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Hintergrund zum Mautstreit: Zwist nach alter Väter Sitte

Die Zeichen stehen auf Sturm. Alles deutet daraufhin, dass 2017 zum dritten Mal in der europäischen Geschichte zwischen Österreich und Deutschland ein Krieg ausbricht. Zum Glück allerdings diesmal nicht mit scharfen Waffen auf dem Schlachtfeld, sondern mit geschliffener Zunge und spitzer Feder am Verhandlungstisch. Die Fronten zumindest sind ähnlich verhärtet wie eh und je.

Ging es von 1740 bis 1763 in drei Kriegen zwischen dem Königreich Preußen unter Friedrich dem Großen und der Habsburgermonarchie Kaiserin Maria Theresias um Schlesien, folgte 1866 zwischen dem Deutschen Bund unter dem Vorsitz der Donaumonarchie und dem Bundesstaat Preußen das Gerangel um die Macht im Deutschen Reich. 2017 schließlich dreht sich der Zwist um die Pkw-Maut auf deutschen Straßen für Ausländer. Gegenüber stehen sich der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt auf der einen und das Bündnis seiner Amtskollegen aus den deutschen Nachbarstaaten unter der Führerschaft Österreichs auf der anderen Seite.

Proteste gegen die Zahlungspflicht für Fahrzeuge aus Dänemark, Polen, Tschechien, Österreich, Liechtenstein, der Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Belgien und den Niederlanden gibt es, seit in Bayern der Begriff Ausländermaut erfunden wurde. Das Fass zum Überlaufen brachte gegen Ende vergangenen Jahres nicht nur die verdächtig nach Gemauschel aussehende EU-Genehmigung durch die Verkehrskommissarin Violeta Bulc, sondern mehr noch die Kommentare des Ministers zur anschließenden Kritik aus Wien mit dem politischen Feingefühl einer Dampframme. Er habe wenig Verständnis für die – so wörtlich – „Ösi-Maut-Maulerei" polterte er in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur. Zuvor hatte er die Bitte seines österreichischen Amtskollegen Jörg Leichtfried um ein klärendes Gespräch auf die lange Bank geschoben.

Inzwischen hat sich auch aus Wien der österreichische Bundeskanzler Christian Kern eingeschaltet: „Das ist ein Belastungstest für die guten deutsch-österreichischen Beziehungen." Eine Maut für Ausländer schwäche außerdem die Solidarität in Europa. Noch im Januar soll sein Verkehrsminister Beamte aller Anrainerstaaten Deutschlands an den Konferenztisch bitten, die von Dobrindts Plänen betroffen sind und eine gemeinsame Strategie dagegen besprechen. Deutsche sind keine geladen. Ziel ist offensichtlich eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.

Doch das ist noch längst nicht alles. Im Europaparlament haben 40 Abgeordnete aus zehn Mitgliedstaaten einen Antrag eingebracht, die zuständige EU-Kommissarin zu einer Aussprache zu laden. „Wir wollen, dass EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc öffentlich Rede und Antwort steht. Dobrindts Hinterzimmerdeal ist inakzeptabel und wird vor dem Europäischen Gerichtshof keinen Bestand haben", glauben die Abgeordneten.

Die Reaktion auf bajuwarisch ließ nicht lange auf sich warten. Markus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments und Parteifreund Dobrindts, kündigte daraufhin in der Fraktionssitzung der Europäischen Volkspartei (EVP) Vergeltung an. Er werde im Gegenzug auch die österreichische Maut, gegen die einst die bayrische Regierung heftig protestiert hat, ins Visier nehmen. „Dann mache ich eure Maut in Österreich kaputt", soll er sich laut der Wiener Tageszeitung „Die Presse" vor Fraktionskollegen in Harnisch geredet haben.

So viel ist sicher: Der Krieg der Worte zwischen Berlin und Wien ist längst im Gange. (ampnet/hrr)

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Hans-Robert Richarz.

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