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Kommentar: Im Sog der überzogenen Abgasregulierung

Conti-Chef Elmar Degenhart hat gerade die Existenz von 30.000 Arbeitsplätzen ins Wanken gebracht. Er steht deswegen gewaltig unter Druck – von außen, aus dem Unternehmen und von innen. Niemand möchte jetzt in seiner Haut stecken. Bei diesen Entscheidungen tröstet das dicke Gehalt nicht, sondern nur die Überzeugung, alles gerettet zu haben, was überlebensfähig ist. Zur Situationsbewältigung zählt aber auch die Analyse der Gründe. Und über die sprach er jetzt, ohne die sonst für Zulieferer typische Zurückhaltung.

Tier 1, die Zulieferer der ersten Reihe, haben es immer schwer, andere Positionen zu beziehen als ihre Abnehmer in der Automobilindustrie. Die Devise lautet: Seid gut, lasst dem Kunden den Vortritt und schweigt! Diese goldene Regel hat Degenhart jetzt in einem Gespräch mit Journalisten mutig gebrochen, vielleicht auch brechen müssen, weil die Hersteller bei Degenharts Thema verblüffend schweigsam sind.

Der Conti-Chef sieht einen wesentlichen Grund für die Probleme der Branche in der überhasteten und verfehlten Abgasregulierung seit dem Dieselskandal. Er spielt den Ball also ins Feld der Politik und weist darauf hin, dass die EU schon die nächsten Schritte plant. Die „Hannoversche Allgemeine zitiert ihn mit der Aussage: „Das läuft darauf hinaus, dass 2030 mehr als die Hälfte der Neuwagen in Europa eine Batterie haben muss, als reines Elektroauto oder Plug-in-Hybrid.“ Degenhart – Chef eines der größten Lieferanten für Elektro-Auto-Komponenten – hält diese Technologie für überschätzt. Die Industrie werde hier in eine Technologie hineingetrieben, sagt der Conti-Chef und weist darauf hin, dass so für lange Zeit kein Geld zu verdienen sei. Nach Degenharts Überzeugung steht deswegen in Deutschland nicht nur die Zukunft der Automobilindustrie auf dem Spiel.

Wer dieses Aufbäumen eines Managers als billiges, durchschaubares Manöver versteht, übersieht die branchenübliche Zurückhaltung. Vor dieser Kulisse gewinnen die Sätze an Dramatik. Wir sollten ein feines Ohr für solche Untertöne entwickeln, wenn wir nicht eines Tages der deutschen Automobilindustrie, später der deutschen Wirtschaft trauend hinterherschauen wollen. Zunächst wird es dabei nur um das eigene Auto gehen, dann aber um Arbeit und Wohlstand. (ampnet/Sm)

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Elmar Degenhart.

Elmar Degenhart.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Continental

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