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Glosse: Kulturkampf

Endlich ist die Diskussion über Grenzwerte und Limits eröffnet. Das hätte schon vor Jahren geschehen müssen, als es noch eine Chance gab, in guter demokratischer Übung Argumente an einander zu messen, um schließlich zu einem akzeptablen Kompromiss zu kommen. Doch die Atmosphäre ist nicht nur bei diesem Thema vergifteter als die Luft durch Abgas. Längst steht mehr als Feinstaub, Stickoxid und Geschwindigkeit im Raum. In Deutschland beginnt nun ein Kulturkampf zwischen Jung und Alt, Stadt und Land, Radfahrer gegen Autofahrer, Steakesser und Veganer – alles am Beispiel des Autos.

Unsere Zukunftsforscher und Verkehrsplaner haben eine Lösung gefunden. Wenn sie ihre Studien illustrieren, zeigen ihre Bild kaum Autos und noch weniger Menschen. Wenn das unsere Aussichten sind, dann können wir den polarisierenden Streit sofort beenden. Die Stadt der Zukunft scheint menschenleer zu sein. Weil sich keiner den Besuch im Zentrum mehr leisten kann oder weil dort nichts mehr geboten wird?

Doch in der Realität geht heute ein Riss durch unser Land, stehen sich die Gruppen unversöhnlich gegenüber: Pendler und Gewerbetreibende und Menschen auf dem Land, die Großstädter, Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Senioren, die ihre Freiheit genießen wollen und Menschen, die Spaß am Auto und ihrer persönliche Mobilität haben. Es gibt viele Gründe, Auto zu fahren. Und der demographische Wandel verschafft ihnen Gewicht bei der Wählerschaft.

Die andere Seite der Welt, das sind die Fahrradfahrer, Junggesellen und junge Paare, Großstädter eben, die solange Fahrrad und öffentliche Verkehrssysteme nutzen, bis die Einkommen stimmen und Kinder da sind. Viele von denen wollen heute eine andere Gesellschaft, auf jeden Fall weniger Leistungsdruck und mehr Lebensqualität. Wobei sich die Definitionen des Begriffs bei beiden Gruppen unversöhnlich gegenüberstehen. Umso stärker ist bei dieser Gruppe der missionarische Eifer ausgeprägt. Alle sollen folgen.

Ein Beispiel gefällig? Hannover ist nicht nur die Stadt, in der der Abmahnverein Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit gut 200 Mitgliedern registriert ist. Hier diskutiert der rot-grüne Stadtrat den Rückbau der Durchgangsstraßen und die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit dort auf 30 km/h. Außerdem hat die Stadt, die für das beste Hochdeutsch bekannt ist, eine neue Sprache angeordnet: die gendergerechte Sprache. Danach gibt es nun keinen Autofahrer als Gattungsbegriff mehr, sondern nur noch Autofahrende und Beifahrende oder nach neuer Hannoverscher Sprache Autofahrer*innen. Wer nach Duden noch das Wort Autofahrer in den Mund nimmt, outet sich damit gleich doppelt – als Mitglied der Mehrheit, aber eben als ein ewig gestriges, das umerzogen werden muss. (ampet/Sm)

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Peter Schwerdtmann.

Peter Schwerdtmann.

Foto: Auto-Medienportal.Net

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