Um Superlative ist Elon Musk nie verlegen. Er selbst sieht sich in einer Reihe mit den größten Unternehmern der USA wie Thomas Edison, Henry Ford und Howard Hughes, und sein Biograph Ashlee Vance bezeichnete ihn einmal als „Leonardo da Vinci des 21. Jahrhunderts“. Was Musk in der Vergangenheit auf die Beine stellte, kann sich in der Tat sehen lassen: Als zwölfjähriger Schüler entwickelte und verkaufte er erfolgreich Videospiele, später revolutionierte er mit Paypal den Zahlungsverkehr im Internet, gründete das Raumfahrtunternehmen SpaceX, danach den Automobilproduzenten Tesla, den Solarkonzern Solar City und den Start-up-Betrieb Hyperloop für den Transport von Menschen und Gütern über weite Strecken in einer Art Flaschenpost, um nur einige der Aktivitäten des rastlosen Selfmademan zu nennen.
Seine Ziele pflegen im Allgemeinen jenseits irdischer Grenzen zu liegen – er möchte nach seinem Tod auf dem Mars beerdigt werden – ; seine Versprechungen zeugen von einem außergewöhnlichen Selbstbewusstsein, das an Hybris grenzt. Ihn als Donald Trump im Silicon Valley zu bezeichnen, dürfte seinem Charakter ziemlich nahekommen. So wie der amerikanische Präsident wischt auch Musk Kritik an seinen Sprüchen und Plänen unbeeindruckt weg. Weitere Parallele: Musk und Trump wenden sich gern mit dem Kurznachrichtendienst Twitter an die Öffentlichkeit.
Doch nun scheint Musk sich womöglich mit Tesla verhoben zu haben. Es sind eben zwei verschiedene Welten, ob nun Autos wie die E-Modelle Tesla X oder Tesla S aus der 100 000-Euro-Katogorie in Kleinserie gefertigt werden oder ein Mittelklasse-Elektroauto wie der Tesla 3 in Massen vom Band laufen soll. Im März 2017 hatte er vollmundig angekündigt, dass im Juli 1000 Exemplare des 35 000 Euro-Fahrzeuges pro Woche produziert würden, im August 2000, im September 4000, im vierten Quartal 5000 und im Februar 2018 schon 10 000 Stück. Im Jahr 2018 sollten 500 000 und im Jahr 2020 eine Million Fahrzeuge produziert werden. Doch danach sieht es zurzeit ganz und gar nicht aus. Im gesamten dritten Quartal 2017 lieferte Tesla gerade mal 220 Autos aus, weitere 40 wurden produziert. Das hat mit Serienproduktion nichts mehr zu tun. Dabei hatten bis dahin rund 450 000 Kunden ein Modell 3 vorbestellt und jeweils 1000 Dollar (ca. 850 Euro) Anzahlung geleistet, etwa 63 000 dagegen die Nerven verloren, ihre Bestellung storniert und ihre Einzahlung zurück erhalten.
Beobachter vor Ort vermuten, dass Tesla Schwierigkeiten mit den erforderlichen Schweißarbeiten für den Mittelklassewagen hat. Da die Modelle S und X größtenteils aus Aluminium bestehen, hat das Unternehmen eventuell auf dem Gebiet des Stahlschweißens Probleme, wie die Zeitschrift „Automotive News“ vermutete.
Doch das ist noch längst nicht das Ende der Tesla-Pleiten, -Pech und -Pannen. Die Präsentation des angekündigten elektrischen Sattelschleppers Tesla Semi lässt auf sich warten, Rückrufe wegen Qualitäts-, Verarbeitungs- und Sicherheitsproblemen sind keine Seltenheit. Zu allem Überfluss setzte Tesla jüngst Hunderte von Mitarbeitern aus Produktion, Verwaltung und Management vor die Tür. Und jetzt musste sich Elon Musk von Scott Miller, dem Chef für autonomes Fahren bei General Motors, sagen lassen, seine Pläne, das Modell 3 zum selbstständig fahrenden Taxi für jedermann entwickeln zu wollen, seien „absoluter Mist und völliger Blödsinn“.
Noch bleibt der rekordverwöhnte Tesla-Börsenkurs trotz der Vielzahl schlechter Nachrichten einigermaßen stabil und lag zu Beginn der dritten Oktoberwoche nach einem Verlust von 1,4 Prozent bei knapp 300 Euro. Fragt sich nur: Wie lange noch? (ampnet/hrr)
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