Logo Auto-Medienportal.Net

Kommentar: Scharfsinn und Unsinn

Ziemlich starker Tobak, den Bundesumweltministerin Barbara Hendricks im Zusammenhang mit ihrer Forderung nach einem Zulassungsverbot von Verbrennungsmotoren ins Feld führt. Die wissenschaftlich fundierte Untersuchung des renommierten Münchener Ifo-Instituts zu den Folgen eines solchen Vorhabens kanzelte sie jetzt kurzerhand als „klassische Drohkulisse gegenüber der Politik“ ab.

Prof. Dr. Oliver Falck und seine Kollegen vom Ifo-Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien sowie vom Ifo-Zentrum für Energie, Klima und erschöpfbare Ressourcen hatten es gewagt, den möglichen Verlust an deutschen Industrie-Arbeitsplätzen auf 600 000 zu beziffern, verlorene Jobs bei Werkstätten oder Tankstellen gar nicht erst eingerechnet. Außerdem wären nach heutigem Stand rund 13 Prozent (48 Milliarden Euro) der Bruttowertschöpfung der deutschen Industrie in Gefahr. Doch Frau Hendricks schwadronierte unverdrossen: „Das ist natürlich Unfug, denn auch ein Elektroauto braucht Türen und Sitze und Fenster und vieles andere.“

Gut, dass eine derart scharfsinnige Fachfrau, die zwölf Semester Studium der Sozialwissenschaften und Geschichte absolvierte, bis sie die Prüfung zum Lehramt bestand, an der Spitze des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit steht. Das sowie ihre Doktorarbeit mit dem Titel „Die Entwicklung der Margarineindustrie am unteren Niederrhein“ verleiht ihr die notwendige Kompetenz, die deutschen Autoproduzenten als Repräsentanten des wichtigsten Industriezweigs der Republik und deren bisherige qualitative Marktführerschaft auf dem Weltmarkt nach Kräften zu demontieren.

Spätestens da hört der Spaß auf. Muss nicht jeder Minister unter anderem schwören, die „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden“ zu wollen? Als Verkehrsminister Alexander Dobrindt, über dessen Amtsführung man wahrlich geteilter Meinung sein kann, kürzlich in einem Bierzelt gegenüber CSU-Parteifreunden den Satz fallen ließ „Wir sind eine Automobilnation, und wir wollen auch eine Automobilnation bleiben", trat er damit eine Lawine los. Sein Nachsatz, die Autoindustrie müsse „sauber sein, sie darf nicht betrügen und es darf nicht manipuliert werden“ verpuffte wirkungslos. Grüne und Linke forderten auf der Stelle den Rücktritt des Bayern. Einzig der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann wies seine grünen Parteifreunde darauf hin, dass „die Automobilwirtschaft enorm wichtig für die ganze Wertschöpfung im Land“ ist. Wer das bestreitet, widmet sich weder dem Wohl des deutschen Volkes oder seinem Nutzen, noch wendet er Schaden von ihm ab.

Frau Hendricks, bevor Sie weiteren Unsinn im Zusammenhang der deutschen Automobilindustrie ablassen, besorgen Sie sich doch mal die von Ihnen in Zweifel gezogene Ifo-Studie. Sie ist im Internet unter http://www.cesifo-group.de/portal/page/portal/DocBase_Service/studien/Studie-2017-Falck-etal-Zulassungsverbot-Verbrennungsmotoren.pdf ganz leicht zu finden. Und gibt es nicht andere Baustellen, um die sich Ihr Ministerium eher kümmern müsste, statt den wichtigsten Pfeiler unser aller Wohlstand in Frage zu stellen? Ich denke da nur an das zerbröckelnde Kernkraftwerk Tihange in der Nähe von Aachen, das einige Millionen Menschen bedroht und an das mit Billigung der Regierung, deren Mitglied Sie sind, Deutschland immer noch Kernbrennstäbe liefert. Statt dessen fordern Sie eine zusätzliche Kontrollbehörde für die Autoindustrie, die dem Umweltministerium unterstehen müsse, um neues Vertrauen aufzubauen. Fällt Ihnen wirklich nichts Besseres ein? (ampnet/hrr)

Teile diesen Artikel:

Bilder zum Artikel
Hans-Robert Richarz.

Hans-Robert Richarz.

Foto: Auto-Medienportal.Net

Download: