischer Arbeitgeber werden muss. Als die Entscheidung für Grünheide fiel, dürfte den Verantwortlichen klar gewesen sein, dass die Mitbestimmung in deutschen Industrie-Unternehmen eine große Rolle spielt. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat schon vor längerer Zeit klar gemacht, dass seine Regierung sich „bei Tesla für gut funktionierende Betriebsräte“ einsetzen werde. Auf die in dieser Konstellation erwartbaren Konflikte darf man gespannt sein. (ampnet/afb)

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Tesla.

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Foto: Auto-Medienportal.Net/Dennis Gauert

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Geplante Tesla-Gigafabrik in Grünheide bei Berlin.

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Tesla Model Y.

Tesla Model Y.

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Tesla Model Y.

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Elon Musk.

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