Am 29. September 1966 - Donnerstag vor 50 Jahren - schlug Chevrolet ein neues Kapitel in der Geschichte des Automobils auf. An jenem Herbsttag vor 50 Jahren brachte die General-Motors-Tochter den ersten Camaro in den Handel. Mit dem Sportcoupé, einem sogenannten „Pony Car“ reagierte der damals größte Autobauer der Welt auf den sensationellen Erfolg, den Ford mit dem 1964 vorgestellten Mustang eingeleitet hatte.
Das Rezept für ein Pony Car war einfach: eine sportliche Coupé-Karosserie auf preiswerter Großserientechnik, angetrieben von einem V8. Beim Preis legte Ford bei Einführung des Mustangs 2368 Dollar vor. Seit April diesen Jahres ist die sechste Generation des Camaro auf dem Markt. Als echtes „Muscle Car“ macht der Camaro mit maximal 477 kW / 649 PS seiner Gattung mehr als alle Ehre.
Bei seinem Erscheinen löste der Ford Mustang 1964 förmlich ein Erdbeben aus. Binnen weniger Wochen hatten die kaufwilligen Amerikaner die Händler mit mehr als 150 000 Bestellungen überschwemmt. 680 000 Mustang gingen im ersten Jahr an die Kunden. Da wollten und konnten die Verantwortlichen bei General Motors die Füße nicht stillhalten. Ihre Antwort auf den Mustang trug den Name Camaro. Der Begriff war von dem französischen Wort „camarade“ abgeleitet, was so viel wie „Freund“ oder „Kamerad“ bedeutet.
Im April 1965 berichtete die amerikanische Fachpresse, dass Chevrolet unter dem Codename „Panther“ ein eigenes Pony Car entwickelte. Am 21. Juni 1965 erhielten die 200 führenden Motorjournalisten des Landes ein Telegramm, das zu einer geheimnisvollen Pressekonferenz eine Woche später einlud. Am 28. Juni präsentierte der GM-Vorstand im Detroiter Hilton-Hotel und via Telefonkonferenz in 14 andere US-Metropolen das Projekt Panther. Das Auto selbst feierte am 12. September 1966 in Detroit seine Premiere. Bei der Markteinführung am 29. September fungierte der Camaro als 67er-Modell. Traditionell beginnt bei den amerikanischen Autobauern das neue Modelljahr nach den Werksferien im Sommer.
Als Plattform für den ersten Camaro diente der Chevrolet Nova. Ein braves Mittelklasseauto, mit den damals klassischen technischen Zutaten einer blattgefederten, angetriebenen Hinterachse. Der Camaro war als Coupé und Cabrio konzipiert. Als Einstiegsmotorisierung bot Chevrolet zwei 3,8- beziehungsweise Vierliter-Reihensechszylinder mit 104 kW / 140 PS und 116 kW / 155 PS an. Die V8 mit Hubräumen zwischen 4,9 und 6,5 Liter mobilisierten 157 kW / 210 PS bis 280 kW / 375 PS. 1969 folgte die Topmotorisierung mit einem Sieben-Liter-V8 und satten 317 kW / 425 PS.
Damit stieg der Camaro zu den Musclecars auf. Um ein möglichst breites Kundenspektrum anzusprechen, setzte das Marketing des Herstellers eine Liste mit 80 optionalen Ausstattungsdetails, Pakete und Motorisierungen zusammen. Vom Modelljahr 67 setzte Chevrolet insgesamt 220 906 Einheiten ab. 1969 waren es 243 085 Exemplare.
Bereits zum Modelljahr 1970 erfolgte die Ablösung durch die zweite Generation. Mit regelmäßiger Modellpflege blieb sie bis 1981 in Produktion. Die flache lange Front prägte den optischen Auftritt des Zweipluszwei-Sitzers, ebenso die rahmenlosen Seitenscheiben und das flach abfallende Heck. Die Markenschwester Pontiac präsentierte auf der identischen Basis ihr Pony Car Firebird. Die Motoren stammten im Wesentlichen vom Vorgänger. 1972 lähmte ein 174tägiger Streik die Produktion des Camaros. Wegen falsch ausgeführter Sicherheitsvorschriften für Stoßfänger wanderten 1100 Exemplare in den Schrott. Teile des GM-Managements waren angesichts dieser Probleme versucht, gleich den Stecker des Camaro-/Firebird-Projekts zu ziehen. Immerhin brachte Chevrolet in jenem Jahr noch 68 656 Einheiten an den Kunden.
