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Die Autoindustrie profitiert vom Corona-Virus

Die renommierte und international tätige Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) mit deutschem Sitz in Frankfurt geht in einer Prognose davon aus, dass die Pandemie der europäischen Automobilindustrie aus einem möglicherweise bevorstehenden Schlamassel heraushilft. Der liegt zwar weniger an der Kaufzurückhaltung vieler Kunden, eine größere Rolle spielen eventuelle Strafzahlungen in Milliardenhöhe an die EU, wenn die Abgaswerte der Gesamtzahl abgesetzter Fahrzeuge eines Unternehmens gegen europäische Richtlinien verstößt.

Seit dem laufenden Jahr gelten strenge CO2-Grenzwerte für Neufahrzeuge pro Hersteller. Sie dürfen nicht mehr als im Durchschnitt 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen. Anderenfalls müssen die Produzenten 95 Euro pro Gramm Überschreitung bezahlen, wobei das Ergebnis dieser Rechnung mit der Stückzahl an Fahrzeugen, die sie im betreffenden Jahr in der EU verkauft haben, noch multipliziert werden muss. In bisherigen Analysen gingen Experten zumeist davon aus, dass vielen europäischen Automobilherstellern drastische Strafzahlungen drohen würden. Das Beratungsunternehmen PA Consulting in London zum Beispiel schätzte vor einiger Zeit für die 13 führenden Automobilhersteller Europas Strafzahlungen von insgesamt 14,5 Milliarden Euro.

Nicht so PwC. „Die EU-Flottenziele sind unseren Berechnungen nach durchaus erreichbar, wobei sich die Corona-Krise paradoxerweise für die Fahrzeughersteller eher günstig auswirkt“, beruhigte Felix Kuhnert, Global Automotive Leader bei PwC, die Branche. „Vom Konjunkturförderprogramm der Bundesregierung hingegen erwarten wir eher geringe Effekte auf den Absatz von E-Fahrzeugen sowie auf die Industrie insgesamt.“

Die Begründung: Die PwC-Experten untersuchten, wie viele Fahrzeuge im Jahr 2020 in Deutschland neuzugelassen werden müssten, damit Hersteller Strafzahlungen vermeiden könnten. Das Ergebnis ihrer Modellrechnung lautet, dass 11,8 Prozent der verkauften Pkw dafür entweder elektrisch oder Plug-in-Hybride sein müssten. Außerdem setzten sie die Grenzwerte für die CO2-Emission in Relation zu den tatsächlichen Emissionen der Neuzulassungen.

Die tatsächlichen Emissionen werden nach dem neuen Standard WLTP gemessen und können für einzelne Fahrzeuge höher liegen. In die Berechnung fließen außerdem weitere Faktoren ein, unter anderem das durchschnittliche Fahrzeuggewicht und die Flottenzusammensetzung. PwC-Experte Felix Kuhnert sagt: „Beim Fahrzeuggewicht liegen deutsche Hersteller mitunter über dem europäischen Durchschnitt. Für sie gelten demnach auch etwas höhere Grenzwerte.“

Für den europäischen Automobilgesamtmarkt rechnen die Experten mit einem Einbruch zwischen 25 und 30 Prozent für dieses Jahr. Dies betreffe allerdings vorwiegend die konventionellen Fahrzeugmodelle, nicht aber die E-Fahrzeuge. Die Elektroautos, die in diesem Jahr auf den Markt kommen, sind oft schon vor der Pandemie bestellt worden, weil die Lieferzeiten aufgrund der vergleichsweise geringen Produktionskapazitäten lang sind.
Zusätzlich nimmt der Verkauf von elektrifizerten Modellen noch zu und dürfte beispielsweise in Deutschland am Ende des Jahres bei über 100.000 liegen. Schon bei einem Anteil von 11,8 Prozent an den Neuzulassungen würde die Branche ihre Emissionsvorgaben erreichen. „Die Corona-Krise hilft also praktisch, die CO2-Grenzwerte zu erfüllen", folgert Felix Kuhnert. Außerdem senken batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride die CO2-Bilanz noch zusätzlich, denn sie werden in diesem Jahr doppelt angerechnet, 2021 mit dem Faktor 1,66 und 2022 mit dem Faktor 1,33.

Für Panik in der europäischen Automobilindustrie wegen drohender Strafzahlungen an die EU besteht daher offensichtlich wenig Anlass. (ampnet/hrr)

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Pricewaterhouse Coopers (PwC).

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Foto: Auto-Medienportal.Net/PwC

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