Audi Travelution: Mit der Ampel auf Du und Du

Wer hat sich nicht schon über den autofahrenden Zeitgenossen geärgert, der mit 25 km/h auf eine rote Ampel zurollt und scheinbar den ganzen Verkehr aufhält. Noch mag das gerechtfertigt sein, aber in ein paar Jahren wird man sich fragen müssen, ob der nicht das bessere Auto als man selbst hat. Seines steht vielleicht mit der Ampel auf Du und Du, und die hat ihm gerade gesagt, wann sie wieder auf Grün schaltet. Sein Auto hat ihm daraus errechnet, wie schnell er fahren muss, um mit frischem Grün über die Kreuzung zu rollen. Bei Audi heißt das „Travelution“.

Der Autofahrer der Zukunft muss nicht mehr vor jeder Ampel bis zum Stillstand herunterbremsen und dann aus dem Stand wieder anfahren. Das spart Kraftstoff, umso mehr, wenn er im Schubbetrieb auf die Ampel zurollt. Und es erspart den Anwohnern das lästige Geräusch von abbremsenden und – wohlmöglich – voll beschleunigenden Autos. Außerdem kann das zu einem gleichmäßigeren Verkehrsfluss und weniger Staus im Stadtverkehr führen.

Um den Vorgang ganz zu automatisieren, entwickelt Audi ein passendes intelligentes System, genannt Smart ACC, eine Automatik, die es übernimmt, die richtige Geschwindigkeit einzustellen, was sicher im dichten Innenstadtverkehr den Komfort erhöht, aber auch einen Sicherheitsaspekt darstellen kann.

Will man dann auch noch verhindern, dass jemand unabsichtlich eine rote Verkehrsampel überfährt, kann auch da eine Automatik helfen. Die Fahrzeugelektronik weiß eben, dass die Ampel voraus Rot zeigt oder in Kürze auf das Haltesignal umschaltet. Reagiert der Fahrer nicht, mahnt in ein Ton. Reagiert er dann immer noch nicht, packen die Bremsen kurz zu, um ihn wachzurütteln. Die Bremsung muss er dann selbst vornehmen.

Warum das alles? Zur Antwort müssen Technik und Statistik herhalten. Jeder Ampelstart weniger spart etwa fünf Gramm Kohlendioxid weniger. Wäre das System der „sprechenden“ Ampel flächendeckend eingeführt, könnte im Stadtverkehr pro Jahr der Verbrauch um 17 Prozent oder um 900 Millionen Liter Kraftstoff oder die Kohlendioxid-Emission um 20 Millionen Tonnen reduziert werden; denn 30 Prozent der Verkehrsleistung in einer Stadt spielt sich an ampelgeregelten Kreuzungen ab.

Auch zum Thema Rotlichtsünder haben die Statistiker Zahlen parat. Rund 300 000 Fälle werden jedes Jahr registriert. Die Erfahrung lehrt dazu zweierlei: Die Zahlen steigen zur Zeit, und die Dunkelziffer ist hoch. 2,2 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden hängen mit einer Missachtung des roten Lichts zusammen oder – brutaler ausgedrückt – 100 Menschen sterben jedes Jahr, weil ein Rotlicht überfahren wurde, meist Fußgänger.

Bei Systemen wie Travelution geht es aber nicht nur um Verkehrslenkung, Sicherheit und
teigerung des Komforts beim Fahren, sondern auch um weitere Dienstleistungen, die sich hinzufügen lassen, wenn das Auto entsprechend ausgerüstet ist und die Umwelt mitspielt. So führte Audi jetzt in Ingolstadt vor, wie das Tanken in der Zukunft aussehen könnte: Das Auto weiß, welche Zapfsäule der Tankstelle betriebsbereit ist. Die Tankstelle fragt die Kreditkarte ab. Man tankt und fährt weiter. Die Rechnung folgt. Nur ein paar bestätigende Knopfdrücke per Dreh-Drücksteller der MMI-Elektronik genügen. Übrigens verhindert das System auch das Tanken des falschen Kraftstoffs. Ähnlich läuft es ab, wenn man in ein Parkhaus einfährt. Auch hier wird der Betrag von der Kreditkarte abgebucht,

Bis das und anderes wirklich funktioniert, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Die Technik muss noch weiterentwickelt werden. Was wir erlebten, waren Ergebnisse der Vorentwicklung. Die Technik ist gerade soweit, dass sie sich mit noch mordmäßig großer Elektronik im Kofferraum präsentieren lässt. In Ingolstadt gibt es gerade mal 25 „sprechende“ Ampeln. Bis zum Ende des Jahres sollen es 52 sein. Und bisher spielen in Audi-City nur eine Tankstelle und ein Parkplatz mit.

Doch die Dinge bewegen sich nicht nur in Ingolstadt; denn Travelution ist nicht das einzige Projekt dieser Art. Die Kommunikation zwischen Straße und Auto steht auf der Agenda der Entwickler. Wenn wir den Verkehr der Zukunft bewältigen wollen, werden wir alle Möglichkeiten von Internet und Mobilfunk nutzen müssen, auch solche wie Travolution.

Der Effekt des besseren Umgangs mit dem Straßenraum in unseren Städten kann sich aber erst einstellen, wenn viele Ampeln und viele Fahrzeuge mit einander kommunizieren, bis dahin werden wir uns noch über diejenigen Fahrer ärgern, die ohne Not mit 25 km/h auf eine rote Ampel zurollen; denn die wissen nicht, was sie tun. Sie hoffen nur auf Grün. (ampnet/Sm)