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ZF-Zukunftsstudie 2016 sieht Logistik in der Führungsrolle

Kompliment, Hoffnung oder der Aufruf zum Handeln? Beim unvermeidlichen technologischen Wandel werde „die Logistik eine Führungsrolle einnehmen“. Darin waren sich Prof. Dr.-Ing. Uwe Clausen (Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik) und Fredrik Staedter (Divison Nutzfahrzeugtechnik bei ZF) bei der Präsentation der „ZF-Zukunftsstudie 2016“ mit dem Titel „Die letzte Meile“ in Berlin einig. Diese dritte – wie der Automobilzulieferer aus Friedrichshafen es ausdrückt – „von ZF inspirierte“ und vom ETM-Verlag aus Stuttgart begleitete Zukunftsstudie des Fraunhofer Instituts zeigt, wie schnell und heftig die Logistiker gerade bei der „letzten Meile“ auf dem Weg zum Abnehmer gefordert sein werden.

Digitalisierung und Umwelt sieht das Team vom Fraunhofer Institut in der Studie „Die letzte Meile“ auch bei der Logistik als starke Treiber. Ungewöhnlich bei dieser Studie ist aber die Betrachtung vom „letzten Meter“ – vom Abnehmer – aus. Dabei spielt die Demographie in einer alternden Wohlstandsgesellschaft eine besondere Rolle: Die Menschen werden nicht nur älter, sondern auch anspruchsvoller. Gleichzeitig sinkt mit dem Anteil der Jüngeren das Arbeitskräfteangebot bei steigendem Anspruch an die Qualifikation. Auch die Unterschiede zwischen Stadt und Land spielen eine Rolle. Auf dem Land ist der einzelne Lieferweg länger, dafür sind Emissionen weniger von Bedeutung, ganz anders als in der Stadt, wo mit der hohen Zahl der Abnehmer der einzelne Lieferweg kürzer, die Ansprüche aber größer werden.

Die Lieferung am selben Tag (Same Day Delivery) wird im Online-Handel immer wichtiger, besonders bei abgepackten, zubereiteten Malzeiten (Conveniance-Produkten) oder frischen Lebensmitteln. Das Absetzen des Abendessens in einer der üblichen Paketboxen reicht dabei nicht. Damit es klappt, müssen beide Seite die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen: Der Abnehmer muss wissen, wann die Lieferung erfolgt; der Lieferant muss wissen, wann er liefern kann. Dabei muss der Lieferant bedenken, dass der Abnehmer die Qualität seiner Dienstleistung mit dem Produkt verbindet. Passt der Service nicht, fällt das auf die gelieferte Ware zurück.

Die schnelle Lieferung am selben Tag wird zu einer Auflösung der bisherigen zentralen Konzepte für die Logistik führen. Dienstleistern wird empfohlen, für Same-Day-Deliveries in den Metropolen kleine Depots anzulegen, von denen aus die Lieferung auf kurzen Wegen erfolgen kann. Mit einer kurzen letzten Meile können Logistiker sich auch dem lokalen Einzelhandel als Lieferservice anbieten. Zum Erfolg muss auf allen Seiten (Versender, Logistiker, Empfänger und Infrastrukturbetreiber) ein hohes Maß an Digitalisierung und damit gleichzeitig eine zuverlässige IT-Sicherheit zum Schutz der persönlichen und geschäftlichen Daten vorhanden sein. Ein solches System braucht Vertrauen bei allen Beteiligten, Sicherheit vor unbefugtem Zugriff und den Schutz der Daten.

Mit dem 3-D-Druck werden die Logistiker eine Teil ihres heutigen Geschäftsvolumens verlieren. Heute schon ist die kostengünstige Produktion von Ersatzteilen, Prototypen und Sonderanfertigungen vor Ort möglich. Das wird zu kleineren Lagern vor Ort und zu weniger Transportvolumen in diesem Bereich führen. Die Studie empfiehlt Logistikern, „nicht Opfer, sondern Gestalter der Entwicklung“ zu sein und den 3-D-Druck in ihr Angebot aufzunehmen.

