Es gibt Autos, die begleiten einen Motorjournalisten durch sein gesamtes Berufsleben. Bei Älteren sind das zum Beispiel der Käfer oder der Defender, bei Jüngeren auf jeden Fall auch der Mazda MX-5. Bei so manchem Kollegen wird der seine Karriere als Traumwagen fürs Jungsredakteurs-Gehalt begonnen haben, bei anderen zählt er zu den beliebtesten Spielzeugen. Seit bald 30 Jahren hält sich der kleine Roadster aus Japan in den Herzen, jetzt kommt er in seiner neuesten Version, dem Jahrgang 2019. Der erste MX-5 kam 1989 in den USA auf den Markt. Mittlerweile hat Mazda seinen Roadster mehr als eine Million mal verkauft.
Klein, leicht, flott motorisiert, wendig und flink wie ein Wiesel, wenn es um die Kurven ging – mit solchen Go-Gart-Eigenschaften und seinem italienisch anmutenden Design erweckte er 1990 auch in Deutschland eine verschollen geglaubte Fahrzeugklasse zu neuem Leben, die einst Triumph, Spitfires und MG und andere kleine Engländer beherrscht hatten. Aber im Gegensatz zu denen, die eher das Autobastler- als das Fahrerherz erfreuten, rollte der MX-5 mit japanischer Qualität und Zuverlässigkeit auf den europäischen Markt und wurde hier begrüßt wie ein lange vermisster Freund.
Und bezahlbar war er auch. Deswegen war es wenig verwunderlich, dass junge Leute – erstaunlich viele Frauen – sich für einen MX-5 entschieden. Um Spitzenfahrleistungen ging es beim MX-5 nie. Der Golf-Fahrer, der einen überholte, mochte Triumph empfinden. Ein MX-5-Fahrer hatte für solche Gefühle nur ein müdes Lächeln übrig – oder ein glückliches, wenn er mit offenem Verdeck die Gegend nach Kurven absuchte.
Höchstgeschwindigkeit überlässt auch der neue MX-5 gern den anderen. Selbst in seiner stärksten Version mit dem Zwei-Liter-Vierzylinder hält er mit 6,5 Sekunden für den Spurt von auf 100 km/h und seiner Höchstgeschwindigkeit von knapp 220 km/h deutlichen Abstand zu Sportwagen. Seinen Insassen bietet er andere Erlebnisse: Da ist das Gleiten, tief über dem Asphalt und unter offenem Himmel, vom Stoffverdeck freigegeben nach nur einem Handgriff vom Fahrersitz aus. Heute wählen mehr als 40 Prozent den MX-5 in der RF-Version, mit einem elektrisch nach hinten verschwindenden dreiteiligen festen Dach. In beiden Versionen ist das Go-Kart-Gefühl zuhause, wenn der Kleine von seinem Heck sanft und sicher ausschwingend in die Kurven drängt und der Motor ihn mit hohen Drehzahlen wieder zur nächsten Biegung treibt, natürlich alles handgeschaltet. So war es früher. Jetzt gibt es die RF-Variante auch mit einer Sechs-Gang-Automatik. Doch nur vier von 100 MX-5-Käufern entscheiden sich fürs Automatische.
Die anderen haben es lieber puristischer. Mit dem extrem kurzen Knüppel durch die sechs Gänge zu knacken, gehört für sie ebenso zum Vergnügen wie der Umgang mit der direkten und präzis arbeitenden Lenkung, die jede Menge von der Straße zu berichten weiß. Der Fahrer weiß jederzeit, was sein Roadster an Eingaben braucht und wie er ihn bei Laune hält. Doch trotz des sprichwörtlichen Go-Kart-Fahrverhaltens und der direkten Rückkopplung der Lenkung bleibt der Roadster nett zum Rückgrat. Er verhält sich straff, aber nicht hart.
Aber die gekonnte Innenraumgestaltung in sportlich schwarzer Optik mit klassischen Rundinstrumenten mit guten Materialien in guter Verarbeitung nimmt der Mensch von heute ebenso gern hin. Bei diesem „Go-Kart“ ist inzwischen auch Luxus zuhause und eine Elektronik, die jede Lage im Griff hat – wenn nötig. Der aktuelle MX-5 wirkt erwachsener und passt zu den gehobenen Ansprüchen unserer Tage. Wer sein kleines Lenkrad mit dem dicken Lederkranz (jetzt in Höhe und Länge einstellbar) in die Hand nimmt und sich in dem bescheidenen Raumangebot für Fahrer und Beifahrer umschaut, der spürt, er sitzt in einem sicheren Auto. Doch nicht nur die Sportsitze werden ihn schließlich dazu verleiten, die Fähigkeiten auszuloten.
Der Weg bis zur Grenze – der persönlichen oder der physikalischen – ist weit, und er kann so schön sein. Um den Beweis dafür anzutreten, zeigte Mazda den MX-5 des Jahrgangs 2019 jetzt auf der Gebirgsstraße Transfagarasan in Rumänien, die sich 151 Kilometer weit durch die Fagaras-Gebirgsgruppe in den Südkarpaten zieht und Siebenbürgen (Transsilvanien) mit der Walachei verbindet. Sie wird als eine der schönsten Straßen der Welt bezeichnet. Eine der besten ist sie jedenfalls nicht. Da konnte sich die Federung stundenlang beweisen.
