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Kommentar: Skandal! Die EU wusste alles

Im neuen Jahr wird eben doch nicht alles sofort besser. Es finden sich immer wieder Menschen, die dem Sachwissen gern aus dem Wege gehen, sowie es einer Story im Wege steht. Der beste Zeitpunkt dafür sind ruhige Zeiten an der Nachrichtenfront, wenn Medien nach Stoff lechzen und die Fachleute sich um ihre Familie und nicht um ihre Kollegen und ihre Geschichten kümmern wollen. So geschieht es gerade wieder mit der Sensationsstory über die Europäische Kommission, die weiß, dass die Stickoxidwerte von Fahrzeugen in der Praxis oberhalb der Grenzwerte liegen. Und das schon seit Jahren. Skandal!

In der Tat ein Skandal. Der besteht allerdings darin, dass mal wieder etwas skandalisiert wird, indem die Unwissenheit des normalen Publikums mit dessen Bereitschaft gepaart wird, zu glauben was plausibel klingt. In Zeiten wie diesen, in denen Volkswagen das Vertrauen des Publikums schwer erschüttert hat, trifft solch ein Vorwurf. Doch leider lässt es sich nicht aufrecht erhalten, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen – für jeden einsehbar und für Autoren Pflicht.

Jeder im Autogeschäft kennt das Problem. Der Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) hat nichts mit der Praxis zu tun. Die Autos verbrauchen mehr als nach dem Zyklus auf dem Prüfstand ermittelt wird. Jeder weiß das; ich selbst habe das schon tausende Mal geschrieben. Keiner ist damit glücklich; seit Jahren ringen Automobilindustrie und Behörden um einen Test, der zu realistischen Angaben findet. Aber es ist Fakt: Die einzige rechtliche Basis für die Typzulassung und die Steuer-Einstufung ist der NEFZ, Daran ändert keine noch so wissenschaftliche Untersuchung etwas. Fakt ist auch: Alle Autos verbrauchen und emittieren mehr als auf dem Rollenprüfstand nach dem NEFZ.

Die “Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure (WLTP)” wäre eine Lösung, weil diese Testprozedur Werte verspricht, die dichter an der Wahrheit liegen. Aber perfekt werden die WLTP-Ergebnisse nicht sein. Dennoch werden sie Autos vergleichbar machen. Das allerdings erreicht auch der NEFZ, weil alle Hersteller und Prüfinstitutionen nach denselben Regeln messen und alle die Möglichkeiten zur Optimierung nutzen, die von der Vorschrift gelassen werden. So garantieren die Ergebnisse beider Tests zutreffende Vergleiche von Modellen und Marken, der WLTP auf einem höheren Niveau.

Dies dem Publikum zu erklären, ist Aufgabe aller Medien. Wer der EU oder den Herstellern etwas vorwerfen will, der sollte darauf hinweisen, wie lange das Thema schon diskutiert wird. Wir brauchen schnell Regeln, die dem Interesse des Bürgers, der Umwelt und der Automobilindustrie entsprechen. Wir brauchen Ruhe, um die Umbrüche für die Mobilität der Zukunft meistern zu können. (ampnet/Sm)

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Peter Schwerdtmann

Peter Schwerdtmann

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