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Kommentar: Minister Scheuer, Diener zweier Herren

Nach seiner Kooperation mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) – zusammen fungierten beide als Taskforce-Chefs der Corona-Testlogistik, von der allerdings niemand etwas bemerkt hat – stürzt sich Andreas Scheuer (CSU), seines Zeichens Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), in atemberaubendem Tempo auf zwei neue Vorhaben.

Gestern verkündete er auf dem 7. Nationalen Radverkehrskongress in Hamburg, den Nationalen Radverkehrsplan NRVP 3.0, mit dem er Deutschland bis zum Jahr 2030 zum Land der Radfahrer machen will. Dann spätestens sollten die Bürger 180 statt nur wie heute 120 Wege pro Jahr auf einem Drahtesel zurücklegen, und zwar jeweils sechs statt 3,7 Kilometer pro Fahrt.

Nur einen Tag später bläst Scheuer zur „Wasserstoffoffensive des BMVI“. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm, die auch Vorstandsmitglied des Wasserstoffzentrums Bayern ist, bekräftigte der Minister: „Deutschland wird Wasserstoffland.“ Die Brennstoffzellentechnologie in Deutschland zu fördern sei Antrieb bei der Schaffung eines Innovations- und Technologiezentrums Wasserstofftechnologie (ITZ). Es solle sich auf die Wertschöpfungskette der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik im Mobilitätsbereich konzentrieren und kleineren und mittelständischen Unternehmen sowie Start-ups die benötigte Entwicklungsumgebung bieten.

So weit so gut. Schon Anfang April zitierte das Hamburger „Manager Magazin“ die Wasserstoffexpertin Grimm mit der Bemerkung: „Es ist utopisch zu glauben, dass die batteriegestützte Elektromobilität die alleinige Lösung sein wird“ – kurz nachdem einige Autohersteller gemeldet hatten, auf Wasserstoff als Antriebsart der Zukunft weniger intensiv setzen zu wollen. Ziel müsse sein, so fuhr das Blatt fort, ein Tankstellennetz für Wasserstofffahrzeuge zu errichten, von dem später auch der Pkw-Verkehr profitieren könne. Ist das womöglich ein längst fälliger Durchbruch?

Seit wann sich auch der Minister dieser Auffassung angeschlossen hat, liegt im Dunkeln. Immerhin war bislang gängige Kabinettsmeinung – vielleicht mit Ausnahme von Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) – dem Brennstoffzellen-Antrieb allenfalls im Güterfern-, Schienen-, Luft und Schiffsverkehr eine Chance zu geben. Das Mantra für die Elektromobilität per Pkw heißt dagegen Batterie, Batterie, Batterie.

So scheint Andreas Scheuer zurzeit politisch zweigleisig unterwegs und Diener zweier Herren beziehungsweise Damen zu sein. Was den Nationalen Radverkehrsplan angeht, so folgt er gehorsam den Spuren seines Parteichefs Markus Söder, der sich seit seiner Niederlage im Kampf um die Kanzlerkandidatur gegen Armin Laschet eindeutig als Sympathisant bei der Grünen Annalena Baerbock anbiedert. Und Scheuers milliardenschwerer Investitionsplan für Fahrradwege ist nichts anderes als ein Friedensangebot an Grüne, den Bund für Umwelt und Naturschutz BUND, den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club ADFC und ähnliche automobilskeptische Vereinigungen.

Die Wasserstoff-Förderung hingegen könnte dieses Angebot neutralisieren. Denn erklärtes Ziel von Bündnis 90/Die Grünen ist und bleibt batterieelektrische Fortbewegung als umweltfreundliches Non-Plus-Ultra.

Karl May hätte in seinen Indianerromanen vor 150 Jahren geschrieben: „Der Minister redet mit gespaltener Zunge.“ (ampnet/hrr)

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Hans-Robert Richarz.

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