Kurzkritik Tesla Model 3: Dritter Streich

Nach den Modellen S und X folgt der Tesla Model 3 – als Fließheck-Limousine der Mittelklasse, die endgültig den Massenmarkt erobern soll. Über 400 000 Vorbestellungen will Tesla eingeheimst haben, das Einstiegsmodell soll nur 35 000 Dollar kosten. Einstweilen gibt es jedoch nur besser ausgestattete Modelle mit einer größeren Batterie, für die mindestens 49 000 Dollar den Besitzer wechseln. Eines dieser Autos haben wir jetzt in den USA geprüft.

Beim Einstieg überraschen die luftige Kabine und das stark reduzierte Cockpit mit einem großen TFT-Bildschirm, der praktisch alle Anzeigen und Funktionen vereint. Das klingt nach einer guten Idee, sorgt jedoch für Ablenkung – denn auch Sicherheitsfunktionen sind dort versteckt.

Der Sitzkomfort ist vorne gut, hinten jedoch mangelhaft. Und der mäßig große hintere Kofferraum ist nur durch eine kleine Klappe zugänglich. Vorn bleibt nur Platz für Handgepäck. Dafür gibt es ein großes Glasdach.

Der E-Motor leistet rund 265 PS. Damit sprintet der Model 3 in knapp über 5 Sekunden auf 100 km/h und weiter bis zu 225 km/h Spitze. Die Reichweite liegt bei 500 Kilometern – unter günstigsten Umständen. In der Praxis sind es deutlich weniger.

Während der Antrieb temperamentvoll und leise agiert, leidet das Fahrverhalten unter dem hohen Gewicht von mehr als 1,7 Tonnen. Die Seitenneigung in Kurven ist beträchtlich, im Grenzbereich untersteuert das Auto. Das Bremsgefühl ist schwammig, und obendrein lässt der Abrollkomfort erheblich zu wünschen übrig.

Der „Autopilot", mit dem das Auto kurzzeitig selbstständig fahren kann, glänzt mit sauberer Spurhaltung und ungewöhnlich weitgehender Abdeckung des Straßennetzes. Er steigt jedoch immer wieder unvermittelt aus – und zwar gern in Kurven, die er am besten gar nicht erst angegangen wäre. Dann schnellt die Lenkung unvermittelt in die Mitellage zurück, während das Auto in Richtung Straßengraben strebt. Auf Schnellstraßen gibt es immer wieder zuckende Lenkausschläge, und beim Spurwechsel werden Autos auf der Nebenspur bisweilen übersehen. Die Strategie ist aggressiv und kaum geeignet, Zweifel an der Sicherheit derartiger Systeme auszuräumen.

Die Verarbeitungs- und Materialqualität des Tesla Model 3 kann nur niedrigen Ansprüchen genügen und ist in Anbetracht des hohen Kaufpreises kaum akzeptabel.

Und so spricht für diesen kleinen Tesla eigentlich nur, dass es sich bei ihm um eines der ersten Autos im Segment handelt. Zudem ist er sportlich ausgelegt. Und da die Öffentlichkeit bei Elektroautos ohnehin einen CO2-Ausstoß von null ansetzt, ist es unwichtig, wie effizient der Antrieb tatsächlich ist.

Für potentielle Kunden ist der unfertig wirkende Tesla ein Risiko: Aus dem US-Markt ist zu hören, dass viele Kunden unter Schwierigkeiten bei der Auslieferung und gravierenden Mängeln leiden – bis hin zu Totalausfällen. Wer sich trotzdem darauf einlassen will, sollte erst einmal abwarten, bis das Auto auf dem deutschen Markt erscheint. Bis es soweit ist, dürfte es dann auch eine Reihe seriöser Alternativen geben. (ampnet/jm)

Daten Tesla Model 3 (Heckantrieb)

Länge x Breite x Höhe (m): 4,69 x 1,93 x 1,44
Radstand (m): 2,88
Elektro-Motor: ca. 200 kW / 265 PS
Drehmoment: ca. 415 Nm
Batterie: Lithiumionen-Batterie, 75 kWh
Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: ca. 5,3 Sek.
Durchschnittsverbrauch: ca. 26 kWh/100 km
Leergewicht: ca. 1750 kg
Kofferraumvolumen: 340 (hinten) plus 85 (vorn) Liter
Räder / Reifen: 9 J x 18 / 235/45 R 18
Luftwiderstandsbeiwert: 0,23
Preis: ab 49 000 Dollar