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Mercedes-Benz Vans „Urbanetic”: Vision oder Illusion

Lastkraftwagen rollen fast ohne Abstand im engen Platooning über die Autobahn und den Personenverkehr in den Städten übernehmen fahrerlose Kabinen – erzählte uns Prof. Ernst Fiala als eine seiner Visionen, kurz bevor er Volkswagen in Richtung Wien verließ. Die Visionen ähneln sich, doch die Technik ist inzwischen weiter. Was Fiala noch über in die Fahrbahn eingelassene Kabel steuern wollte, übernehmen jetzt Sensoren und Computer voller künstlicher Intelligenz. Wie weit das sogar im Nutzfahrzeug-Bereich heute schon reicht, zeigte uns jetzt in Kopenhagen Volker Mornhinweg mit seiner „Vision Urbanetic“ zur Zukunft seines Geschäftsbereichs Mercedes-Benz Vans.

Skateboards gab es längst, als Fiala seine Vision skizzierte. Die heutigen Entwickler von Mercedes-Benz Vans könnten in jungen Jahren darauf die Gegend unsicher gemacht haben. Jetzt beschreiben mit dem Skateboard nicht nur das Spielzeug-Brett mit den vier Rollen, sondern ein flaches Fahrzeug mit vier großen, elektrisch angetriebenen Rädern, dessen Boden oder Board alles weitere enthält: Batterie, Motoren, Elektronik und die komplette Sensorik für das autonome Fahren. Auf diese Basis lassen sich eine Passagierkabine oder ein Frachtcontainer schieben. Diese beiden Versionen sahen wir jetzt. Andere sind denkbar. Aufbauhersteller werden das dankbar aufgreifen.

Weil autonom, liegt die fahrerlose Kabine von morgen nicht mehr „an der kurzen Leine“ eines Kabels. Sie wird immer wissen, wo sie sich befindet, ihre Umgebung stets im Blick behalten und ihre Passagiere oder die Fracht in aller Stille auf dem kürzesten Weg unfallfrei ans Ziel bringen. Die Fahrzeuge brauchen nicht einmal Scheinwerfer. Ihre Sensoren erfassen auch ohne sichtbares Licht alles. Licht wird für diese Personen- und Frachtcontainer aber zu einem Mittel, mit der Umgebung zu kommunizieren, indem sie dem Fußgänger zeigen, dass sie ihn im Blick haben oder dem wartenden Passagier zeigen, dass jetzt seine Kabine auf ihn zurollt und so weiter.

Hier lassen sich ebenso viele sinnvolle Anwendungen denken wie für das Zusammenspiel zwischen dem großen Bruder Zentralrechner, der App auf dem eigenen Smartphone, der Infrastruktur (Car2X) und anderen Autos (Car2Car) usw. Und wo eine Anwendung ist, da ist auch ein Geschäft. Volker Mornhinweg jedenfalls beantwortete die Frage, womit er denn noch Geld verdienen wolle, wenn solche Kabinen erst einmal verkauft sind, sehr gelassen mit einer langen Liste von Möglichkeiten, von denen zwei schon aus der heutigen Sicht einleuchten: Das Unternehmen könnte die Flotte selbst betreiben und so den öffentlichen Personennahverkehr und den Frachtverkehr in der Innenstadt übernehmen oder das Geschäft mit Partnern abwickeln. Obendrauf folgt eine lange Liste von Dienstleistungen.

Wir erinnern uns. Als das Smartphone aufkam, war auch von den Dienstleistungen die Rede, die Unsummen verdienen sollten. Nicht viele glaubten daran. Und heute ist das ein Milliardenmarkt, den es vor dem Smartphone nicht gab. Auch bei den autonomen Verkehrssystemen sind die Erwartungen hoch. Und wieder wirkt der Hinweis auf die Dienstleistungen hochspekulativ. Aber auch dieses Mal wird die Hoffnung wieder zur Gewissheit und zur Ertragsquelle werden.

Aber dafür muss sich offenbar mehr ändern als nur die Technik des Fahrens. Denn wir marschieren mit Riesenschritten in das Zeitalter der Megacities. Schon bald wird mehr als jeder zweite Mensch auf Erden in einer Stadt leben, viele in Super-Großstädte. Und von unseren Städten wissen wir heute schon, dass sie zu eng sind. Wir beklagen den Verkehr, die Abgase, den Stau, den Lärm und erst recht die Verkehrsopfer. Und dann noch die Suche nach dem Parkplatz.

