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KI (3): Künstliche Intelligenz wird Basis für Industrie und Arbeitswelt

Sie gilt als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts: Künstliche Intelligenz (KI) – oder englisch Artificial Intelligence (AI) – wird die nahe, mittlere und ferne Zukunft prägen und eine ähnlich umwälzende Rolle spielen wie einst die Dampfmaschine für die erste industrielle Revolution. Künstliche Intelligenz ist das Thema des Wissenschaftsjahrs 2019, soeben ausgerufen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Berlin. Das Ziel: Jeder soll am Ende des Jahres wissen, was KI ist und welche Auswirkungen sie auf unser aller Leben und Arbeiten hat. Unser Autor Hans-Robert Richarz stellt in zunächst sechs Folgen den Stand der Technik in allen Facetten dar.

Werden in Zukunft Roboter dank künstlicher Intelligenz eine Vielzahl von Arbeitsplätzen besetzen und die dort bisher beschäftigten Menschen verdrängen und brotlos machen? Professor Dietmar Harhoff, Direktor am Münchner Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb und gleichzeitig Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation der deutschen Bundesregierung, stellt fest: „Der Begriff Künstliche Intelligenz ruft derzeit Horrorszenarien für den Arbeitsmarkt hervor. Welche Szenarien sich tatsächlich einstellen werden, ist schwer vorhersagbar. Eine wissenschaftliche Begründung für eine zu erwartende Katastrophe im Arbeitsmarkt gibt es nicht."

Alles halb so schlimm? Die erwarteten Produktivitätssteigerungen dürften Veränderungen in der Arbeitsnachfrage – qualitativ und quantitativ – auslösen. Es geht aber nicht, zitiert der Professor die amerikanischen Arbeitsmarktforscher Claudia Goldin und Lawrence Katz von der Harvard University, „um ein Rennen zwischen Mensch und Maschine. Es geht um ein Rennen zwischen Technologie und Bildungssystemen". Wie wir unsere Bildungssysteme fit machen für diese Herausforderung, wird zu einer zentralen Frage für Politik und Unternehmen. Bildung entscheidet über zukünftige Fähigkeiten im Umgang mit KI, also Produktivität – und über die Widerstandskraft des Arbeitsmarktes.

Was die wirtschaftliche Bedeutung der Künstlichen Intelligenz für die kommenden zehn Jahre betrifft, so sind seriöse Prognosen selten. Schätzungen gehen davon aus, dass allein für Deutschland bis 2030 ein Zugewinn des Bruttoinlandsprodukts von etwa zehn Prozent zu erwarten ist. Auf Pole-position im Arbeitsmarkt stehen schon heute Akademikerinnen und Akademiker, die sich intensiv mit der KI-Grundlagenforschung beschäftigt haben. Professor Harhoff weiß: „Große Datenunternehmen wie Alphabet Inc. (Google), Facebook und Amazon haben hohes Interesse daran, interne KI-Forschungsgruppen aufzubauen. Der Arbeitsmarkt für Expertinnen und Experten im maschinellen Lernen ist inzwischen leergefegt, die Wirtschaft zahlt astronomisch anmutende Gehälter für Forscherinnen und Forscher."

KI wird in der Wirtschaft nicht nur von großen Datenunternehmen und jungen Start-ups, sondern auch von etablierten Unternehmen vorangetrieben.
Zum Beispiel von der Stuttgarter Robert Bosch GmbH, unter anderem Zulieferer für die Automobilindustrie. Das Unternehmen hat in den vergangenen vier Jahren über 1,5 Milliarden Euro mit Industrie 4.0-Anwendungen umgesetzt, also mit industrieller Produktion, die mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik verzahnt ist. Bosch-Geschäftsführer Rolf Najork verspricht: „Für Bosch ist KI eine Schlüsseltechnologie. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass bis Mitte der kommenden Dekade alle Bosch-Produkte entweder über KI verfügen oder mit ihrer Hilfe entwickelt und produziert werden.“

Dank Künstlicher Intelligenz lernen Maschinen mit- und weiterzudenken. Das birgt enormes Potential. Zeitaufwändige und anstrengende Tätigkeiten werden der Maschine übertragen, der Mensch wird entlastet.

Auf der Hannover Messe vom 1. bis zum 5. April hat Bosch ViPAS vorgestellt, ein KI-basiertes System zur visuellen Qualitätskontrolle. Bei einem Pilotversuch im Bosch-Werk in Nürnberg absolvierte ViPAS 12 000 Prüfvorgänge und lag in 99,9 Prozent der Fälle richtig. So hat ViPAS nahezu fehlerfrei die Teile als „in Ordnung" oder „nicht in Ordnung" einsortiert. In einem nächsten Schritt wird ViPAS intern mit dem Ziel weiterentwickelt, die Technologie für den Einsatz in unterschiedlichen Werken fit zu machen.

Zum Beispiel von Volkswagen. Der Konzern will zusammen mit Amazon Web Services und Siemens gemeinsam die Volkswagen Industrial Cloud aufbauen. Damit schafft das Unternehmen die Grundlage für eine durchgängige Digitalisierung seiner Produktion und Logistik. Die Informationstechnik auf der Fertigungsebene von Maschinen, Anlagen und Systemen – etwa für die Produktionsplanung und Lagerhaltung – soll über alle 122 Fertigungsstätten des Volkswagen Konzerns hinweg einheitlich gestaltet und verknüpft werden. Bisher unterscheidet sie sich in Teilen von Standort zu Standort.

