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Elon Musk, Tesla und das Grundwasser in Brandenburg

Er gibt sich gerne als überzeugter Umweltschützer, in Wirklichkeit aber tritt er hin und wieder ökologische Belange mit Füßen. Wie zurzeit in Grünheide, einem 8000-Seelen-Nest im Landkreis Oder-Spree in Brandenburg, südöstlich von Berlin. Hier stampft Elon Musk, mit seinen Elektroautos der Marke Tesla selbsternannter Heilsbringer für umweltfreundliche Mobilität, seit etwas mehr als einem Jahr eine gigantische Automobilfabrik aus dem Boden. Später soll eine nicht minder umfangreiche Batterieproduktion dazu kommen. Eine endgültige Baugenehmigung gibt es – obwohl die Gebäude für die Autofertigung fast schon so gut wie vollendet sind – immer noch nicht.

Doch mit solchen Kleinigkeiten gibt sich der Visionär und zweitreichste Mann der Welt ungern ab, genauso wenig wie er humane Bedingungen für seine Beschäftigten, Gewerkschaften im Allgemeinen und auch die Presse schätzt. Jetzt legte er sich mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) an.

Das hatte am 16. März gewagt, in seiner Sendung „Frontal 21“ den Bau der so genannten „Tesla Gigafactory Berlin“ kritisch unter die Lupe zu nehmen. Denn in Grünheide schreitet deren Bau inmitten eines Trinkwasserschutz- und einstigen Naherholungsgebiets munter voran, obwohl das endgültige grüne Licht der Behörden noch aussteht. Bisher gab es nur schrittweise Vorabgenehmigungen.

Sehr zum Ärger von André Bähler, dem Chef des Wasserverbands Strausberg-Erkner, der sich nicht nur über die 92 Hektar Wald aufregt, die dem Factory-Neubau zum Opfer gefallen sind, sondern noch weit mehr fürchtet, dass Elon Musk mit seinem gigantischen Vorhaben – hier sollen einmal 500.000 Autos pro Jahr entstehen – den Einwohnern der Region buchstäblich das Wasser abgräbt. Bähler sagte im ZDF: „Wir hatten kein Wasserproblem, so lange Tesla noch nicht da war. Das lag aber nur daran, weil wir mit dem Wasser sehr verantwortungsvoll umgegangen sind.“

Es könnte knapp werden

Das dürfte sich demnächst ändern. Vorsichtig geschätzt 1,4 Millionen Kubikmeter Wasser wird die Tesla-Produktion pro Jahr schlucken, etwa so viel wie eine Stadt mit 40.000 Einwohnern und zehn Prozent dessen, was jetzt schon die Einwohner der Umgebung benötigen. Läuft erst einmal die Batteriefabrik, steigt der Wasserbedarf sogar auf 3,6 Millionen Kubikmeter.

Für Elon Musk ist das alles nur ein Klacks. „Hier gibt es doch genug Wasser. Die Bäume hier überall sehen doch sehr gesund aus“, sagte er dem ZDF bei einer Kurz-Visite in Grünheide. Davon, dass Brandenburg zu jenen Gebieten Deutschlands zählt, die von der inzwischen dreijährigen Dürre und deshalb von Waldbränden am stärksten betroffen sind, scheint er nichts zu wissen. „Kein Wunder“, meinte dazu Wasserexperte André Bähler lakonisch, „wenn man das von der Wüste von Nevada aus betrachtet.“

Doch es ist nicht nur die gefährdete Trinkwasserversorgung die eine Reihe von Bürgern der Region auf die Barrikaden treibt und sie von einer „ökologischen Katastrophe“ reden lässt. Der rücksichtslose Umgang mit Vorschriften und Umweltbelangen des Bauherrn tut ein Übriges.

Es ist mehr als selbstverständlich, dass Bauten im Zentrum eines Trinkwasserschutzgebiets besonders aufwändig konstruierte Abwasser-Entsorgungssysteme vorweisen müssen. Die sollten für die Gigafactory Berlin eigentlich schon im März abgeschlossen und vorzeigbar sein. Jetzt aber berichtete die in Berlin erscheinende Zeitung „Der Tagesspiegel“, dass die Arbeiten dafür noch nicht einmal begonnen hätten.

Zu allem Überfluss meldete das Blatt gleichzeitig, dass auf der Baustelle jüngst zahlreiche Corona-Fälle aufgetreten sind. Mindestens 20 Infektionen seien bekannt, 40 Mitarbeiter stünden derzeit unter Quarantäne. Auf der Baustelle kursiere das Gerücht, dass das Problem größere Ausmaße habe, heiß es weiter.

Zu diesem Thema meldete sich auch der Nachrichtensender n-tv zu Wort: „Ein größerer Ausbruch auf der Baustelle käme Tesla höchst ungelegen, denn der Zeitplan ist straff: Schon im Juli will der Elektroautobauer in Grünheide die ersten Autos produzieren. Bislang ist das Werk noch nicht genehmigt, gebaut wird nur mit vorläufigen Zulassungen.“ Im schlimmsten Fall, so mutmaßte der Sender, müsse der komplette Bau wieder abgerissen werden. Doch vorerst laufen die Arbeiten auf Hochtouren weiter.

Pfahlbauten in Grünheide

Weil die Bauten im märkischen Sandboden nur unzureichend Halt fanden, wollten die Betreiber aus Gründen der Statik Betonpfeiler in den Untergrund rammen, die bis in das Grundwasser reichen würden. Das jedoch ist aus guten Gründen in einem Trinkwasserschutzgebiet streng verboten. Jörg Steinbach, Wirtschaftsminister von Brandenburg, fiel dazu, nachdem die ersten Pfeiler probeweise eingebracht waren, im ZDF nur ein: „Wie der Berliner sagt, war das einzig nur doof“ und sprach von einer Geldstrafe für Tesla. Später erteilte er jedoch eine Ausnahmegenehmigung, woraufhin 560 Pfähle im Boden verschwanden.

Als nun das ZDF 45 Minuten lang zur besten Sendezeit das Geschehen rund um Grünheide ausführlich beleuchtet hatte und dabei Politiker, Fachleute und Betroffene zu Wort kommen ließ, empörte sich Elon Musk auf Trump-Art mittels Twitter. „Wow, shame on ZDF Info!“ schrieb er (Schäm dich, ZDF Info). Dass der „Frontal 21“-Bericht mit dem Titel „Turbo, Tempo, Tesla – Elon Musk in Brandenburg“ im ZDF-Hauptprogramm und nicht beim Spartensender ZDF Info lief, hatte er wohl einigen Twitter-Meldungen des Blogs Tesmanian entnommen. Dort finden sich die Hardcore-Tesla-Fans wieder, die Musk geradezu anbeten und sich jedwede Kritik an ihrem Idol verbitten. An Frontal 21 stieß ihnen sauer auf, dass die Sendung Musk angeblich als „Schurken“ dargestellt habe.

Bleibt nur die Frage, wer sich wirklich schämen muss: Das ZDF mit seiner Berichterstattung oder Elon Musk mit seinem Verhältnis mit der brandenburgischen Umwelt. (ampnet/hrr)

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Geplante Tesla-Gigafabrik in Grünheide bei Berlin.

Geplante Tesla-Gigafabrik in Grünheide bei Berlin.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Tesla

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Hans-Robert Richarz.

Hans-Robert Richarz.

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