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Überlebenskünstler: Der V10 im Audi R8

Das „Alleinstellungsmerkmal“ ist in der Automobil-Industrie kaum mit Geld aufzuwiegen. Wer etwas hat, was andere nicht haben, nicht haben können aus technischen oder nicht haben wollen aus finanziellen Gründen, der fährt in der Prestigewertung vorneweg. Audi brauchte einen langen Atem, bis es soweit war: Einen Saugmotor mit zehn Zylindern wie im R8-Coupé findet man bei anderen Herstellern nicht.

Dabei galt der V10 einst als Krone der Schöpfung, wenn es um Motorenbau ging. Stärker als ein V8, aber effizienter als ein Zwölfzylinder schien er Ultima Ratio für leistungsorientierte Triebwerksentwicklung. Die so genannte Königsklasse des Motorsports, die Formel 1, bediente sich ihrer in den Jahren 2000 bis 2005, nachdem die bis dahin üblichen Turbomotoren aus dem Reglement verbannt worden waren.

Ungemein kraftvoll, aber nach heutigen Maßstäben auch von bescheidenem Wirkungsgrad waren die Zehnzylinder, die von Ferrari, Mercedes, Renault und BMW in die Formel 1 gebracht wurden. Die Aggregate liefen mit atemberaubenden Drehzahlen von bis zu mehr als 19 000 Umdrehungen pro Minute. Doch nur rund 30 Prozent der im Kraftstoff enthaltenen Energie konnten die Formel-1-Boliden von damals in Vortrieb umsetzen, heute werden in der Königsklasse 50 Prozent erreicht.

Auf die Entwickler von straßenzugelassenen Pkw übt eine Nähe zum Motorsport immer einen besonderen Reiz aus. BMW versah 2005 das Topmodell seiner 5er-Reihe mit einem Zehnzylinder, ebenso Lexus sein LFA-Coupé, das ebenso rar wie teuer war. Einen US-Kraftmeier namens Dodge Viper konnte man mit einem 8,4 Liter großen V10 kaufen. Dass sich angesichts von 760 Newtonmetern Drehmoment bei dieser Antriebsvariante viele an einen Lastwagen erinnert fühlten, kam nicht von ungefähr: Als Dodge Ram SRT holte sich der annähernd gleich motorisierte Pick-up den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde als schnellster Serien-Pick-up der Welt.

Und dann gab es da noch den Porsche Carrera GT, vorgestellt im Jahr 2003. Der Zweisitzer war zwar im Widerspruch zu seinem Modellkürzel kein Gran Turismo, dafür aber ein High-Tech-Renner, der alle bis dahin bekannten Preis-Dimensionen des Hauses Porsche sprengte: 452 690 Euro waren für zehn Zylinder, 612 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 334 km/h zu zahlen. Vollkommen untypisch für limitierte Porsche-Modelle erreichte der Bolide nicht die vorgesehene Anzahl von 1500 Exemplaren. Nach 1282 Stück wurde die mit hohem Handfertigungsanteil versehene Produktion in Leipzig eingestellt.

Diese Exoten sind allesamt Geschichte, der Audi R8, erstmals vorgestellt im September 2006, hat überlebt und ist noch da. Wieder da, genauer gesagt, denn der Hersteller hat ihn umfassend renoviert und obendrein noch angeschärft. 30 Pferdestärken gibt es mehr als vorher, auf dem Datenblatt stehen nun 570 PS (419 kW). Das reicht für 3,4 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h. Wem das noch nicht reicht, kann auf das Performancemodell warten, das die Variante „Plus“ ablöst. Dann gebietet der Gasfuß über die Zügel für 620 Pferde. Deren Durst soll dank Zylinderabschaltung möglichst 11,5 Liter je 100 Kilometer nicht überschreiten, was jedoch von theoretischer Bedeutung ist, denn niemand kauft den Audi R8, um damit Sparrekorde einzufahren. Das Konzept, eine gezähmte Variante mit V8-Motor und günstigerem Preis anzubieten, verfing nicht und wurde 2015 eingestellt.

Rund 34 000 Exemplare sind vom R8 seit der Premiere weltweit verkauft worden, in Nordamerika hat er viele Freunde, ebenso im Mittleren Osten und in Europa. Sein Alltagsnutzen ist angesichts von strenger Limitierung auf zwei Plätze und 112 Liter Kofferraum überschaubar, seine Fahrleistungen dafür um so beeindruckender. Die aktuelle Höchstmarke schraubt das neue Modell auf 331 km/h, erreichbar wahrscheinlich an einem bundesweiten Feiertag zwischen 4 und 5 Uhr morgens auf einer baustellen- und biegungsfreien Autobahn.

Wenn im nächsten Frühjahr die offizielle Markteinführung des R8 V10 Quattro erfolgt, dann sind vom Start weg vier straßenzugelassene Versionen verfügbar. Zum Coupé gesellt sich dann der Spyder, nach wie vor mit Stoffverdeck und wegen der notwendigen Karosserieverstärkungen rund 100 Kilogramm schwerer als die geschlossene Variante. Beide sind in „Performance“-Ausstattung zu haben, was dann außer 50 PS Mehrleistung unter anderem auch serienmäßige Karbon-Verbundbremsen bedeutet. Welcher Preis den in jedem Falle wohlhabenden Kunden in Rechnung gestellt wird, ist derzeit noch das Geheimnis von Audi. Wie es heißt, soll sich die Preisliste am Vorgängermodell orientieren, was nichts anderes bedeutet, als das mindestens 165 000 Euro entrichtet werden müssen.

Da es den R8 auch in einer Motorsportvariante ohne Tauglichkeit für den öffentlichen Verkehr gibt, können sich dessen Käufer daran erfreuen, einen „echten“ Rennwagen zu bewegen. Etwa die Hälfte ihrer Bauteile hat sie mit der Straßenversion gemeinsam. Ein privates Motorsportteam muss für den nach GT3-Reglement aufgebauten Hecktriebler knapp 400 000 Euro berappen – zuzüglich Mehrwertsteuer.

Das ist relativ kostspielig, so relativ, wie die Einzigartigkeit des R8 V10 Quattro Performance. Vor allem die Liebhaber italienischer Sportwagen wissen natürlich genau, dass es doch noch einen Zehnzylinder auf dem Markt gibt, den Lamborghini Huracán. Dessen Motor ist allerdings nahezu identisch mit dem des Audis und der Hersteller eine 100-prozentige Tochter der Ingolstädter. (ampnet/afb)

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Audi R8.

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Foto: Auto-Medienportal.Net/Audi/Daniel Wollstein

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Audi R8.

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Audi R8.

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Autor Axel F. Busse im Audi R8.

Autor Axel F. Busse im Audi R8.

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Lamborghini Huracán.

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V10-Motor des Lamborghini Huracán.

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Lexus LFA.

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Dodge Viper

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Dodge Ram.

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