Es wird nicht mehr lange dauern, bis Fahrzeuge ihren Weg alleine ausmachen. Rund um den Globus finden längst Tests mit automatisierten Autos statt; forschen und entwickeln nahezu alle Automobilkonzerne daran, ihren Produkten die Selbstständigkeit beizubringen; bereiten Gesetzgeber und Behörden dafür die erforderlichen juristischen Randbedingungen vor. Auch auf deutschen Straßen wird diese Art der Fortbewegung in Kürze möglich sein. Mitte Mai winkten Bundestag und Bundesrat einen Gesetzentwurf für eine entsprechenden Änderung des Straßenverkehrsgesetzes durch und schalteten die Ampel dafür sozusagen auf Gelb.
Vorerst bleibt nämlich die Einschränkung bestehen, dass nicht nur Lenkrad und Pedalerie in einem auf die Fahrt in die Zukunft vorbereiteten Wagen vorhanden sein müssen, damit Fahrerin oder Fahrer notfalls eingreifen können. Auf dem Menschen am Lenkrad lastet nach wie vor die Verantwortung – er muss jederzeit darauf vorbereitet sein, dass die künstliche Intelligenz seines Wagens plötzlich einen Blackout erleidet. Da jedoch überall Ingenieure mit Volldampf an hoch- oder vollautomatisierter Fortbewegung arbeiten, die eines Tages – wann lässt sich nur schwer voraussagen – vollständig autonomes Fahren erlaubt, haben die Abgeordneten von Bundestag und Bundesrat bereits jetzt schon angekündigt, das ihr „Gesetz zum autonomen Fahren“ in zwei Jahren wieder auf den Prüfstand kommt. Es könnte sein, dass es dann endgültig grünes Licht und in entsprechend ausgerüsteten Wagen keine Fahrer, sondern nur noch Passagiere gibt.
Was aber halten die Menschen von dieser Art Fortschritt? Das wollte jetzt der TÜV Rheinland genau wissen und gab eine entsprechende repräsentative Umfrage unter 1400 Autofahrerinnen und Autofahrern in Auftrag. Die Ergebnisse fallen für Matthias Schubert, Executive Vice President Mobilität TÜV Rheinland in Köln, überraschend aus, „weil doch in letzter Zeit das automatische Fahren – nicht zuletzt durch den tragischen Unfall mit einem solchen Fahrzeug in den USA – ins Gerede gekommen ist". Dennoch standen 76,3 Prozent aller Umfrage-Teilnehmer der neuen Technik positiv gegenüber. Drei von vier Erwachsenen können sich demnach vorstellen, sich von einem Autopiloten chauffieren zu lassen. Genauer: in der Stadt. Auf dem Land oder auf der Autobahn waren 35,7 Prozent von ihnen überzeugt, sich „bestimmt“ einem solchermaßen ausgerüsteten Auto anvertrauen würden, 40,6 Prozent „sehr wahrscheinlich“. Nur 10,4 Prozent lehnen es kategorisch ab, in der Stadt die Hände vom Lenkrad und die Füße von Gas- und Bremspedal zu nehmen. Auf der Landstraße sind es 10,7 Prozent Verweigerer und auf der Autobahn 14,2 Prozent.
Auffallend bleibt dabei, dass insbesondere die jüngeren Befragten der neuen Technik ausgesprochen positiv gegenüber stehen, während die älteren mehr Skepsis walten lassen. Dabei wären es gerade die Senioren, die vom autonomen Fahren in seiner extremsten Form am meisten profitieren würden. Die Frage nach einer erneuten Führerscheinprüfung für betagte Menschen und die damit verbundene Mobilität bis ins hohe Alter würden sich bei einem Auto erübrigen, das keinen Fahrer mehr erforderlich macht.
Während bei jungen Leuten zwischen 18 und 29 Jahren die Akzeptanz mit über 86 Prozent extrem hoch ist, bleiben rund 38 Prozent der 50- bis über 60-jährigen zurückhaltend. Differenziert nach Geschlecht sind die Unterschiede dagegen weniger signifikant. Mit 80 Prozent liegen die Männer vor den Frauen mit 71,5 Prozent. Darüber hinaus zeigt sich, dass Vielfahrer, die mehr als 30 000 Kilometer im Jahr zurücklegen, der autonomen Fortbewegung mit 80 Prozent aufgeschlossener gegenüberstehen als Autobesitzer mit geringerer Fahrleistung als 10 000 Kilometer (66 Prozent).
Allerdings sehen viele Menschen auch mögliche Probleme, die das autonome Fahren mit sich bringen könnte. Mehr als zwei Drittel wittern Schwierigkeiten bei der Klärung der Schuldfrage nach Unfällen und der Haftung. Dagegen ist die einst vermeintlich wichtige Frage nach der Entscheidung autonomer Fahrzeuge bei der Auswahl von Alternativen im Falle unvermeidbarer Unfälle („Soll ich auf die Seniorengruppe auf dem Fußgängerweg oder die spielenden Kinder zielen?“) nach hinten gerückt. Mehr Sorgen machen sich die Befragten darüber, dass Hacker und Cyber-Kriminelle den Computer im selbstständigen Fahrzeug auf die schiefe Bahn bringen könnten.
Naturgemäß wollte der TÜV Rheinland auch wissen, wie wichtig nach Meinung der Befragten die regelmäßige Überwachung der Technik, des Datenschutzes und der Datensicherheit sein sollte. Diese Prüfungen wollten die meisten unabhängigen Institutionen wie zum Beispiel dem TÜV überlassen. 91,3 Prozent der Befragten hielten Fahrzeugtests zur Zuverlässigkeit der Automatisierung für „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“; 90,2 Prozent wollten Automatisierung und Software regelmäßig überprüfen lassen, 87,4 Prozent hielten die Einhaltung des Datenschutzes für wichtig.
„Das System TÜV“, so stellt Matthias Schubert fest, „ist beim automatisierten Fahren gefordert. Das gilt dreifach: erstens für die klassische Homologation – also Straßenzulassung neuer Fahrzeugtypen –, zweitens für die periodische Hauptuntersuchung und drittens für ein wichtiges, neues Thema: den Datenschutz, also die Verwaltung und den Umgang mit den erhobenen Daten. Denn wer autonom fährt, dessen Bewegungen werden selbstverständlich erfasst.“
Als Fazit bleibt festzuhalten: Die Akzeptanz für autonomes Fahren ist hoch. Dennoch sehen die Endverbraucher auch Probleme dieser Art der Fortbewegung. Regelmäßige Überwachung des Datenschutzes und die Sicherstellung der Zuverlässigkeit autonomer Fahrzeuge dürfte diese Akzeptanz noch weiter steigern. (ampnet/mr)
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