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125 Jahre Skoda: Sie legten den Vierzylinder schlafen

Mit dem 1000 MB präsentierte Skoda Mitte der 1960er-Jahre erstmals ein viertüriges Modell mit Heckmotor und Heckantrieb, das seinerzeit zu den modernsten Fahrzeugen seiner Klasse zählte. Neben der bekannten Stufenheckversion und dem 1000 MBX De Luxe genannten Coupé entstanden auch Prototypen einer Roadster- und einer Kombivariante. Der 1963 gebaute Fünftürer blieb ein Unikat. Seinen Spitznamen „Hajaja“ verdankt der Typ 990 einer Radiosendung mit Gutenachtgeschichten für Kinder.

Im Frühling 1959 arbeiteten die Autoexperten von Skoda an einem der größten Technologieumbrüche in der Geschichte des Unternehmens: Der 1000 MB sollte in Mladá Boleslav den Wechsel von Fahrzeugen mit separatem Rahmen hin zur modernen selbsttragenden Karosserie sowie den Umstieg vom Frontmotor-Heckantrieb-Konzept auf Modelle mit Heckmotor einläuten – Anfang der 1960er Jahre der Stand der Technik.

Gleichzeitig errichtete Skoda am böhmischen Stammsitz des Unternehmens ein neues Automobilwerk für den 1000 MB, das modernsten Anforderungen entsprach und im April 1964 den Betrieb aufnahm. Zusammen mit den Fertigungsstätten in Kvasiny und Vrchlabí vervierfachte sich hierdurch die Gesamtproduktion der Marke Skoda innerhalb von zehn Jahren bis 1973 von 42.550 auf 162.208 Einheiten pro Jahr.

1959 ein Jahr des Umbruchs

Die Entwicklung des 1000 MB begann 1959 mit dem Projekt Š 990 NOV (nový osobní vůz/neuer Personenwagen). Bis Oktober 1961 entstand eine Kleinserie von 50 Prototypen mit verschiedenen Karosserieausführungen über das viertürige Stufenheckmodell hinaus, von dem es probeweise eine Variation ohne B-Säule gab – quasi ein Vorläufer des 1966 auf dem Genfer Automobilsalon vorgestellten Skoda 1000/1100 MBX. Weitere Varianten waren ein offener Roadster als 2+2-Sitzer mit Heckmotor, der die Typenbezeichnung 990/991 trug, sowie ein Kombi, der später den Spitznamen Hajaja erhielt.

Die Gedankenspiele, die zum Kombi führten, kamen nicht von ungefähr: Praktische Kombimodelle haben in der 125-jährigen Historie von Skoda seit jeher einen festen Platz. Als Urahn gilt der L&K 110, den Laurin & Klement – die 1895 gegründete Firma der Unternehmensväter Vaclav Laurin und Vaclav Klement – Mitte der 1920er-Jahre angeboten hat. Dessen clevere Idee: Der hintere Teil der Karosserie ließ sich austauschen. Diente der Wagen werktags als Lieferwagen für Gewerbetreibende, so konnte das Heck durch ein Modul mit Sitzplätzen für den Wochenendausflug mit der Familie ersetzt werden.

Kombis mit Tradition

Ab 1934 feierte Skoda mit leichten Nutzfahrzeugversionen seines Bestsellers Popular Erfolge. Sie konnten bis zu 300 Kilogramm zuladen und kamen zum Beispiel in den Fuhrparks des mährischen Schuhherstellers Baťa und der Wiener Kaffeeröster-Kette Julius Meinl zum Einsatz, die damals gut 1000 Filialen in ganz Europa umfasste.

Ende der 1940er-Jahre entstand auf Basis des Skoda 1101/1102 „Tudor“ neben Lieferwagenkarosserien auch eine Station Wagon (STW) genannte Kombiversion. Sie überzeugte mit einer deutlich größeren Verglasung, einer besonders umfangreichen Ausstattung und vor allem mit der großen Variabilität ihres Innenraums: Durch das Umklappen der Rückbank entstand eine bis zu 1,49 Meter lange Ladefläche, die zwischen 980 und 1390 Millimeter breit war. Ab Frühjahr 1953 entstand in Vrchlabí das geräumige Kombimodell Skoda 1200 STW. Es wurde in modernisierter Ausführung als 1201 STW bis Oktober 1961 weitergebaut, dann folgte der Skoda 1202.

