Am Anfang stand ein Telefongespräch. Jona und Laurin – Nachnamen spielen bei diesem Projekt keine Rolle – unterhielten sich über Erdöl und darüber, dass 61 Prozent der weltweiten Vorräte für die Mobilität verbrannt werden. Das müsste sich doch ändern lassen, meinten die beiden und machten sich ans Werk.
Das Ergebnis war wenig später ein elektrifizierter Kleinwagen, der in einer Garage ohne großes Fachwissen der beiden mit Hilfe von Anleitungen aus dem Internet zusammengebastelt worden war. Wenigstens Schweißen hatte einer der beiden in der Schule gelernt. Damit hätte die Geschichte schon wieder enden können. Doch die beiden jugendlichen Bastler wollten mehr. Es ging ihnen um einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Mobilität – um nichts weniger. Nun ist die Welt der Elektromobilität voll mit selbst ernannten Pionieren, die es den Großen der Industrie zeigen wollen. In diesem Feld ist das Unternehmen der beiden Gründer Jona und Laurin und die später zu dem Duo gestoßene Navina das wahrscheinlich ungewöhnlichste Start-up.
Im Jahr 2016 entstand in München ganz bürgerlich Sono Motors als GmbH mit dem Ziel, ein Elektromobil auf den Markt zu bringen, das neben den konventionellen Energiequellen auch die Sonne anzapfen sollte. Zwei Jahre später umfasst das Unternehmen 60 Angestellte, von denen „viele von den etablierten Herstellern zu uns gekommen sind“, so eine Sono-Sprecherin und vor allem den Prototypen des Sion, der Ende kommenden Jahres auf den Markt rollen soll.
Bisher hat die Firma für ihr Auto bereits 7100 Festbestellungen eingesammelt, „und jeden Tag kommen neue hinzu.“ Offensichtlich hat das Team den richtigen Ton für seine Botschaft gefunden, denn hier geht es nicht allein um ein neues Modell. „Wir wollen, dass die Menschen später ihren Sion mit anderen teilen. Deshalb kommt das Auto mit einer App zu den Kunden, damit so ein privates Carsharing organisiert werden kann“, erklärt Sono-Sprecherin Anne-Sophie. Bei Sono erkennt man nur Vornamen an. Auch das macht die Firma irgendwie sympathisch.
Neben den festen Bestellungen konnte das Unternehmen bei einer Crowd-Investing-Runde insgesamt 2,3 Millionen Euro einnehmen und zugleich drei potente Investoren „unsere Business-Angels“ für das Projekt gewinnen. Offensichtlich haben die jugendlichen Unternehmer Henry Ford genau studiert und ein entscheidendes Element für den Sion übernommen. „Bei uns gibt es als einziges Extra eine Anhängerkupplung, ansonsten wird der Sion ohne jede Individualisierung produziert. Nur so ist der Preis von 16 000 Euro zu realisieren“, erklärt Anne-Sophie. Allerdings müssen die Kunden die Batterie entweder für 4000 Euro kaufen, oder sie bezahlen eine monatliche Miete. Und wie bei Henry Ford kann man den Sion in allen Lackierungen ordern, solange sie schwarz ist. „Wir verfolgen ganz klar eine Ein-Produkt-Strategie“, beschreibt Anne-Sophie die Ausrichtung des Unternehmens.
Inzwischen ist der Sion auf einer Tour durch Deutschland (Probefahrttermine auf www.sonomotors.com). Zwar fehlt dem Prototyp noch der letzte Schliff, doch die ersten kurzen Fahreindrücke sind durchaus positiv. Als erster seiner Art kombiniert der Sion die Kraft der Sonne mit einer Lithiumionen-Batterie, so dass, wenigstens sagt das Anne-Sophie, über die Sonnenkollektoren pro Sonnentag rund 30 Kilometer Reichweite gespeichert werden können. Der durchschnittliche Pendler kann so im besten Fall seinen Arbeitsplatz allein mit Sonnenenergie erreichen, ohne die Batterie zu nutzen.
Insgesamt kommt der Sion mit einer Batterieladung 250 Kilometer weit. Als Antrieb dient ein 109 PS (80 kW) starker Drei-Phasen-Asynchronmotor, der den 4,1 Meter messenden Sion auf maximal 140 km/h beschleunigt. Der Viertürer ist als vollwertiger Familienwagen ausgelegt. In den Kofferraum (650 Liter) hinter der weit öffnenden Heckklappe passt problemlos ein Kinderwagen, und im Fond sorgt Isofix für die Sicherheit der Kleinen. Die Batterie kommt vom Zulieferer Ellring-Klinger, und für die Serienproduktion ist ein Hersteller in Europa gebucht.
Für ein optimales Raumklima soll ein spezielles Moos sorgen, das in das Armaturenbrett integriert wurde. Mittels elektrostatischer Anziehung filtert es bis zu 20 Prozent des Feinstaubs aus der Luft, verspricht Sono. Geladen werden kann der Sion mit den zurzeit aktuellen drei Ladeverfahren: Schuko (Ladezeit 13 Stunden), Typ 2 mit 11 kW (2,5 Stunden bis 80 Prozent und 100 Prozent in 3,5 Stunden) und schließlich das Schnell-Ladesystem mit CCS-Stecker und 50 kW (30 Minuten bis 80 Prozent). Außerdem kann der kompakte Sion die gespeicherte Energie abgeben und mutiert dann zu einer unabhängigen Stromquelle für alle Fälle. (ampnet/ww)
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