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Kommentar: Klimaschutz per Floriansprinzip?

Professionell Brandmeister, ist Florian posthum in der katholischen Kirche als Heiliger zu Ehren gekommen. Das sind gut 1700 Jahre her. Als bekennender Christ lebte er damals als Offizier der römischen Armee ziemlich gefährlich und erlitt als Pensionär den Märtyrertod. Da sich um sein Ableben einige Merkwürdigkeiten ranken, wurde ihm vom Papst wegen seines ehemaligen Jobs die Schutzpatronatschaft als Heiliger für die Abwendung von Feuer und Dürre übertragen. Leider erwies er sich dabei häufig als so erfolglos, dass im Lauf der Zeit der weniger fromme Spruch die Runde machte: „Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andre an." Genau nach diesem Prinzip versuchen heute einige bundesdeutsche Städte ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Das Werkzeug sind so genannte Pförtnerampeln, auf bürokratischem Deutsch „Zuflussregelungsanlagen". Darunter sind Einrichtungen zu verstehen, die künstliche Verkehrsstaus bewirken, um im weiteren Verlauf der Strecke weniger Verkehr zu gewährleisten.

In Köln zum Beispiel funktioniert das so: Um Berufspendlern aus den westlichen Vororten die Zufahrt zum Zentrum zu verleiden, dosiert eine Pförtnerampel an der Aachener Straße in Köln-Weiden den Verkehr in Richtung Innenstadt. Sie sorgt auf diese Weise für künstliche Staus, weil die Stadt erreichen möchte, dass mehr Pendler auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen und die Schadstoffwerte im weiteren Verlauf dieser Route sinken. Was vor der, von manchen Stadtverordneten als „Schlagbaum" bezeichneten Anlage in punkto Luftbelastung passiert, scheint den Verantwortlichen schnurz zu sein. In der stockkatholischen Domstadt kennt man sich halt mit dem Floriansprinzip bestens aus. Auf jeden Fall ist ein allmorgendliches Chaos vorprogrammiert.

Ein ähnliches Bild liefert knapp 25 Kilometer südlich Bonn, allerdings mit zwei entscheidenden Unterschieden. Dort einigten sich die Stadt, die nordrhein-westfälische Landesregierung und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in einem Vergleich vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster darauf, ein drohendes Fahrverbot für Dieselautos sowie die Verringerung der Zahl von Pkws auf der extrem belasteten Reuterstraße und auf dem Weg zum ehemaligen Regierungsviertel mit einem Maßnahmenpaket abzuwenden.

Unter anderem gibt es ein Tempo-30-Limit auf dem kompletten Verlauf der vierspurigen Straße sowie möglicherweise ab Sommer eine Pförtnerampel an ihrem Beginn. Sie soll bei ansteigenden Messwerten der Schadstoffe den Zufluss von Autos von der Autobahn 565 bremsen. Das Ergebnis wären lange Staus bis auf die Schnellstraße. Der Bonner „Generalanzeiger" kommentierte: „In diesen Staus stehen in Notfällen auch die Fahrzeuge der Feuerwehr. Ganz klar: Pförtnerampeln an der Reuterstraße aufzustellen, wäre verantwortungslos."

Stimmt. Dennoch soll eine Pförtnerampel im kommenden Sommer Realität werden – falls die Luftwerte in der Reuterstraße zu wünschen übrig lassen. 2019 taten sie das überwiegend nicht. Trotzdem muss NRW die Messergebnisse dokumentieren und zu allem Überfluss dem privaten Verein Umwelthilfe wie einer staatlichen Institution regelmäßig zur Kontrolle einreichen.

Pförtnerampeln zur Regulierung des Verkehrsflusses scheinen mehr und mehr in Mode zu kommen. Inzwischen sind sie in Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden, Offenbach und Limburg ebenso im Gespräch wie in den 38 Kommunen bundesweit, die von der DUH ins Visier genommen wurden. Das Floriansprinzip erlebt offensichtlich eine Renaissance. (ampnet/hrr)

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Hans-Robert Richarz.

Hans-Robert Richarz.

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