In ihrer Zusammenarbeit setzen die Unternehmen auf die Amazon-Technologien in den Bereichen Internet der Dinge, maschinelles Lernen und Computing Services, die speziell für das Produktionsumfeld entwickelt und auf die Anforderungen der Automobilindustrie erweitert werden. Siemens wird maßgeblich dazu beitragen, Maschinen und Anlagen unterschiedlicher Hersteller in den 122 Volkswagen-Fabriken effizient in der Cloud miteinander zu vernetzen. Außerdem erprobt der Konzern neuerdings eine speziell für das vollautomatisierte Fahren im urbanen Bereich ausgerüstete e-Golf Flotte für vollautomatisiertes Fahren bis Level 4 in Hamburg.

Zum Beispiel von ZF Friedrichshafen. Mit dem Robo-Taxi zeigt der Technologiekonzern die notwendigen Lösungen für die Entwicklung von Roboterfahrzeugen und die damit verbundenen Dienstleistungen: Das ZF-Sensorset verleiht dem Auto die Fähigkeit, seine Umgebung präzise wahrzunehmen. „ZF ProAI RoboThink“, der leistungsstarke Zentralrechner für das autonome Fahren, ist darauf ausgelegt, die enorme Menge an Sensordaten zu verarbeiten, zu einem Gesamtbild zusammenzufassen und daraus entsprechende Handlungsbefehle abzuleiten. Deren Umsetzung übernehmen vernetzte ZF-Systeme – etwa Fahrwerk, Antrieb, Lenkung, Bremse oder Insassenschutzsysteme.

Laut einer Studie des Capgemini Research Instituts, eines der weltweit führenden Anbieter von Management- und IT-Beratung, Technologie-Services und Digitaler Transformation, ist der unternehmensweite Einsatz von KI ist in den vergangenen beiden Jahren allerdings nur langsam vorangekommen: Die Zahl der Automobilunternehmen weltweit, die Künstliche Intelligenz umfassend und erfolgreich implementiert haben, ist lediglich von sieben auf zehn Prozent gestiegen. Auch die Anzahl der Unternehmen, die einzelne KI-Maßnahmen umsetzen, hat sich nicht wesentlich verändert und liegt heute bei 24 Prozent gegenüber 27 Prozent im Jahr 2017.

Was das autonome Fahren angeht, so hinkt Deutschland sowohl in technischer als auch in juristischer Fraga der amerikanischen und chinesischen Seite erheblich hinterher. Schon jetzt rollen – vom Gesetzgeber erlaubt – jenseits des Atlantiks hochautomatisierte Fahrzeuge im öffentlichen Raum. Bis es in Europa so weit ist wie in den USA und China, werden noch einige Jahre vergehen.

Die USA sind bei der Umsetzung von Künstlicher Intelligenz führend – 25 Prozent der Automobilunternehmen implementieren KI unternehmensweit, 25 Prozent selektiv. Großbritannien (14 und 39 Prozent) und Deutschland (zwölf und 25 Prozent) folgen. Das größte Wachstum innerhalb der untersuchten Länder verzeichnet China, das seinen Anteil am unternehmensweiten Gebrauch von Künstlicher Intelligenz im Automobilbereich von fünf auf neun Prozent fast verdoppelt hat.

All das zeigt, dass die Künstliche Intelligenz längst aus den Kinderschuhen heraus ist. Doch Mensch und Maschine werden in Zukunft noch stärker zusammenarbeiten und zusammenarbeiten müssen, wobei sich beide mit ihren jeweiligen Stärken ergänzen werden. Während intelligente Systeme effizient Routineaufgaben übernehmen, Muster erkennen und Daten analysieren, liegt es am Menschen, seine Stärken wie Kreativität, Kommunikationsfähigkeit, Neugier, Leidenschaft und Einfühlungsvermögen einzusetzen. Schließlich sind Menschen für die Programme der Maschinen verantwortlich. Nur sie wissen, wie digitale Assistenten oder Roboter sinnvoll einzusetzen sind. (ampnet/hrr)


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Direktor am Münchner Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb und gleichzeitig Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation der deutschen Bundesregierung Professor Dietmar Harhoff.

Direktor am Münchner Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb und gleichzeitig Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation der deutschen Bundesregierung Professor Dietmar Harhoff.

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Autonom fahrendes Taxi.

Autonom fahrendes Taxi.

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Lagerarbeiter mit künstlicher Intelligenz.

Lagerarbeiter mit künstlicher Intelligenz.

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KI-Projekt aus der Bosch-Forschung die optische Prüfzelle ViPAS.

KI-Projekt aus der Bosch-Forschung die optische Prüfzelle ViPAS.

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Volkswagen, Siemens und Amazon Web Services entwickeln gemeinsam die Volkswagen Industrial Cloud.

Volkswagen, Siemens und Amazon Web Services entwickeln gemeinsam die Volkswagen Industrial Cloud.

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Volkswagen testet eine e-Golf-Flotte für vollautomatisiertes Fahren in Hamburg.

Volkswagen testet eine e-Golf-Flotte für vollautomatisiertes Fahren in Hamburg.

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