Schärfere Abgasvorschriften und die erste Ölkrise setzten 1973 allen Pony Cars zu. Chevrolet dampfte die Motorenpalette drastisch ein. Der 5,7-Liter-V8 mit 182 kW / 248 PS war nun die stärkste Variante. 1975 fixierten 106 kW / 145 PS aus 5,7 Liter Hubraum den Tiefpunkt der Leistungsreduzierung. Für das Modelljahr 1979 standen wieder 129 kW / 175 PS zur Verfügung. Das günstige Verhältnis des Dollars zugunsten der D-Mark verschlankten 1979 einen 5,7-Liter Camaro Berlinetta auf dem deutschen Markt auf knapp 27 000 D-Mark. Bald zählte das auffällige amerikanische Coupé durchaus zu den regelmäßigen Erscheinungen auf deutschen Straßen. Bis heute ist der 79er-Jahrgang des Camaro mit 282 571 Einheiten der populärste aller Zeiten.
Genau zehn Jahre, von 1982 bis 1992 konnte sich die dritte Generation auf dem Markt halten. Kürzer, klarer gezeichnet, war die Baureihe 227 Kilo leichter als ihr Vorgänger. Basismotor war ein 2,5-Liter-Vierzylinder mit mäßigen 82 kW / 112 PS. Trotz stetiger Modellpflegen ließ die Begeisterung des Publikums für Pony Cars im Allgemeinen und den Camaro im Besonderen nach. 35 048 Einheiten markierten 1990 einen Tiefpunkt in der Karriere des Zweitürers.
Schon bei ihrer Einführung war Generation Nummer vier 1993 umstritten. Das Design polarisierte und die Technik hatte gegenüber dem Vorgänger nicht wirklich Fortschritte gemacht. Zwei Motoren waren im Angebot: ein 3,4-Liter-V6 mit 118 kW / 160 PS, der wegen der Versicherungsgrenze bei 110 kW / 150 PS in Deutschland mit 109 kW / 148 verkauft wurde. Der 5,7-Liter-V8 stammte aus der Corvette, war jedoch auf 202 kW / 275 PS gedrosselt. 2001 verkaufte Chevrolet nur noch 29 009 Camaros, am 27. August 2002 endete die Produktion.
Nachdem GM 2005 auf der Detroit Motorshow eine Camaro-Studie präsentiert hatte, die stilistisch erfolgreich das Urmodell von 1966 zitierte, war das Echo so begeisternd, dass der Entschluss fiel, dem Camaro 2009 ein Comeback zu ermöglichen. Der Grundpreis betrug 23 555 Dollar. Dafür erhielt der Kunde einen 3,6-Liter-V6 mit 224 kW / 305 PS. 72 305 Dollar waren für das Top-Modell mit aufgeladenem 6,2-Liter-V8 und 432 kW / 587 PS fällig. Die 2010 geschlossene Zusammenarbeit mit dem US-Spielzeughersteller Hasbro bescherte dem Camaro eine Hauptrolle in der Blockbuster-Filmserie „Transformers“, die es bislang zu vier Teilen gebracht hatte. Der Imageschub beschleunigte die Popularität des Camaros nachhaltig.
Zum 50.Gebrutstag vertreibt Chevrolet die nunmehr sechste Modellreihe, die Anfang 2016 ihre Premiere feierte. Wie der Vorgänger ist der Camaro wieder als Coupé und als Cabrio verfügbar. Die nur in den USA angebotene Basismotorisierung mit einem Zweiliter-Vierzylinderturbo leistet 202 kW / 275 PS. Der 3,9-Liter-V6 tritt mit 246 kW / 335 PS an. Der populäre 6,2 Liter-V8 leistet 333 kW / 455 PS und mit Kompressoraufladung 477 kW / 649 PS. Seit dem Comeback hat sich die Produktion des Camaro auf 80 000 bis 90 000 Einheiten pro Jahr eingependelt. 212 davon gingen zwischen Januar und August nach Deutschland. Mit 39 990 Euro bietet kein sportliches Auto derzeit ein besseres Preis-/Leistungsverhältnis auf dem deutschen Markt. (ampnet/tl)
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