Octavia Combi lieferte Rekordzahlen

Als meistverkauftes Kombimodell von Skoda in den 1960ern aber ist der Octavia Combi in die Geschichte eingegangen. Ein erster Prototyp stand bereits im September 1959 auf den Rädern, ein Jahr später stieß die Serienversion bei ihrer Premiere in Brünn auf große Resonanz. Von 1961 bis 1971 fuhren insgesamt 54.086 Fahrzeuge dieses Typs aus dem Werkstor in Kvasiny.

Auch in den Exportmärkten erfreute sich die Karosserievariante hoher Nachfrage: 1966 gingen 72 Prozent aller Octavia Combi ins Ausland. 1996 kehrte der Octavia in moderner Form in das Modellprogramm von Skoda zurück und stieg schnell zum Herz der Marke auf. Ein Jahr später folgte auch die besonders beliebte Combi-Adaption.

Der Motor war im Weg

Zurück zum Hajaja: Das Einzelstück – heute eine der besonderen Raritäten in der Ausstellung des Skoda Museums in Mladá Boleslav – basierte auf dem Prototyp Nummer 34, dem es nach 31.000 Testkilometern als Stufenhecklimousine im Februar 1963 nachträglich ans Blech gegangen war.

Doch der Umbau erwies sich komplizierter als gedacht: Um das Problem mit dem Kofferraumboden zu lösen, wurde der Reihenvierzylinder im Heck liegend installiert. Der Zylinderkopf zeigte dabei nach links, der Wasserkühler befand sich rechts daneben. Und da die Maschine in dieser Konstellation aussah, als hätte sie sich zum Schlafen gelegt, hatte das Unikat schnell seinen Spitznamen weg: Hajaja – damals der Titel einer populären Märchensendung im Radio mit Gutenachtgeschichten.

Das Gepäckabteil des 4,15 Meter langen, 1,62 Meter breiten und 1,40 Meter hohen Kombi war durch eine nach oben aufschwingende Heckklappe gut zugänglich. Der Radstand blieb mit 2,40 Metern gegenüber der Stufenhecklimousine unverändert. Im Laderaum hatten bis zu 1,60 Meter lange Gegenstände Platz. Weil der Motor nun im Heck steckte, entstand unter der Fronthaube ein zusätzlicher Stauraum. Das Leergewicht von 811,5 Kilogramm drückte zu 61 Prozent auf die Hinterachse. Die maximale Zuladung lag bei 380 Kilogramm.

7,6 Liter auf 100 km

Im Rahmen eines dreiwöchigen Versuchsprogramms spulte der Kombi-Prototyp im Mai und Juni 1963 weitere 7000 Kilometer ab und erzielte dabei einen Durchschnittsverbrauch von 7,6 Litern pro 100 Kilometern bei einer mittleren Geschwindigkeit von 74 km/h. Der 988 ccm große Vierzylinder entwickelte eine Leistung von 45 PS (31 kW), was dem Hajaja zu einem Spitzentempo von immerhin 115 km/h verhalf.

Besonders positiv fiel den Testern das luftige Platzangebot im Innenraum und das großzügige Stauvolumen in beiden Kofferräumen auf. Nachteilig machte sich jedoch der komplizierte Motoreinbau im Heck bemerkbar, der Wartungs- und Servicearbeiten wesentlich erschwerte. Probleme bereitete auch die Kühlung des Vierzylinders – letztlich die K.O.-Kriterien, die gegen eine Serienfertigung dieser Modellvariante sprachen. Skoda konzentrierte sich vielmehr ganz auf den Produktionsanlauf der gelungenen Stufenheckversion des 1000/1100 MB.

Von der konnten zwischen 1964 und 1969 insgesamt 440.639 Exemplare an Kunden ausgeliefert werden. 1966 folgte, wie bereits beschrieben, als einziges Derivat dieser Baureihe der attraktive Zweitürer 1000/1100 MBX. Er kam ohne B-Säule aus und wurde bis 1969 exakt 2517 mal gebaut. Die Nachfrage nach einem praktischen Kombimodell verlängerte derweil die Karriere des Octavia Kombi bis 1971. (ampnet/Sm)

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Skoda Hajaja (1963).

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