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Kommentar: Was haben die Bayern uns da bloß eingebrockt?

Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Dieser von den Anwälten gerne zitierte Spruch wird wohl in den nächsten Tagen an vielen bayerischen Stammtischen die Runde machen. Zeigt er doch deutlich, dass die Gerechtigkeit – ähnlich dem mehr oder weniger zufälligen Zusammenspiel von Wind und Wellen – oft nur ein Zufallsprodukt ist. So wird es zumindest der harte Kern der CSU um den derzeitigen Verkehrsminister Andreas Scheuer sehen.

Dessen Vorgänger Alexander Dobrindt und der jetzige Innenminister Horst Seehofer hatten 2015 auf Druck ihrer Gefolgsleute beschlossen, auf Deutschlands Straßen eine Maut auch für Personenwagen einzuführen. Inländische Fahrzeughalter sollten davon unbehelligt und in gleicher Höhe durch eine ermäßigte Kfz-Steuer entlastet werden. Autofahrer aus anderen Ländern wären alleine und nur für die Autobahnen zur Kasse gebeten worden.

Diesem Plan hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt einen Riegel vorgeschoben und damit den Klagen der Nachbarländer Österreich und den Niederlanden stattgegeben. Die geplante deutsche Pkw-Maut sei gegenüber Fahrzeughaltern aus dem Ausland diskriminierend und deshalb nicht mit EU-Recht vereinbar, entschied der EuGH am Dienstag in Luxemburg. Außerdem behindere sie die Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs im EU-Binnenmarkt. Vielleicht ist aber auch in den Köpfen der obersten EU-Richter haften geblieben, dass in Bayern von Beginn der Diskussion an stets von einer „Ausländermaut" die Rede war.

„Ätschi, bätschi" möchte man jetzt nach Andrea-Nahles-Manier in bayerische Wirtshäuser hineinrufen, „Pech gehabt". Während Autofahrer in vielen Ländern der EU die Benutzung von Autobahnen gebührenpflichtig sei, dürften deren Bürger unsere Schnellstraßen kostenlos abnutzen, hatten sich die Bajuwaren erregt und wollten deshalb erreichen, was ihrer Meinung nach nur gerecht wäre: Gebührenpflicht für Nicht-Deutsche. Nur hatten sie großzügig übersehen, dass dort, wo Maut zu zahlen ist, ein Jeder mit und ohne Migrationshintergrund das Portemonnaie öffnen muss.

2016 hatte zunächst auch die EU-Kommission wegen der deutschen Mautgesetze die Stirn gerunzelt, dann aber, nach einigen geringfügigen Änderungen nachgegeben. Dafür hatte sogar Kanzlerin Angela Merkel zähneknirschend bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker interveniert, auf dass ihr Widersacher Seehofer nicht sein Gesicht verliere. Insofern ist das Luxemburger Urteil auch eine Niederlage für die EU-Kommission.

Doch das ist jetzt – vorerst – Schnee von gestern. Vorerst deshalb, weil jetzt in den Bundeskassen ein kalkulatorisches Loch von angeblich 500 Millionen Euro gähnt. Auf diese Summe hatte einst Alexander Dobrindt mögliche Einnahmen geschätzt und sich dafür Spott und Häme von vielen Seiten eingehandelt. Doch die Rede von 500 Millionen ist nun einmal in der Welt und das Geld zu haben oder nicht zu haben zwei Paar Stiefel. Schon jetzt werden Forderungen nach einer Maut für alle laut.

Ein paar Polit-Deppen aus Bayern haben uns möglicherweise da allen was eingebrockt. (ampnet/hrr)

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Hans-Robert Richarz.

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