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Kommentar: Missionarischer Eifer contra individuelle Freiheit

Die Begleitumstände der Internationalen Automobil Ausstellung in Frankfurt haben gezeigt, dass der Kampf gegen das Auto bei einer Minderheit der Bevölkerung inzwischen religiöse Züge angenommen hat. Während am ersten Publikumstag der IAA draußen 15 000 Leute demonstrierten, drückten sich zu deren Ärger in den Messehallen viermal so viele Interessenten an den Fahrzeugen die Nasen platt.

Doch stärker denn je machen Verbotswahn und Öko-Radikalisierung intensiv mobil und schreiten Hand in Hand. Damit Missverständnisse gar nicht erst aufkommen: Der Klimawandel ist eine wissenschaftlich belegte Tatsache und wird nur von Hohlköpfen bestritten. Es muss etwas dagegen unternommen werden. Doch sollen zur Abwendung übermäßiger Erderwärmung gleich Selbstbestimmung und Freizügigkeit den Bach runtergehen? Der Umwelt ist statt mit grün angestrichener Randale mehr mit kreativen Ideen geholfen.
Es geht nämlich tatsächlich nicht nur um den Umweltschutz, sondern es handelt sich vielmehr um einen Kulturkampf auf ideologischer Basis, dessen Fronten zwischen Stadt und Land verlaufen.

Auf der einen Seite schwingen die Bewohner von Metropolen wie Berlin, München oder Hamburg die autofeindliche Keule. Sie können ständig auf einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr zurückgreifen und sind zumindest für ihr näheres Umfeld von Kreuzberg, Schwabing oder Pöseldorf auf ein Auto weniger angewiesen. Ihnen gegenüber steht die weit größere Zahl an Menschen abseits der Großstädte oder deren Umland, die auf ihren eigenen fahrbaren Untersatz nicht verzichten können. Als Berufspendler, zum Einkaufen und einfach, wenn sie von A nach B wollen.

Und nicht nur das. Individuelle Mobilität gilt als Inbegriff der Freiheit. Warum wohl wurde der Trabant 1989, dem Jahr des Zusammenbruchs der DDR und dem Fall innerdeutscher Grenzen, zum Auto des Jahres gekürt?
Dieser Gedanke ist bei vielen Demonstranten in Vergessenheit geraten. Sie nehmen gerade jetzt die gesamte deutsche Automobilindustrie unter Beschuss wie niemals zuvor. Da bezeichnet zum Beispiel eine junge Dame namens Janna Aljets – sie ist unter dem Pseudonym Tina Velo Sprecherin der kämpferisch contra Auto auftretenden Initiative „Sand im Getriebe" – die Automobilindustrie unisono als „hoch kriminell" und die IAA als „internationale Propagandashow für Dreckschleudern". Ein Hassvokabular, dessen Ursprung man eher bei der AfD vermuten würde.

Als Autoersatz fordern Leute wie Aljets/Velo oder die Berliner Verkehrssenatorin Regina Günther (Grüne) die Mobilitätswende mit kostenfreiem ÖPNV, gewaltigem Ausbau von Radwegen und komplettem Verbot von Verbrennungsmaschinen. Reicht das nicht aus, sollten die Leute zu Fuß gehen. Auf die Frage, ob sie demnächst Landwirte dazu zwingen wollen, wieder Pferde vor ihren Pflug zu spannen oder den Transport von Gütern ausschließlich mit Lastenfahrrädern zu organisieren, fehlt die Antwort.

Ernsthaft: Die Kumpel im Steinkohlebergbau haben maßgeblich dazu beigetragen, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ein Wirtschaftswunder erleben durfte. Ihnen war die Nation dafür jahrelang dankbar. Später sorgten in der Hauptsache die Automobilbauer für den Wohlstand, den unser Land zu einem der reichsten der Welt machte. Von Anerkennung für diese Leistung ist inzwischen nichts zu spüren.

Immer ist nur von 800 000 Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie die Rede. Zählt man aber die Zulieferbetriebe hinzu, sind es bereits rund 1,5 Millionen. Und auch die Familienangehörigen der Arbeitnehmer der Autobranche leben von deren Einkommen. Gleichzeitig schaufelt der Staat mit einer ganzen Fülle unterschiedlicher Steuern gewaltige Summen in die öffentlichen Kassen.

Überlassen wir den Auto-Gegnern das Feld, sägen wir den Wohlstands-Ast selbst ab, auf dem wir uns alle so bequem eingerichtet haben. Und wer soll dann den „kostenfreien ÖPNV, den gewaltigen Ausbau von Radwegen und das komplette Verbot von Verbrennungsmaschinen" mit dessen finanziellen Folgen überhaupt bezahlen?

Gewiss, auch der Straßenverkehr muss sich mit CO2-Emissionen einschränken. Doch wir sollten das Kind nicht mit dem Bad ausschütten. Die Ingenieure der Autokonzerne haben in der Vergangenheit nicht geschlafen, tun das heute nicht und werden das auch in Zukunft nicht tun. Elektroautos mit Batterie gibt es längst, dürften aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Wasserstoff, Brennstoffzelle, fortlaufend weiter optimierte Verbrennungsmotoren sowie synthetische Kraftstoffe, deren Zündung so gut wie CO2-frei verläuft, verheißen bereits heute eine noch umweltverträglichere individuelle Mobilität für die nahe Zukunft.

Nur mit deren Hilfe kann die Freiheit jedes einzelnen Menschen erhalten bleiben. (ampnet/hrr)

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Hans-Robert Richarz.

Hans-Robert Richarz.

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