Diese noch vom letzten rumänischen Diktator Ceausescus gebaute Militärstraße berührt einen mehr als die technischen Änderungen und optischen Retuschen am neuen Jahrgang: Der größere 2,0-Liter Skyactiv-G Benziner leistet nun 24 PS mehr als sein Vorgänger, nämlich 184 PS. Beim 1,5-Liter Skyactiv-G Benziner beträgt die Leistung nun 132 PS. Im Verbrauch halten sich die beiden Motoren – gemessen nach dem neuen WLTP-Verfahren – zurück. Der Zweiliter kommt im Schnitt mit 6,9 Litern auf 100 km aus, der kleinere Vierzylinder mit 6,3 Litern. Unser Verbrauch auf den rund 400 Kilometern von Sibiu über die Bergstraße und zurück maß der Bordcomputer mit genau sieben Litern. Beide Motoren arbeiten ohne Benzin-Partikelfilter. Innermotorische Maßnahmen reichen aus bei diesem Konzept mit der ungewöhnlich hohen Verdichtung von 13:1 und dem hohen Drehzahlniveau von maximal 7500 Umdrehungen pro Minute (U/min) beim Zweiliter und für Abgaswerte nach Euro 6d-TEMP.
Natürlich gibt es auch bei den Komfort- und Sicherheitssystemen ebenso Fortschritte wie bei der Konnektivität. Das gehört sich so bei jeder Modellpflege, wirkt aber in nur wenigen Autos mit Ikonencharakter überflüssiger als im MX-5, dem Luxus-Puristen. Doch auch der gönnt sich und seinen Käufern inzwischen natürlich auch hochwertige Ausstattungsvarianten und damit auch ein breites Preisspektrum. Es beginnt beim 1,5-Liter Benziner in der einfachsten Ausstattung „Prime“ für 22 900 Euro und endet beim Zweiliter in der besten Ausstattung Sportline für 30 890 Euro inklusive Automatikgetriebe, das es nur für den Zweiliter-Motor in der RF-Variante gibt. Dazwischen liegen die Varianten „Center-Line“ und „Exclusive-Line“. Zur Illustration des Spielraums beim Ankreuzen der Bestellung: Die Sports-Line enthält Matrix-LED-Scheinwerfer mit Fernlicht-Assistent, einen Spurwechsel-Assistenten, Ausparkhilfe, schlüsselloses Zugangssystem, einen Soundgenerator für die Auspuffanlage, ein Bose-Soundsystem und Mazda-Navi.
Diese Aufzählung klingt so, als habe der Trend zur kompletten Absicherung auch den MX-5 überrollt. Wir fanden: Er fühlt sich immer noch so an wie der alte – klein, leicht, flott motorisiert, wendig und flink wie ein Wiesel, aber eben auch gediegener und erwachsener.
Dieser Roadster bietet ein Genuss-Niveau, dass sich jeder einmal gönnen können sollte, allerdings – wenn’s geht allein. Mazda gibt ein Leergewicht von 1105 kg ohne Fahrer und eine maximale Zuladung von 230 kg. Rechnen wir einmal das Fahrzeuggewicht nach der DIN-Norm, dann kommen 68 kg für den Fahrer, 8 kg für Gepäck und rund 40 kg für die in der Norm vorgesehen 90 Prozent Treibstoff im Tank dazu. Das Leergewicht nach DIN beträgt also 1225 kg. Wenn wir einen Jockey als Fahrer voraussetzen, bleiben also noch 110 kg für den vollen Tank, den Beifahrer und das Gepäck in den 130 Liter Kofferraum – wenn der Fahrer nicht zunimmt.
Das Problem der geringen Zuladung findet sich bei vielen Sportwagen, manchmal noch extremer. Doch bei diesem Mazda fällt es leicht, Nachsicht zu üben. Denn der aktuelle MX-5 ist der leichteste seit 1989. Das ist heutzutage zumindest ein dickes Lob wert. Der Mensch, der wie der Autor das Jockey-Gewicht längst hinter sich gelassen, muss sich eben gut überlegen, wen er als Sozius oder Sozia an Bord lässt. (ampnet/Sm)
Daten Mazda MX-5 RF Skyactiv-G184 i-Loop Sports Line
Länge x Breite x Höhe (m): 3,92 x 1,74 (mit Spiegeln 1,92) x 1,23
Radstand (m): 2,31
Motor: R4-Benziner, 1998 ccm, Skyactiv, i-Loop
Verdichtung:13:1
Leistung: 135 kW / 184 PS bei 7500 U/min
Max. Drehmoment: 205 Nm bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 219 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,5 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 6,9 Liter
CO2-Emissionen (WLTP): 155 g/km (Euro 6d-TEMP)
Effizienzklasse: F
Leergewicht (ohne Fahrer) / Zuladung: min. 1105 kg / max. 230 kg
Kofferraumvolumen: 130 Liter
Wendekreis: 10,4 m
Räder / Bereifung: 7 J x 17 / 205/45 R 17 84W
Basispreis: 30 890 Euro
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