Glauben wir den Stadtplanern, was sie uns über die Stadt der Zukunft sagen, dann ist dort mehr Platz, mehr Grün, mehr Lebensraum – kurz: die Stadt der Zukunft ist ein Platz mit deutlich höherer Lebensqualität als unsere heutigen Städte. Wer sich mit Ruhe und Genuss einmal die Skizzen guter Stadtplaner zur Zukunft anschaut, der mag es gar nicht mehr erwarten, bis ihm auffällt: Auf den Skizzen fehlen die Autos und Lastwagen. Wie geht das?

Mercedes-Benz Vans hat einen Vorschlag für eine Antwort, die künftigen Generationen wieder den Platz fürs Skateboard-Fahren verschaffen soll. Eigentlich ist alles ganz einfach:

In den Innenstädten gibt es bei der Vision Urbanetic nur noch batterieelektrische Antriebe. Das ist heute beim Tagespensum von Systemen, die die Innenstadt nicht verlassen, eine richtige Entscheidung.

Trennen von Personen- und Frachtverkehr. Auslieferungen können auch nachts geschehen, denn die Frachter bewegen sich lautlos. Der Container kann beim Abnehmer bleiben, das Skateboard übernimmt den nächsten Auftrag.

Auslieferungen können tagsüber in den verkehrsärmeren Zeit durchgeführt werden.

Bis zu zwölf Personen sollen in einem der autonomen People Mover Platz finden. Wer einen Fahrtwunsch hat, bestellt die Kabine zu einem nahegelegenen Halteplatz und wird dicht am Ziel wieder abgesetzt. Der Zentralrechner lernt auch die Benutzungsgewohnheiten seiner Fahrgäste und plant so die richtige Zahl der Kabinen ein.

Das alles wird bei Datenschützern Unwohlsein auslösen und überzeugt dennoch, wenn bei uns Heutigen auch einige Fragen offen bleiben:

Welche Rolle spielen die privaten Automobile? Gibt es sie noch oder muss ich als Städter auf die bisherige Form der Mobilität – auf mein Auto – komplett verzichten?

Zumindest in Deutschland spricht die Politik davon, die Bebauung zu verdichten? Wie schaffen wir denn unter diesen Umständen den neuen, attraktiven Lebensraum?

In der Rushhour übernehmen dann sechs oder sieben Kabinen die Aufgaben eines heutigen Stadtbusses. Das könnte eng werden. Oder müssen wir erst alle unseren Arbeitsplatz ins eigene Heim verlegen?

Vermutlich sind das Fragen, die sich über die Zeit erledigen werden. Es werden einige Jahre vergehen, bis die Vorschriften und die technischen Standards in den Ländern die Umsetzung der Vision erlauben werden. Aber mit Urbanetic hat Mercedes-Benz Vans gezeigt, dass sich die Technik auch beim innerstädtischen – fast individuellen – Personennahverkehr und bei den Auslieferungen auf der letzten Meile in eine interessante Richtung entwickelt. Gleichzeitig zeigen Volker Mornhinweg und sein Team mit Urbanetic aber auch, dass Innovation nicht mehr die Domäne der Kollegen von der Pkw-Sparte ist. Und ausgerechnet die Nutzis drängeln sich beim Design an den Pkw-Kollegen vorbei. (ampnet/Sm)



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Mercedes-Benz Vision Urbanetic: Volker Mornhinweg mit dem People Mover.

Mercedes-Benz Vision Urbanetic: Volker Mornhinweg mit dem People Mover.

Foto: Auto-Medienportal.Net

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Mercedes-Benz Vision Urbanetic: ein Modul für den Personentransport wird auf die Plattform - genannt Skateboard - geschoben.

Mercedes-Benz Vision Urbanetic: ein Modul für den Personentransport wird auf die Plattform - genannt Skateboard - geschoben.

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Vision Urbanetic als Teil der "adVANce"-Strategie des Geschäftsbereichs Mercedes-Bens Vans und der Chef Volker Mornhinweg.

Vision Urbanetic als Teil der "adVANce"-Strategie des Geschäftsbereichs Mercedes-Bens Vans und der Chef Volker Mornhinweg.

Foto: Auto-Medienportal.Net

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Mercedes-Benz Vans: Volker Mornhinweg.

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