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Erfolg nimmt der Caravaning-Branche den Mut zu echter Innovation

Ändere nie ein siegreiches Team, empfahl einst der englische Nationaltrainer Sir Alfred Ernest Ramsey. In Anbetracht der glänzenden Absatzzahlen, mit denen die gesamt Caravaning-Branche nun schon seit Jahren einen Rekord nach dem anderen aufstellt, könnte man meinen, sie habe tatsächlich alles richtig gemacht – immer wieder zweistellige Zuwachsraten. Doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass nicht das Produkt allein für die Kundenbegeisterung sorgt. So kommen Tourismus-Forscher zu dem Ergebnis, dass die Lust auf Fernreisen schwindet. Politische Wirren in der Türkei, das Treiben von Fanatikern in Ägypten und Nordafrika oder die Angst, mit Flüchtlingsströmen konfrontiert zu werden, lassen viele Urlauber innerhalb Europas Erholung suchen.

Selbst die Vereinigten Staaten sind in der Ära Trump für viele zum No-Go-Land geworden. Auch das Verspätungschaos auf den Flughäfen, das sich in Flugausfällen oder zumindest in erheblichen Verspätungen niederschlägt, mindert den Spaß daran, nach Mallorca, Malta oder Mauritius zu jetten. An schnelle Abhilfe ist nicht zu denken, der Luftraum ist einfach überlastet. Machtbesessene Staatschefs und ebenso fanatische wie gewaltbereite Gläubige kommen ebenfalls nicht über Nacht zur Vernunft. Wenn wundert es, dass die Ostsee in diesem Jahr eines der bevorzugten Reiseziele der Deutschen ist, auch Harz und Schwarzwald gewinnen zusehends an Attraktivität.

Reisemobil und Caravan sind als Alternative zu bisherigen Urlaubsformen en vogue. Denn terroristische Anschläge auf dem Campingplatz von Lackenhäuser, im Bayrischen Wald oder dem Stellplatz in Kiel am Nord-Ostsee-Kanal sind kaum zu erwarten. Und gerade in Zeiten, in denen die ersten geburtenstarken Jahrgänge dem Ruhestand näher kommen, Häuser oder Eigentumswohnungen abbezahlt sind und Erbschaften oder erkleckliche Summen aus der privaten Altersvorsorge finanzielle Hürden klein werden lassen, birgt die Anschaffung eines teuren Mobils selbst zu Preisen jenseits von 100 000 Euro erheblichen Charme. Das freut die Hersteller und beschert ihnen satte Gewinne.

Gewiss, die Branche investiert einen Teil davon, vornehmlich aber in Produktionserweiterungen um die große Nachfrage zu befriedigen. Erschreckend ist, wie sparsam wirkliche Innovationen bei Neuentwicklungen zu finden sind. Leichtbau ist noch das auffälligste Bestreben. Aber die Themen alternative Antriebe, Materialkunde und Design werden sträflich vernachlässigt. Die meisten Modelle sehen zeitgemäß aus, aber eben nicht mehr. Die Möbel sind wie vor 30 Jahren meist aus Sperrholz gefertigt, auf ihren Oberflächen will Kunststoff immer noch wie Eiche oder Kirschbaum aussehen.

Die überschaubare Zahl der Innovationen kommt unterdessen nicht von den Herstellern selbst. Zulieferer sorgen weitaus öfter für frischen Wind in der Branche. So fällt den meisten Campern die Kassetten-Toilette als wichtigste Entwicklung der Campingindustrie ein. Erfunden und perfektioniert nicht bei Hymer oder Hobby, sondern von Ausstattungsspezialisten wie Thetford und Dometic.

Dieses Versäumnis allein ist noch kein Grund zur Sorge und wird nicht die nächste Krise der Hersteller von Freizeitfahrzeugen auslösen. Doch die Probleme werden nicht allzu lange auf sich warten lassen. Denn nicht jeder, der mit seinem Reisemobil die große Freiheit sucht, wird sie auch finden. Der wird sich enttäuscht vom rollenden Feriendomizil abwenden. Spätestens dann, wenn er während eines Sommerwochenendes an Mosel, Ostsee oder in den Bergen beim dritten Stellplatz wegen Überbelegung vor verschlossenen Schranken steht, werden in ihm die Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidung zu Gunsten dieser Urlaubsform wachsen.

Sollte die Nachfrage in den kommenden Jahren nicht ebenso stürmisch wachsen, möglicherweise sogar zurückgehen, werden die gerade angestrengten Kapazitätsausweitungen für die Anbieter zum gefährlichen Ballast werden. Bereits dreimal seit den 1970er Jahren musste die Branche solche Einbrüche erleben. Was zu einer Konzentration der Marken geführt hat, die bis heute hauptsächlich in nur drei Konzernen zusammengeführt wurden. Hobby, Hymer und Knaus-Tabbert bedienen aktuell rund drei Viertel des deutschen Marktes. Ob alle drei die nächste Krise in ihrer heutigen Form überstehen werden, ist fraglich.

Den Herstellern sei deswegen dringend angeraten, Klasse statt Masse zu produzieren. Auch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Antriebstechnik ist erforderlich, denn sonst könnten in nicht zu ferner Zukunft auch Reisemobile mit Euro-6-Abgasnorm von Dieselfahrverboten betroffen sein. Elektromobilität erwartet hier niemand wirklich, aber die ersten zaghaften Versuche, mit gasbetriebenen Motoren sollten weitergeführt werden. Klar, dass hierbei eine enge Kooperation mit den Basisfahrzeug-Lieferanten eingegangen werden muss. Die wäre auch mit Tourismus-Verbänden und Campingplatz-Betreibern notwendig, um die Infrastruktur für Stellplätze sowie für Ver- und Entsorgungsstationen weiter auszubauen.

Zu guter Letzt wollen wir der Branche insgesamt mehr Mut auf neuen Wegen wünschen. Denn die Zeit der Bräsigkeit ist abgelaufen. Aber leider sehen wir kaum Möglichkeiten, dass uns die Caravan-Branche beim Salon in Düsseldorf vom Freitag, 25. August bis Sonntag, 2. September 2018 mit echten Innovationen überraschen könnte. (ampnet/mk)

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Das Angebot ist gut - und teuer.

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Dethleffs-Werk in Isny.

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Hobby-Werk in Fockbeck bei Rendsburg.

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Carthago-Werk.

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