Zu einem weiteren Zukunftsthema der Logistik – den Flugdrohnen – hat das Institut eine klare Meinung: Geeignet für bestimmte Nischen. Prof. Clausen wählte als Beispiele den einsamen Berghof und die Inselapotheke. Logistikunternehmen sollten daher den Einsatz von Drohnen auf den innerbetrieblichen Transport, etwa auf Betriebsgeländen und in Lagerhäusern, konzentrieren.

Eine größere Zukunft stellt die Studie den Zustellrobotern in Aussicht: „Urbane Logistiksysteme, etwa für Same Day Delivery, könnten durch Zustellroboter ergänzt werden“, meinen die Experten und empfehlen eine Art „Paketkasten plus“. Unternehmen, die Roboterzustellung schnell zum Erfolg führen wollen, sollen demnach ein Netz kleiner und empfängernaher Stationen zur automatischen und sicheren Warenübergabe errichten. Bei diesen Zulieferrobotern handelt es sich um kleine, vorwiegend auf speziellen Wegen autonom fahrende Fahrzeuge mit Elektroantrieb.

Der Elektroantrieb großer Nutzfahrzeuge kommt dem Wunsch der Städte entgegen, den Verkehr emissionsfrei und leise zu betreiben, was übrigens auch von den Empfängern als angenehm geschätzt wird. Fest steht, dass Brüssel ab 2030 eine emissionsfreie Stadtlogistik vorschreibt. Es führt für Logistiker also kein Weg daran vorbei, heute schon über die Fahrzeugflotte für die letzte Meile der Zukunft nachzudenken. Dabei müssen sie nicht zwangsläufig auf bestehende Fahrzeugmodelle zurückgreifen, wie auch das Beispiel der Post mit ihrem eigenen Zustellfahrzeug zeigt. Auf jeden Fall wird auch in der City-Logistik das autonome Fahren Einzug halten.

Der kleine, autonom fahrenden Roboter ebenso wie der ebenfalls autonom fahrende Lkw brauchen Akzeptanz bei den Abnehmern. Wie jede Technologie, die im öffentlichen Raum zum Einsatz kommt, dürfen sie kein übermäßiges Gefahrenpotenzial darstellen. Außerdem bedarf es einer breiten gesellschaftlichen Übereinkunft zugunsten eines Einsatzes von digitaler Technik in neuen Einsatzfeldern.

Als Ergebnis der Analysen, Fakten-Recherche und eigenen Einschätzungen kommt die Studie unter anderem zu diesen Handlungsempfehlungen:

Demographische Herausforderungen und Fachkräftemangel mit lokaler Wirtschaft und Logistikunternehmen gemeinsam lösen.

Maßnahmen für Luftreinhaltung und Lärmschutz mit Augenmaß und europaweit einheitlich gestalten.

Akzeptanz der Bevölkerung durch Sicherheit neuer Technologien auf der letzten Meile.

Offene Standards für den Erfolg der Digitalisierung.

Qualifizierte digitale Arbeitsplätze.

3-D-Druck als Chance für neue Logistikstrukturen und zur Linderung des Fachkräftemangels.

Elektromobilität realistisch einschätzen und Pluralität der Antriebsarten akzeptieren.

Einsatzgebiete, Verkehrsregeln und Manöverflächen für autonome Fahrzeuge klar ausweisen.

Die gesamte Studie online gibt es unter www.zf-zuklunftsstudie.de. (ampnet/Sm)

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ZF-Zukunftsstudie „Die letzte Meile“: Roboter könnten nicht nur dem Weihnachtsmann die letzte Meile bis zum Gabentisch abnehmen.

ZF-Zukunftsstudie „Die letzte Meile“: Roboter könnten nicht nur dem Weihnachtsmann die letzte Meile bis zum Gabentisch abnehmen.

Foto: ZF

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Vorstellung der ZF-Zukunftsstudie "Die letzte Meile": Prof. Dr.-Ing. Uwe Clausen, Thomas Wenzel und Fredrik Staedtler (von rechts).

Vorstellung der ZF-Zukunftsstudie "Die letzte Meile": Prof. Dr.-Ing. Uwe Clausen, Thomas Wenzel und Fredrik Staedtler (von rechts).

Foto: Auto-Medienportal

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ZF-Zukunftsstudie „Die letzte Meile“.

ZF-Zukunftsstudie „Die letzte Meile“.

Foto: ZF

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