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Historie und Histörchen (16): Schon mal etwas von Opelit gehört?

Fast hätte es neben Opel einen zweiten Automobilhersteller dieses Namens gegeben – leicht abgeändert in Opelit. Georg von Opel wollte unter diesen Namen die Mopetta verkaufen. Hans-Peter Thyssen von Bornemisza hat den Kleinstwagen noch selbst gesehen. Von Thyssen ist ein Journalist und Fachbuchautor, den ältere Kollegen noch unter dem Namen Hanns-Peter Rosellen kennen. Der 1941 geborene Dresdner war Redakteur bei folgenden Blättern: "Deutsche Auto-Zeitung“, der heutigen „Auto-Zeitung“, "Die Welt“, „Welt am Sonntag“ und „Bunte“, zuletzt als geschäftsführender Redakteur. Viele Konstrukteure deutscher Nachkriegs-Mobile wurden von ihm persönlich befragt. Diese Recherchen führten nicht nur zu Fachbüchern, sondern auch zu Anekdoten aus den Jahren, als das Auto in Deutschland wieder laufen lernte.

Brütsch Mopetta

Georg von Opel war hellauf begeistert. Mit einem winzigen Einsitzer fuhr er in seinem eigenen Parkhaus hinauf und hinab. Ja, so ein Fortbewegungsmittel brauchten die auto-hungrigen Deutschen. Und er wollte dies bauen und Deutschland damit überschwemmen. Und das zu einem extrem niedrigen Preis. Was war das für ein Wunderauto? Im Oktober 1956 zeigte Egon Brütsch die "Mopetta", benannt nach den schwach motorisierten Zweirädern, den Mopeds, die man in Deutschland ohne Führerschein und ohne Versicherungspflicht fahren durfte.

Die Mopetta war ein türloser Roadster mit einem Sitz (geplanter Preis: 750 D-Mark). Die Kunststoffkarosserie in Schalenbauweise saß auf einem Stahlrohrrahmen, bei dem vorn ein Einzelrad, hinten zwei Räder angebracht waren. Nach dem Einstieg verstaute man die Beine rechts und links vom Vorderrad – umständlich und für Damen mit engen Röcken nicht zu schaffen.

Der 49-ccm-Einzylinder-Zweitakt-Motor der Marke Ilo mit 2,3 DIN-PS und Seilzugstarter saß vor dem linken Hinterrad. Über ein Dreiganggetriebe mit Ratschenschaltung kam die Kraft mittels einer Kette an das Hinterrad. Der Einsitzer maß 1,70 Meter in der Länge, 91 Zentimeter in der Breite und 1,08 Meter in der Höhe. Er brachte nur 78 Kilogramm auf die Waage und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h. Gefahren wurde die Mopetta wie ein Moped. Sie besaß zwar ein Bremspedal, aber Schaltung, Kupplung und Vorderradbremse wurden über einen verkürzten Mopedlenker bedient. Ursprünglich dachte Egon Brütsch daran, die seine Mopetta sogar schwimmfähig zu machen. Doch ließ sich dies später nicht mehr verwirklichen, weil der Motor ungeschützt außen Shing und als Ungleichgewicht wirkte.

Georg von Opel, Mitglied des Adam Opel-Clans, hatte seit Jahren die Vertretung der Opel-Modelle im Main-Zentrum Frankfurt. Seine Geschäfte liefen so gut, dass er Mitte der fünfziger Jahre überlegte, doch selbst in den Autobau einzusteigen. Da kam es dem Frankfurter Millionär gerade recht, als der Prototypen-Bauer Egon Brütsch bei ihm im Frühjahr 1957 anfragte, ob er Interesse daran hätte, das Brütsch Mopetta in Serie zu bauen.

Der Opel-Großhändler, der sich auch als Volksbenzin-Verkäufer einen Namen gemacht hatte, war sehr interessiert. Da er den Namen Opel aus rechtlichen Gründen nicht verwenden durfte, dachte er sich den Namen Opelit aus. Und damit sollte auch die dahinsiechende Motorradfabrik Horex in Bad Homburg zu neuer Blüte kommen. 100 000 Exemplare innerhalb von vier Jahren sollten dort ab 1957 produziert werden. Alles war schon recht weit gedeihen und abgesehen davon, dass Opel mit seinem Opelit sogar schon bei verschiedenen Ausstellungen auftauchte, überarbeiteten Horex-Techniker noch mal gründlich den Opelit.

Mit ihrer reichen Motorrad-Erfahrung beschlossen sie, dem Fahrzeug eine neue Vorderradaufhängung zu geben.

Doch plötzlich stieg von Opel aus dem Projekt wieder aus. Ob es durch den Prozess zwischen Brütsch und der Spatz-Gruppe entstanden war, oder ob er plötzlich an den Marktchancen zweifelte? Immerhin wurden die Deutschen durch das Wirtschaftswunder immer wohlhabender und strebten nicht mehr nach Mini-Mobilen, sondern nach Mittelklassewagen. Vielleicht war es auch der Preis. Das Moped-Auto, das ursprünglich 750 Mark kosten sollte, rutschte im Preis immer höher und sollte schließlich 1045 Mark kosten. Offiziell hieß es, Georg von Opels Rechtsanwälte hätten festgestellt, dass der weitläufig Verwandte von Adam Opel rechtlich gar keine Autos bauen dürfte. Damit war das Opelit-Mopetta-Projekt am Ende, ehe es richtig begann. Es blieb bei den 14 von Brütsch gebauten Exemplaren. Brütsch starb 1974 im Alter von 77 Jahren.

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Brütsch Mopetta.

Brütsch Mopetta.

Foto: von Thyssen

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